41 GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN **
... nach dem Muster STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN (9) ist das Arbeiten völlig dezentralisiert und entwickelt sich in die Wohngebiete hinein und aus ihnen heraus. Die STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN kann allmählich gesteigert werden, lindem man nach und nach in den Grenzstreifen zwischen .den Nachbarschaften einzelne Gemeinschaften von Arbeitsstätten errichtet; diese Arbeitsstättengemeinschaften tragen gleichzeitig zur Ausbildung dieser Grenzen bei - SUBKULTUR-GRENZE (13), NACHBARSCHAFTSGRENZE (15) - und vor allem innerhalb der Grenzstreifen zur Ausbildung von KNOTEN DER AKTIVITÄT (30).
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Wenn man täglich acht Stunden bei der Arbeit und acht Stunden zu Hause verbringt, gibt es keinen Grund, warum die Arbeitsstätte weniger von einer Gemeinschaft haben sollte als die Wohnung.
Wenn einem jemand sagt, wo er „lebt", meint er immer sein Haus oder die Nachbarschaft, in der dieses Haus ist. Das klingt ganz harmlos. Aber bedenke, was es wirklich bedeutet. Warum wählen die Menschen unserer Kultur das Wort „leben", das sich streng genommen auf jeden Augenblick unseres wachen Lebens bezieht, und wenden es nur auf einen bestimmten Teil unseres Lebens an - jenen, der mit der Familie und der Wohnung verbunden ist? Die Folgerung ist ganz einfach. Die Menschen unserer Kultur glauben, daß sie bei der Arbeit weniger lebendig sind als zu Hause; und wir deuten diese Unterscheidung dadurch an, daß wir das Wort „leben" nur jenen Bereichen in unserem Leben vorbehalten, wo wir nicht arbeiten. Wer immer die Wendung „Wo leben Sie?" in ihrer alltäglichen Bedeutung verwendet, akzeptiert das weit verbreitete kulturelle Bewußtsein, daß niemand an seinem Arbeitsplatz wirklich „lebt" - dort gibt es weder Lieder noch Musik, keine Liebe, kein Essen -, man lebt nicht bei der Arbeit, man rackert sich nur ab, man ist eigentlich tot.
Sobald wir diese Situation begreifen, sind wir empört. Warum sollten wir eine Welt akzeptieren, in der acht Stunden des Tages „tot" sind? Warum schaffen wir nicht eine Welt, in der unsere Arbeit ebenso ein Teil des Lebens, ebenso lebendig ist wie alles, was wir zu Hause mit unserer Familie und unseren Freunden tun?
Dieses Problem wird in anderen Mustern erörtert - STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN (9), SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS (80)UND BÜROS (80). Hier konzentrieren wir uns auf die notwendigen baulichen und sozialen Folgerungen dieses Problems, auf das Umfeld, in dem sich ein Arbeitsplatz befindet. Wenn jemand acht Stunden am Tag bei der Arbeit in einem bestimmten Bereich verbringt, und die Art seiner Arbeit, ihr sozialer Charakter und ihre Örtlichkeit bewirken, daß er dort lebt und nicht bloß Geld verdient, dann ist es zweifellos entscheidend, daß das unmittelbare Umfeld seines Arbeitsplatzes eine Gemeinde bildet ebenso wie eine Nachbarschaft, jedoch auf das Tempo und den Rhythmus der Arbeit abgestimmt, statt auf den Rhythmus der Familie.
Wenn Arbeitsstätten als Gemeinschaften funktionieren sollen, sind fünf weitere Beziehungen wesentlich:
1. Arbeitsstätten dürfen weder zu verstreut noch zu sehr angehäuft, sondern sollten in Gruppen von etwa 15 zusammengefaßt sein.
Wir wissen aus STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN (9), daß Arbeitsstätten dezentralisiert sein sollten, aber nicht so verstreut, daß eine einzelne Arbeitsstätte von anderen isoliert ist. Andererseits sollten sie nicht so sehr gehäuft sein, daß eine einzelne Arbeitsstätte in einem Meer von anderen untergeht. Die Arbeitsstätten sollten also so gruppiert sein, daß deutlich erkennbare Gemeinschaften entstehen. Die Gemeinschaften müssen klein genug sein, daß man die meisten dort arbeitenden Menschen zumindest vom Sehen kennen kann, und groß genug, den Beschäftigten soviele Annehmlichkeiten wie möglich bieten zu können - Imbißstuben, Sportplätze, Geschäfte usw. Wir schätzen, daß die richtige Größe zwischen 8 und 20 Betrieben liegt.
