EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 

038.0

... in bestimmten Teilen einer Gemeinde werden die freistehenden Einzelhäuser und Gärten einer HAUSGRUPPE (37) nicht funktionieren, weil sie nicht dicht genug sind um die dichteren Teile der RINGE VERSCHIEDENER DICHTE (29) und ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT (36) zu bilden. Um diese größeren Muster zu schaffen, muß man stattdessen Reihenhäuser bauen.

 

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Bei Dichten von 35 bis 70 Häusern pro Hektar sind Reihenhäuser unabdingbar. Aber typische Reihenhäuser sind im Inneren dunkel und jeweils nach gleicher Schablone gebaut.

 

Über 35 Häuser/ha ist es fast unmöglich, freistehende Einfamilienhäuser zu errichten, ohne den Freiraum rundherum zu zerstören; der verbleibende Freiraum wird praktisch auf schmale Ringe rund um die Häuser reduziert. Geschoßwohnungen lösen das Problem von höheren Dichten nicht; sie entfernen die Leute vorn Boden und haben keine Privatgärten. Über 35 Häuser/ha ist es fast unmöglich, freistehende Einfamilienhäuser zu errichten, ohne den Freiraum rundherum zu zerstören; der verbleibende Freiraum wird praktisch auf schmale Ringe rund um die Häuser reduziert. Geschoßwohnungen lösen das Problem von höheren Dichten nicht; sie entfernen die Leute vorn Boden und haben keine Privatgärten. Reihenhäuser lösen dieses Problem. Aber in ihrer konventionellen Form haben Reihenhäuser ihre eigenen Probleme. Konventionelle Reihenhäuser entsprechen durchwegs ungefähr dem folgenden Schema. Die Häuser haben eine kurze Front und eine große Tiefe; an der langen Seite haben sie eine gemeinsame Trennwand.

Eine Muster Sprache 38 REIHENHÄUSER

Wegen der langen Trennwände sind viele der Räume schlecht belichtet. Den Häusern fehlt die Privatheit — keine Stelle im Haus oder im Hof ist sehr weit von einer Trennwand entfernt. Der Wert der kleinen Höfe wird dadurch noch vermindert, daß sie an einer kurzen Seite des Hauses liegen, sodaß nur ein kleiner Teil des Inneren am Garten liegen kann. Und es gibt fast keinen Spielraum für individuelle Variation der Häuser, sodaß Anlagen von Reihenhäusern oft einen eher sterilen Eindruck machen.

Diese vier Probleme von Reihenhäusern können leicht dadurch gelöst werden, daß man die Häuser entlang des Weges lang und in der Tiefe schmal macht, wie Landhäuser. Dann gibt es reichlichen Spielraum für subtile Veränderungen von Haus zu Haus — die Grundrisse können ganz verschieden sein und leicht gut belichtet werden.

Eine Muster Sprache 38 REIHENHÄUSER 1

Bei so einem Haustyp sind 30% des Umfanges festgelegt und 70% für individuelle Variationen frei. Bei einem Haus in einer konventionellen Reihenhaussiedlung sind 70% des Umfanges festgelegt und nur 30% frei. So kann das Haus eine Vielfalt von Formen annehmen; dieses Muster sichert ein vernünftiges Ausmaß von Privatheit für den Garten und für den Großteil des Hauses, eine Verbesserung der Belichtung und einen größeren Anteil von Räumen, die sich nach außen öffnen.

Eine Muster Sprache 38 REIHENHÄUSER 2

Diese Vorteile des langen schmalen Reihenhauses sind so einleuchtend, daß man sich wundern muß, warum es nicht öfter verwendet wird. Der Grund ist natürlich, daß die Straßen das nicht erlauben. Solange Häuser direkt an Straßen grenzen, ist es zwingend, ihre Frontlänge so kurz wie möglich zu Kalten, um Straßen- und Leitungskosten zu sparen — diese Kosten machen einen großen Teil jedes Wohnbaubudgets aus. In dem von uns vorgeschlagenen Muster konnten wir aber diese Schwierigkeit überhaupt vermeiden, indem wir die Häuser nur an Wege legten, die nicht viel kosten. Erst diese Wege schließen rechtwinkelig an die Straßen an, wie es in NETZ VON FUSS - UND FAHRWEGEN (52) beschrieben ist.

Eine Muster Sprache 38 REIHENHÄUSER 3

Zuletzt noch eine Bemerkung zur Dichte. Wie wir aus der Skizze unten sehen können, ist es möglich, ein zweistöckiges Haus von 120 m² auf einer Fläche von 10 x 6 in zu bauen, bei einer erforderlichen Gesamtfläche (Weg, Haus, Garten) von etwa 130 m². Man kommt sogar mit einem absoluten Minimum von 100 m² aus.

Eine Muster Sprache 38 REIHENHÄUSER 4

Es ist also möglich, Reihenhäuser in einer Dichte von 75/ha zu bauen. Ohne oder mit weniger Abstellflächen wäre eine noch höhere Dichte denkbar.

 

Daraus folgt:

Im Fall von Reihenhäusern leg die Häuser an Fuß-Im Fall von Reihenhäusern leg die Häuser an Fußwege, die rechtwinkelig zu Nebenstraßen und Park-plätzen liegen. Gib jedem Haus eine lange Front bei geringer Tiefe.

