22 NEUN PROZENT PARKPLÄTZE **

 

022.0

... das Funktionieren von Lokalverkehrszonen und die Ruhe der lokalen Gemeinden und Nachbarschaften hängt stark von der Zahl der Abstellplätze ab. Je mehr Parkflächen vorgesehen sind, desto schwerer sind diese Muster aufrechtzuerhalten, weil Parkflächen Autos anziehen und diese wiederum die Nahverkehrszonen und Nachbarschaften schädigen — LOKALVERKEHRS-ZONEN (11), GEMEINDE VON 7000 (12), IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT (14). Das folgende Muster sieht zum Schutz der Gemeinden radikale Einschränkungen in Bezug auf die Parkraumverteilung vor.

 

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Es ist ganz einfach - wenn die Fläche für das Parken zu groß wird, zerstört sie das Land.

Eine Muster Sprache 22 NEUN PROZENT PARKPLÄTZE

Empirirische Beobachtungen führen uns zu der Annahme, daß in einer menschengerechten Umgebung nicht mehr als 9% des Bodens zum Parken verwendet werden dürfen.

Empirirische Beobachtungen führen uns zu der Annahme, daß in einer menschengerechten Umgebung nicht mehr als 9% des Bodens zum Parken verwendet werden dürfen.Unsere Beobachtungen sind nur ein Ansatz. Systematische Analysen fehlen; unsere Beobachtungen stützen sich auf subjektive Einschätzung von Fällen mit „zu vielen Autos" und von Fällen, wo „Autos kein Problem" sind. Unsere vorläufigen Beobachtungen zeigen aber, daß verschiedene Leute in diesen Einschätzungen in bemerkenswertem Maße übereinstimmen. Deshalb vermuten wir, daß wir es hier mit einem zwar unklaren, aber sehr wichtigen Phänomen zu tun haben.

Ein Beispiel mit dieser Maximaldichte von 9% Parkplätzen zeigt unser Photo: einen „Quadrant" der University of Oregon.

Viele Leute, mit denen wir sprachen, empfanden dieses Areal intuitiv als schön, aber nur, solange nicht weitere Autos dort geparkt würden.

Welche mögliche funktionelle Basis kann eine solche Intuition haben? Wir vermuten folgendes: Die Leute verstehen unbewußt, daß die physische Umwelt das Medium ihrer sozialen Beziehungen ist. Wenn. die Umwelt richtig funktioniert, schafft sie das Potential für allen sozialen Umgang, nicht zuletzt für den Umgang mit sich selbst.

Wenn die Dichte der Autos eine bestimmte Grenze überschreitet und die Leute das Gefühl haben, daß zu viele Autos da sind, geschieht, so vermuten wir, in Wirklichkeit folgendes: Sie bekommen das Gefühl, daß die Autos die Umwelt überwältigen, daß die Umwelt nicht mehr „ihre" ist, daß sie kein Recht haben, hier zu sein, daß es kein Ort ist, sich aufzuhalten und so weiter. Schließlich reichen die Auswirkungen der Autos weit über deren bloßes Vorhandensein hinaus. Sie schaffen ein Gewirr von Fahrwegen, Garagentoren, Asphalt- und Betonoberflächen — lauter Bauelemente, die der Mensch selbst nicht benutzen kann. Wenn die Dichte das Limit übersteigt, empfinden die Leute wahrscheinlich, daß das soziale Potential der Umwelt verschwunden ist. Statt daß sie herausgelockt werden, empfangen sie von der Umwelt die Botschaft, daß sie im Freien nichts verloren haben, daß sie drinnen in ihren Gebäuden bleiben sollen, daß sozialer Umgang nicht empfehlenswert ist.

Wir haben diese Vermutung bisher nicht getestet. Wenn sie sich aber als richtig erweisen sollte, könnte dieses scheinbar auf dürftige Beweise gestützte Muster in Wirklichkeit eines der kritischsten Muster überhaupt sein, eines, das eine Schlüsselrolle für den Unterschied zwischen einer sozial und psychologisch gesunden und einer ungesunden Umwelt spielt,

Wir vermuten also, daß in einer menschlichen, sozial und ökologisch durch das Vorhandensein geparkter Autos nicht zerstörten Umwelt weniger als 9% des Bodens für Stellplätze verwendet werden. Parkplätze und Garagen dürfen deshalb nie mehr als 9% des Bodens einnehmen.

Es kommt darauf an, dieses Muster auf die strengste Weise auszulegen. Das Muster wird sinnlos, wenn wir zulassen, daß die durch ein Grundstück A entstehenden Parkflächen auf ein angrenzendes Grundstück B gelegt werden, sodaß die Parkflächen auf A unter 9% liegen, die auf B aber über 9% ansteigen. Das heißt, jedes Stück Land muß für sich betrachtet werden; wir dürfen uns nicht erlauben, die Probleme eines Grundstücks auf Kosten eines anderen zu lösen. Eine Stadt oder eine Gemeinde kann das Muster in diesem strengen Sinn nur verwirklichen, indem die ganze Gemeinde in einen Raster selbständiger „Parkzonen" unterteilt wird, jede 72-5 ha groß. Dann muß die Regel unabhängig und mit aller Strenge innerhalb jeder Parkzone durchgesetzt werden.