2. Die Gemeinschaft von Arbeitsstätten umfaßt eine Mischung von Handarbeit, Schreibtischarbeit, Handwerksarbeit, Verkauf usw.
Die meisten Leute arbeiten heute in einer spezialisierten Umgebung: Spitalsgebäude, Autowerkstätten, Werbung, Warenhäuser, Banken etc. Diese Art Segregation führt zur Isolierung von anderen Arbeitsformen und anderen Menschentypen; das wiederum führt zu weniger Interesse, Achtung und Verständnis für andere. Wir glauben, daß eine Welt sozialer Verantwortlichkeit nur entstehen kann, wenn ein Wert in jeder Beschäftigung enthalten ist, wenn mit jeder Arbeit Würde verbunden ist. Dazu kann es kaum kommen, wenn wir so abgetrennt von Leuten sind, die andere Arbeiten leisten als wir.
3. Innerhalb der Arbeitsstättengemeinschaft gibt es eine Gemeinschaftsfläche, die die einzelnen Werkstätten und Büros zusammenbindet.
Eine gemeinsame Straße hält die einzelnen Häuser und Betriebe etwas zusammen; eine gemeinsam benützte Fläche kann das jedoch wesentlich besser. Wenn die Arbeitsstätten um einen gemeinsamen Hof angelegt sind, wo die Leute sitzen, Volleyball spielen, Mittagessen können, wird das zum Kontakt und der Gemeinschaft unter den Beschäftigten beitragen.
4. Die Arbeitsstättengemeinschaft ist mit der Gemeinde, in der sie liegt, verflochten.
Wenn eine Gemeinschaft von Arbeitsstätten auch an sich eine Kerngemeinde darstellt, kann sie in völliger Isolierung von der umgebenden Gemeinde nicht funktionieren. Das wurde teilweise schon in STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN (9) und MÄNNER UND FRAUEN (27) erörtert. Außerdem kann die Arbeitsstättengemeinschaft wie die Wohngemeinde durch die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen und Dienstleistungen gewinnen wie Restaurants, Café, Bibliotheken. Deshalb ist es vorteilhaft für die Arbeitsstättengemeinschaft, zur Wohngemeinde hin offen zu sein und Geschäfte und Café an die Nahtstellen zu legen.
5. Schließlich ist es notwendig, daß die Gemeinschaftsflächen oder Höfe auf zwei unterschiedlichen und getrennten Ebenen existieren.
Einerseits brauchen Höfe für Tischtennis oder Volleyball höchstens ein halbes Dutzend Arbeitsgruppen rundherum mehr würden sie überfordern. Andererseits brauchen Imbißstuben, Wäschereien und Friseurstuben eher 20 oder 30 Arbeitsgruppen zum Überleben. Deshalb braucht die Arbeitsstättenge-meinschaft zwei Ebenen der Gruppierung.
Daraus folgt:
Errichte oder fördere Gemeinschaften von Arbeitsstätten - jede eine Ansammlung kleinerer Gruppen von Arbeitsstätten mit gemeinsamem Hof, die wiederum um einen größeren gemeinsamen Platz oder Hof mit Geschäften und Imbißstuben angeordnet sind. Die gesamte Arbeits-„Gemeinde" sollte nicht mehr als 10 oder 20 Arbeitsstätten umfassen.
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Der Platz in der Mitte der Gemeinschaft soll ein öffentlicher Platz sein, durchquert von öffentlichen Wegen - KLEINE PLÄTZE (61); entweder auf diesem Platz oder daneben leg Sportgelegenheiten an - LOKALER SPORT (72); stell sicher, daß die ganze Gemeinde immer innerhalb eines Dreiminuten-Gehweges zu einer ERREICHBAREN GRÜNFLÄCHE (60) ist; leg die einzelnen kleineren Höfe so an, daß sich die Leute von selbst dort treffen - BELEBTE INNENHÖFE (115); halt die Arbeitsstätten klein SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS (80); fördere gemeinschaftliches Kochen und Essen in und außerhalb der Imbißstuben - STRASSENCAFE (88), IMBISSSTÄNDE (93), GEMEINSAMES ESSEN (147) ...
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