14 IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT **

 

014.0

... das MOSAIK AUS SUBKULTUREN (8) und die GEMEINDE VON 7000 (12) sind aus Nachbarschaften zusammengesetzt. Diese werden hier definiert. Dieses Muster definiert die kleinen Gruppen, die jene Kraft und Eigenart aufbringen, durch die die größere GEMEINDE VON 7000 (12) und das MOSAIK AUS SUBKULTUREN (8) erst entstehen können,

 

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Menschen brauchen eine identifizierbare räumliche Einheit, zu der sie gehören.

 

014.1

Heutige Bebauungsmuster zerstören Nachbarschaften.

 

Sie wollen den Teil der Stadt, in dem sie leben, als verschieden von allen anderen sehen können. Es gibt Hinweise dafür, daß die Nachbarschaften, mit denen sich Leute identifizieren, erstens eine sehr geringe Einwohnerzahl haben; zweitens, daß sie flächenmäßig klein sind; und drittens, daß sie von einer durchführenden Hauptstraße zerstört werden.

1. Welche Einwohnerzahl ist für eine Nachbarschaft richtig? Die Bewohner einer Nachbarschaft sollten ihre eigenen Interessen wahren können, indem sie sich organisieren, um Druck auf das Rathaus 'oder die lokale Verwaltung auszuüben. Das bedeutet, daß Familien in einer Nachbarschaft imstande sein müssen, sic;h über wesentliche Fragen der öffentlichen Dienste, des Gemeindegrunds usw. zu einigen. Anthropologische Untersuchungen zeigen, daß eine Menschengruppe nicht zu koordinierten Entscheidungen gelangen kann, wenn die Mitgliederzahl höher als 1500 ist; vielfach wird eine Zahl von nur 500 angegeben. (Siehe z. B. Anthony Wallace, Housing and Social Structure, Philadelphia Housing Authority, 1952, available from University Microfilms, Inc.;  Ann Arbor, Michigan, S. 21- 24.) Erfahrungen bei der Organisation von Gemeindetreffen auf lokaler Ebene ergeben 500 als die realistischere Zahl

 

014.2

Eine berühmte Nachbarschaft: die Fuggerei in Augsburg.

 

2. Was die räumliche Ausdehnung betrifft, beschränken sich Personen in Philadelphia, die befragt wurden, welches Gebiet sie wirklich gut kannten, auf eine kleine Zone, die selten über zwei oder drei Blocks um ihr eigenes Haus hinausreichte. (Mary W. Herman, "Comparative Studies of Identification Areas in Philadelphia", City of Philadelphia Community Renewal Program, Technical Report Nr.9, April 1964.) Ein Viertel der Einwohner eines Gebiets in Milwaukee betrachtete eine Nachbarschaft als ein Gebiet bis zur Größe eines Blocks (100 m). Die Hälfte betrachtete sie als ein Gebiet bis zur Größe von sieben Blöcken. (Svend Riemer, "Villagers in Metropolis", British Journal of Sociology, 2, Nr. 1, März 1951, S. 31-43.)

3. Diese beiden ersten Merkmale reichen allein noch nicht aus. Eine Nachbarschaft kann nur dann starke Identität haben, wenn sie vor dichtem Verkehr geschützt ist. Donald Appleyard und Mark Lintell haben festgestellt, daß umso weniger Menschen ein Gebiet als ihr Wohnumfeld empfinden, je dichter der Verkehr darin ist. Nicht nur stark belastete Straßen werden von Bewohnern als unpersönlich empfunden, sondern ebenso die Häuser entlang solcher Straßen (Environmental Quality of City Streets", von Donald Appleyard und Mark Lintell, Center for Planning and Development Research, University of California, Berkeley 1971).

 

Nachbarschaft mit wenig Verkehr

2000 Fahrzeuge/Tag 

200 Fahrzeuge/Spitzenstunde

25-35 km/h Gegenverkehr

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Bewohner über "Nachbarschaftsleben und Besuche"
Ich fühle mich zuhause. Es sind angenehme Leute auf dieser Straße.
Ich fühle mich nicht allein.
Jeder kennt jeden.
Eindeutig eine freundliche Straße.

Bewohner über das "Wohnumfeld"
Das Straßenleben dringt nicht in die Wohnung... von der Straße kommt nur Erfreuliches.
Ich empfinde den ganzen Block als mein Zuhause.