Die Neun-Prozent-Regel hat klare und unmittelbare Folgen für das Verhältnis zwischen Parken auf der Oberfläche und Parken in Garagen bei verschiedenen Stellplatzdichten. Dies ergibt sich aus einer einfachen Rechnung. Nehmen wir z. B. an, ein Gebiet erfordere 50 Stellplätze/ha. 50 Stellplätze brauchen etwa 1500 m², was bei Parken an der Oberfläche 15% des Bodens ausmachen würde. Um die 50 Autos/ha in Einklang mit der Neun-Prozent-Regel zu bringen, muß mindestens die Hälfte davon in Garagen geparkt werden. Die folgende Tabelle gibt entsprechende Zahlen für verschiedene Dichten:

 Autos/ha  Parken auf der Oberfläche  Parken in zweistöckigen Garagen  Parken in dreistöckigen Garagen
 29  100 - -
 41  50 50 -
 56  50  - 50
 74  -  - 100

Wie verhält es sich mit Tiefgaragen? Dürfen wir sie als Ausnahme dieser Regel betrachten? Nur dann, wenn sie die Nutzung des darüber liegenden Bodens nicht zerstören oder einschränken. Wenn z.B. eine Tiefgarage unter einer Fläche liegt, die vorher ein Freiraum mit großen Bäumen war, dann wird sie mit Sicherheit den Charakter des Raumes darüber verändern, weil die großen Bäume dort nicht mehr wachsen können. Eine solche Tiefgarage bedeutet eine Zerstörung des Landes. Ebenso ist es eine Zerstörung, wenn der Konstruktionsraster der Garage — z. B. 16 m Stützweite — den Konstruktionsraster des darüber liegenden Gebäudes einschränkt, sodaß dieses Gebäude sich nicht frei entfalten kann. Tiefgaragen mögen nur in jenen seltenen Fällen zulässig sein, wo sie den Boden darüber in keiner Weise beeinträchtigen: vielleicht unter einer Hauptstraße oder unter einem Tennisplatz.

Die Neun-Prozent-Regel hat also kolossale Folgen': Da Tiefgaragen nur selten die angeführten Bedingungen erfüllen werden, ergibt sich aus dem Muster in Wirklichkeit, daß fast kein Teil eines Stadtgebiets mehr als 75 Stellplätze /ha haben kann. Dies bedeutet große Veränderungen in den Stadtzentren. Nehmen wir einen Teil eines typischen Innenstadtgebiets. Dort arbeiten vielleicht an die 1000 Pendler/ha; unter heutigen Bedingungen parken viele davon ihre Autos in Garagen. Wenn aber wirklich nicht mehr als 75 Stellplätze /ha möglich sind, dann müssen entweder die Arbeitsstätten dezentralisiert werden oder die Beschäftigten müssen sich des öffentlichen Verkehrs bedienen. Kurz, dieses einfache, auf sozialen und psychologischen Umweltfaktoren beruhende Muster führt uns anscheinend zu denselben Konsequenzen wie die Muster ÖFFENTLICHES VERKEHRSNETZ (16) und STREUUNG DER ARBEITSSTÄTTEN (9).

 

Daraus folgt:

Laß in keiner gegebenen Fläche die Verwendung von mehr als 9% des Bodens für das Parken zu. Um zu verhindern, daß Parkplätze sich auf großen vernachlässigten Flächen konzentrieren, muß die Stadt oder die Gemeinde ihren Boden in „Parkzonen" von höchstens 5 ha unterteilen und diese Regel für jede Zone anwenden.

Eine Muster Sprache 22 NEUN PROZENT PARKPLÄTZE 1

 

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Aus zwei späteren Mustern geht hervor, daß Parken nur eine von zwei Formen haben kann: winzige Parkplätze an der Oberfläche oder abgeschirmte Parkhäuser — ABGESCHIRMTES PARKEN (97), KLEINE PARKPLÄTZE (103). Wenn man diese Muster akzeptiert, ergibt die Neun-Prozent-Regel eine effektive Obergrenze von 75 Abstellplätzen/ha, und zwar in jedem Teil der Umwelt. Das heutige Parken auf der Straße mit Zufahrten, das etwa 90 Autos/ha an der Oberfläche erlaubt, wird ausgeschlossen. Und die heutigen dichten Geschäftsviertel sind, soweit sie von der Benützung des Autos abhängen, ebenfalls ausgeschlossen....

 

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