42 INDUSTRIEBAND *
... wenn die Arbeit in einer Stadt gemäß STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN (9) dezentralisiert ist, bekommt der Standort der Industrie, die gewöhnlich ein bestimmtes Maß an Konzentration braucht, besondere Bedeutung. Wie die GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN (41) kann die Industrie unschwer so untergebracht werden, daß sie zur Bildung breiter Grenzstreifen zwischen Subkulturen beiträgt - SUBKULTUR-GRENZE (13).
❖ ❖ ❖
Übertriebene Flächenwidmungsbestimmungen trennen die Industrie völlig vom übrigen städtischen Leben und tragen zur augenscheinlichen Unechtheit geschützter Wohngebiete bei.
Offensichtlich stimmt es, daß Industrie Rauch, Geruch, Lärm und Schwerverkehr erzeugt; deshalb muß man verhindern, daß insbesondere die Schwerindustrie die Ruhe und Sicherheit von Orten stört, an denen Menschen leben.
Es stimmt aber auch, daß die Industrie in der modernen Stadt behandelt wird wie eine Krankheit. Die Gebiete, wo sie vorkommt, werden als schmutzig und verwahrlost betrachtet. Sie werden aufs Abstellgleis geschoben, unter den Teppich gekehrt. Und die Leute vergessen ganz, daß die Dinge ihrer täglichen Umgebung - Brot, chemische Produkte, Autos, Öl, Dichtungen, Radios, Sessel - alle in diesen verbotenen Industriezonen gemacht werden. Unter diesen Bedingungen ist es nicht verwunderlich, daß Menschen das Leben als unwirkliche Scharade betrachten und die einfachsten Realitäten und Tatsachen ihrer Existenz vergessen.
Seit den 1930er Jahren ist im Namen der Beschäftigten versucht worden, Fabriken grün und freundlich zu machen. Diese Betrachtungsweise der sozialen Wohlfahrt ist in Bezug auf die Industrie ebenfalls - in der Gegenrichtung - unreal. Eine Werkstätte, wo Dinge erzeugt werden, ist weder ein Garten noch ein Krankenhaus. Die Gärten rund um die neuen Industrie-„Parks" sind ohnedies mehr zum Herzeigen als für die Arbeiter, zumal einige kleine Innenhöfe oder Innengärten für die Beschäftigten weitaus nützlicher wären. Und der Beitrag eines Industrieparks für das soziale und emotionale Leben der umliegenden Stadt ist fast null.
Was notwendig ist, ist eine Form der Industrie, die klein genug ist, um nicht streng abgesondert werden zu müssen; die echt ist, sodaß sie eine Werkstätte darstellt, weil sie eine Werkstätte ist; die so liegt, daß der von ihr hervorgerufene Schwerverkehr Nachbarschaften in der Nähe nicht gefährdet; und die am Rand von Nachbarschaften liegt, sodaß sie nicht eine gefährliche, vergessene Zone darstellt, sondern einen wirklichen Teil des Lebens, für Kinder der umgebenden Häuser zugänglich, mit dem Gefüge des Stadtlebens verwoben. Nur dann wird sie ihre große Bedeutung in der Ordnung der Dinge richtig widerspiegeln.
Der "grüne" Industriepark der sozialen Wohlfahrt.
Viele Industrien sind jedoch nicht klein. Sie brauchen große Flächen, um richtig zu funktionieren. Eine Untersuchung von geplanten Industriebezirken zeigt, daß 71,2% der Industrien 0-2 ha brauchen, 13,6% 2-4 ha und 9,9% 4-10 ha. (Robert E. Boley, Industrial Districts Restudied: An Analysis of Characteristics, Urban Land Institute, Technical Bulletin Nr. 41, 1961.) Diese Industrien passen nur in die NACHBARSCHAFTSGRENZE (15) oder SUBKULTUR-GRENZE (13), wenn der Grenzstreifen breit genug ist. Bänder mit Breiten zwischen 60 In und 150 m mit Grundstücken von Längen zwischen 60 m und 600 m können die erforderlichen Grundstücksgrößen von 1/2 ha bis 10 ha in zusammenhängenden Parzellen liefern, obwohl sie noch schmal genug sind, um die Verbindung zwischen den Gemeinden beiderseits des Bandes in einem vernünftigen Maß zu erhalten.
Schwerverkehr eines Industriegebiets zu einer nahen Schnellstraße zerstört die Nachbarschaft.
Die Industriebänder brauchen Lastwagenzufahrten und Eisenbahnanschluß. Lastenstraßen und Gleise sollten in der Mitte des Bandes liegen, sodaß die Ränder des Bandes zur Gemeinde offen bleiben. Noch wichtiger ist, daß die Bänder so liegen, daß sie keine hohe Belastung von gefährlichem und lautem Lastwagenverkehr durch Nachbarschaften erzeugen. Da der meiste Schwerverkehr zu und von den Schnellstraßen führt, bedeutet das, daß das Industrieband ziemlich nah an RINGSTRASSEN (17) liegt.
Daraus folgt:
Leg die Industrie in 60 m bis 150 m breite Bänder, die die Grenzen zwischen den Gemeinden bilden. Teil diese Bänder in lange Parzellen zwischen 1/2 ha und 10 ha; und behandle den Rand jedes Bandes als einen Ort, wo Leute aus den anliegenden Gemeinden aus den Nebeneffekten der Industrietätigkeit Nutzen ziehen können.
❖ ❖ ❖
Leg die Bänder nah genug zu RINGSTRASSEN (17), sodaß Lastwagen direkt vorn Industrieband auf die Ringstraße kommen, ohne durch andere Gebiete fahren zu müssen. Entwickle die innere Anordnung des Industriebandes wie eine andere Gemeinschaft von Arbeitsstätten, nur etwas ausgedehnter - GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN (41). Leg die wichtigen Gebäude jeder Industrie, das „Herz" der Anlage, zum Rand des Bandes, damit sinnvolle Straßen und Außenräume entstehen - POSITIVER AUSSENRAUM (106), GEBÄUDEFRONTEN (122) ...
< Zurück zu 41 | Weiter zu 43 > |