 

Nachbarschaft mit mäßigem Verkehr

550 Fahrzeuge/Spitzenstunde 40 km/h

6000 Fahrzeuge/Tag

Gegenverkehr

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Bewohner über "Nachbarschaftsleben und Besuche"
Man sieht zwar die Nachbarn, aber sie sind keine engen Freunde.
Ich glaube nicht, daß es noch eine Gemeinschaft gibt, aber man grüßt einander.

Bewohner über das "Wohnumfeld"
Mittelmäßige Gegend - ich kümmere mich nicht darum.

 

Nachbarschaft mit starkem Verkehr

16.000 Fahrzeuge/Tag

1900 Fahrzeuge/Spitzenstunde

55-65 krn/h Richtungsverkehr

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Bewohner über "Nachbarschaftsleben und Besuche"
Keine freundliche Straße - keiner hilft einem.
Die Leute fürchten sich auf der Straße wegen des Verkehrs.

Bewohner über das "Wohnumfeld"
Unpersönlich und öffentlich.
Lärm von der Straße dringt in meine Wohnung.

  

Wie sollen wir eine Hauptstraße definieren? Die Appleyard-Lintell-Studie stellte fest, daß bei mehr als 200 Autos pro Stunde die Qualität der Nachbarschaft zu sinken beginnt. Auf Straßen mit 550 Autos pro Stunde besuchen die Leute die Nachbarn seltener und gehen nie auf die Straße, um miteinander zu sprechen. Forschungen von Colin Buchanan zeigen, daß Hauptstraßen ein Hindernis für freies Gehen werden, wenn "die meisten Leute (mehr als 50%) ... ihre Fortbewegung dem Verkehr anpassen müssen". Zugrundegelegt ist eine durchschnittliche Verzögerung aller querenden Fußgänger von 2 Sekunden.

... als grober Grenzwert zwischen annehmbaren und unzumutbaren Bedingungen", was ungefähr 150-250 Autos pro Stunde entspricht. (Colin D. Buchanan, Traffic in Towns, London: Her Majesty's Stationery Office, 1963, S.204; dt: Verkehr in Städten, 1964, Essen: Vu1can Verlag Dr. W. Classen) So wird also jede Straße, die zu irgend einer Tageszeit mehr als 200 Autos pro Stunde aufweist, zur "Hauptstraße" werden und die Identität der Nachbarschaft zu zerstören beginnen.

Schließlich eine Bemerkung zur Durchführung. Vor einiger Zeit begann die Stadt Berkeley eine. Verkehrsaufnahme mit dem Ziel, die Lage der künftigen Hauptverkehrsstraßen in der Stadt festzulegen. Die Bürger wurden aufgefordert, Gebiete, die sie vor dichtem Verkehr schützen wollten, bekannt zugeben. Diese einfache Aufforderung rief eine breite politische Basisaktivität hervor: Als dies geschrieben wurde, hatten sich 30 Nachbarschaftsinitiativen herausgebildet, die sichergehen wollten, daß der dichte Verkehr von ihren Gebieten ferngehalten würde. Kurz, das Thema Verkehr ist so entscheidend für den Begriff der Nachbarschaften, daß Nachbarschaften entstehen und konkrete Form annehmen, sobald die Leute gefragt werden, wo sie den Verkehr haben wollen. Vielleicht ist das eine generelle Methode, dieses Muster in bestehenden Städten zu verwirklichen.

 

Daraus folgt:


Hilf den Leuten beim Festlegen der Nachbarschaften, in denen sie leben - höchstens 300 m im Durchmesser mit höchstens 400 oder 500 Einwohnern. Fördere die Organisation lokaler Gruppen zur Entstehung solcher Nachbarschaften in bestehenden Städten. Gib den Nachbarschaften eine gewisse Autonomie, was Steuern und Bebauungsplan betrifft. Bleib mit den Hauptstraßen außerhalb dieser Nachbarschaften.

 

 Eine Muster Sprache   14 IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT 1

 

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Kennzeichne die Nachbarschaft vor allem mit Toren bei den Zugangswegen - HAUPTTORE (53) - und durch angemessene Grenzstreifen aus Nicht-.Wohngebieten dazwischen - NACHBARSCHAFTSGRENZE (15). Bleib mit den Hauptstraßen in diesen Grenzstreifen - PARALLELE STRASSEN (23); gib der Nachbarschaft ein sichtbares Zentrum, vielleicht eine Grünfläche - ERREICHBARE GRÜNFLÄCHE (60) - oder einen KLEINEN PLATZ (61); und leg die Häuser und Werkstätten in der Nachbarschaft in Gruppen von etwa einem Dutzend an - HAUSGRUPPE (37)GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN (41) ....

 

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