STÄDTE

 

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

 



Die ersten 94 Muster behandeln die großmaßstäbliche Struktur der Umwelt: das Wachstum von Stadt und Land, die Anordnung von Straßen und Wegen, die Beziehung zwischen Arbeit und Familie, die Bildung geeigneter öffentlicher Institutionen für eine Nachbarschaft, die Art von öffentlichem Raum, die diese Institutionen brauchen.

Nach unserer Meinung können die Muster dieses Abschnitts am besten durch allmähliche Prozesse verwirklicht werden, indem jede Baumaßnahme oder jede Planungsentscheidung von der Gemeinschaft akzeptiert wird, je nachdem, ob sie zur Bildung eines großmaßstäblichen Musters beiträgt oder nicht. Wir glauben nicht, daß diese großen Muster, die eine Stadt oder eine Nachbarschaft so stark strukturieren, durch eine zentrale Behörde, durch Gesetze oder durch Bebauungspläne geschaffen werden können. Wir glauben vielmehr, daß sie schrittweise und organisch, fast von selbst, entstehen können, wenn jede Baumaßnahme, groß oder klein, es übernimmt, ihren kleinen Ausschnitt der Welt schrittweise so zu gestalten, daß sich diese größeren Muster darin zeigen.

Auf den nächsten paar Seiten beschreiben wird einen Planungsprozess, der unserer Meinung nach mit diesem schrittweisen Verfahren in Einklang steht.

1. Der Kern des vorgeschlagenen Planungsprozesses ist folgender: die Region besteht aus einer Hierarchie sozialer und politischer Gruppen, ausgehend von den kleinsten und lokalsten Gruppen - Familien, Nachbarschaften und Arbeitsgruppen - bis zu den größten Gruppen - Gemeinderäten, Regionalversammlungen. Man stelle sich z.B.  eine hauptstädtische Region vor, die, grob gesprochen, aus folgenden Gruppen zusammengesetzt ist, wobei jede Gruppe eine zusammenhängende politische Einheit darstellt:

  1. Die Region: 8,000.000 Einwohner.
  2. Die Hauptstadt: 500.000 Einwohner.
  3. Gemeinden und Kleinstädte: je 5-10.000 Einwohner.
  4. Nachbarschaften: je 500-1000 Einwohner.
  5. Häusergruppen und Arbeitsgemeinschaften: je 30-50 Menschen. ..
  6. Familien und Arbeitsgruppen: je 1-15 Menschen.

 

2. Jede Gruppe entscheidet selbst über die gemeinsame Umwelt. Im Idealfall ist jede Gruppe, auf ihrer "Ebene", wirklich der Eigentümer des gemeinschaftlichen Bodens. Und höherrangige Gruppen besitzen oder beherrschen kein Land, das kleineren Gruppen gehört - sie besitzen und beherrschen nur das gemeinschaftliche Land, das dazwischen liegt und das der übergeordneten Gruppe dient. Eine Gemeinschaft von 7000 könnte z.B. das öffentliche Land, das zwischen ihren Teilnachbarschaften liegt, besitzen, nicht aber die Nachbarschaften selbst. Eine genossenschaftlich gebildete Hausgruppe würde das gemeinschaftliche Land zwischen den Häusern besitzen, nicht aber die Häuser selbst.

 3. Jede dieser Gruppen übernimmt die Verantwortung für jene Muster, die für ihre eigene innere Struktur von Bedeutung sind. So stellen wir uns zum Beispiel vor, daß die verschiedenen, von uns genannten Gruppen beschließen könnten, die folgenden Muster einzuführen:

 

A. Region:

UNABHÄNGIGE REGIONEN
DIE VERTEILUNG DER STÄDTE
STADT-LAND-FINGER ...


B. Stadt:

MOSAIK AUS SUBKULTUREN
VERSTREUTE ARBEIT
DER ZAUBER DER STADT ...

C. Gemeinschaft:

GEMEINSCHAFT VON 7000
SUBKULTUR-GRENZE ...

 

4. Jede Nachbarschaft, Gemeinde oder Stadt kann dann verschiedene Wege finden, die Gruppen und Individuen, aus denen sie besteht, für die allmähliche Verwirklichung dieser Muster zu gewinnen. In jedem Fall wird das von irgendeiner Art Anreize abhängen. Die tatsächlichen Anreize können jedoch sehr verschieden sein, was Einfluß und Grad ihrer Durchsetzung betrifft. Bestimmte Muster, wie STADT-LAND-FINGER könnten Gegenstand der Regionalgesetzgebung sein - da anders geldhungrige Bauträger nicht davon abgehalten werden können, überall zu bauen. Andere Muster, wie HAUPTTORE. GEBÄRHÄUSER. STILLES WASSER können auf Freiwilligkeit beruhen. Und wieder andere Muster könnten verschiedene Arten von Anreizen bieten, die zwischen diesen Extremen liegen. NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN, ERREICHBARES GRÜN und andere könnten so geregelt sein, daß Bauprojekte, die zu ihrer Verwirklichung beitragen, Steuervorteile erhalten.

5. Soweit wie möglich sollte die Durchführung locker und freiwillig sein, und auf Gemeinschaftsverantwortung beruhen, nicht auf Vorschriften und Zwang. Nehmen wir z.B. an, daß es auf Stadtebene einen Beschluß gibt, die Industrienutzung in bestimmten Bereichen zu fördern. In dem Prozess, wie wir ihn verstehen, könnte die Stadt die.e Politik nicht über die Köpfe der Nachbarschaften hinweg durchsetzen, etwa durch Flächenwidmung, durch Enteignung oder sonstwie. Sie kann sie als wichtig hinstellen, sie kann Geldmittel zu jenen Nachbarschaften lenken, die bereit sind, dieses größere Muster verwirklichen zu helfen. Mit einem Wort, sie kann es verwirklichen, wenn sie lokale Nachbarschaften findet, die sich ihre eigene Zukunft unter diesen Bedingungen vorstellen können und bereit sind, ihre eigene Umwelt im Sinne des örtlichen Beitrags zu verändern. Wenn sie solche Nachbarschaften findet, wird das Muster allmählich entstehen, über Jahre, wie die lokalen Nachbarschaften auf die Anreize reagieren.

6. Wenn ein solcher Prozess einmal läuft, könnte eine Gemeinde, die z.B. das Muster GESUNDHEITSZENTRUM akzeptiert hat, eine Gruppe von Ärzten einladen, eine solche Einrichtung zu schaffen. Das Benutzerteam, das die Klinik entwirft, würde mit dem Muster GESUNDHEITSZENTRUM und mit all den einschlägigen Mustern arbeiten, die die Sprache der Gemeinde bilden. Sie würden in ihr Projekt auch alle übergeordneten Muster einbauen, die die Gemeinde akzeptiert hat - NEUN PROZENT PARKPLÄTZE, LOKALER SPORT, NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN, ERREICHBARES GRÜN und so fort.

7. Natürlich können einzelne Baurnaßnahmen bereits die Richtung auf diese größeren kommunalen Muster einschlagen, bevor sich die Nachbarschaft, die Gemeinde oder die Regionalversammlung überhaupt gebildet hat. So kann z. B. eine Gruppe von Leuten, die den lauten und gefährlichen Verkehr vor ihren Häusern loswerden wollen, beschließen, den Asphalt aufzureißen und stattdessen eine GRÜNE STRASSE zu bauen. Sie würden ihren Fall der Verkehrsabteilung vorlegen und sich auf die Argumente aus dem Muster und auf eine Analyse des bestehenden Straßenmusters stützen.
Eine andere Gruppe, die in einer Nachbarschaft, die derzeit für Wohnnutzung gewidmet ist, eine kleine gemeinschaftliche Werkstätte bauen will, kann ihr Vorhaben mit STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN, ERFÜLLTE ARBEIT usw. begründen, die Widmungsbestimmungen in diesem Punkt ändern und so in Einzelfällen langsam auf die Einführung von Mustern hinarbeiten - innerhalb des geltenden Rahmens von Bauordnung und Flächenwidmung. Wir haben einen solchen Prozeß ausschnitthaft im Eugene-Campus der Universität von Oregon ausgearbeitet. Das ist in Band 3, The Oregon Experiment, beschrieben. Aber eine Universität ist etwas ganz anderes als eine Stadt, weil sie einer einzigen zentralen Stelle untersteht und ihre Finanzmittel aus einer Quelle kommen. 

 

Prozess, wie ein größeres Ganzes durch individuelle Maßnahmen gebildet wird, ohne einschränkende Planung von oben, kann da unweigerlich nur teilweise praktiziert werden.
Die Theorie, nach der große Muster stückweise aus kleineren gebaut werden können, wird in den Kapiteln 24 und 25 von The Timeless Way of Building dargestellt.
In einem späteren Band hoffen wir, die politischen und wirtschaftlichen Prozesse erläutern zu können, die für die volle Verwirklichung dieses Prozesses in einer Stadt erforderlich sind.