Eine Muster Sprache 38 REIHENHÄUSER 5

 

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Mach die einzelnen Häuser entlang der Wege so lang und schmal wie möglich - LANGES SCHMALES HAUS (109); variiere die Häuser entsprechend den verschiedenen Haushaltstypen - DIE FAMILIE (75), HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE (76), HAUS FÜR EIN PAAR (77), HAUS FÜR EINE PERSON (78); leg Straßen quer zu den Wegen, rechtwinkelig zu ihnen - PARALLELE STRASSEN (23), NETZ VON FUSS- UND FAHRWEGEN (52), mit kleinen Parkplätzen neben den Straßen - KLEINE PARKPLÄTZE (103). Andererseits bau die Reihenhäuser in Gruppen - HAUSGRUPPE (37), GEBÄUDEKOMPLEX (95) ...

 

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037.0

... die grundlegende Organisationseinheit innerhalb der Nachbarschaft - IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT (14) - ist die Gruppe von einem Dutzend Häuser. Durch Variation der Dichte und der Zusammensetzung verschiedener Hausgruppen kann dieses Muster auch zur Bildung von RINGEN VERSCHIEDENER DICHTE (29), MISCHUNG DER HAUSHALTE (35) und ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT (36) beitragen.

 

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Die Leute werden sich in Einzelhäusern nicht wohl-fühlen, wenn nicht mehrere Häuser eine Gruppe bil den und der öffentliche Grund dazwischen nicht allen Eigentümern gemeinsam gehört.

 

Wenn Häuser an Straßen angeordnet und die Straßen im' Eigentum der Stadt sind, besteht keine Chance, daß der Grund und Boden unmittelbar außerhalb der Häuser die Bedürfnisse der Familien und Individuen widerspiegelt, die in diesen Häusern leben. Der Boden wird nur dann allmählich eine Form annehmen, die ihren Bedürfnissen entspricht, wenn sie direkten Einfluß auf ihn und seine Instandsetzung haben.

Dieses Muster beruht auf dem Gedanken, daß die Gruppe. von Grundstücken und Wohnhäusern unmittelbar um die eigene Wohnung von besonderer Bedeutung ist. Sie ist die Quelle der allmählichen Differenzierung der Flächennutzung in der Nachbarschaft und der natürliche Brennpunkt von nachbarlichen Wechselbeziehungen.

Herbert Gans hat in Die Levittowner (Gütersloh/Berlin: Bertelsmann 1969, Bauwelt Fundamente 26) eindrucksvolles Beweismaterial für diese Tendenz gesammelt. Gans erhob Besuchsgewohnheiten in einer typischen Parzellenbebauung. Von den 149 befragten Personen waren alle in ein Muster regelmäßiger nachbarlicher Besuche eingebunden. Die interessante Entdeckung ist die Morphologie dieses Besuchsmusters.

Betrachten wir das folgende Diagramm - ein ähnliches kann. man für fast jedes Haus in einer Flächenbebauung zeichnen. Es gibt ein Haus auf jeder Seite, eines oder zwei auf der anderen Straßenseite und eines an der Rückseite, hinter einem Garten-Straßenseite und eines an der Rückseite, hinter einem Gartenzaun.

93% aller Besuche der Befragten innerhalb der Nachbarschaftbeschränkte sich auf diese räumliche Gruppe.

 Eine Muster Sprache 37 HAUSGRUPPE

Und auf die Frage: „Wen besuchen sie am meisten?" antworteten 91%, es seien die Leute unmittelbar gegenüber oder nebenan.

die Schönheit dieser Entdeckung liegt in dem Hinweis auf die Kraft der räumlichen Gruppierung, Leute in nachbarlichen Kontakt zu bringen. Die augenscheinlichste und älteste Gruppierung.- Häuser nebeneinander und gegenüber — bildet grob gesprochen einen Kreis, und hier finden die meisten Kontakte statt. Wenn an dieser Form das Haus unmittelbar dahinter hinzufügt, obwohl es durch Privatgärten und einen Zaun abgetrennt ist, haben wir fast alle vorkommenden Besuche in der Levittown-Nachbarschaft erfaßt.

Wir schließen daraus, daß die Leute sich immer noch nach den Gesetzen einer räumlichen Gruppierung verhalten, selbst wenn die Art. der Parzellierung und die Anlage der Nachbarschaft alles tun, diese Einheit zu zerstören und zu anonymisieren.

Die von Gans gefundenen Daten bestätigen unsere Einsicht: Menschen wollen Teil einer nachbarlichen, räumlichen Gruppierung sein; der Kontakt zwischen Leuten innerhalb dieser Giuppierung ist eine lebenswichtige Funktion. Und dieses Bedürfnis besteht, auch wenn die Leute Auto fahren und Freunde in der ganzen Stadt besuchen können.

Wie steht es nun mit der Größe der Hausgruppe? Welche ist die richtige? In den Untersuchungen von Gans steht jedes Haus in der Mitte einer Gruppe von fünf oder sechs anderen Häusern. Aber das ist sicher keine natürliche Grenze, da die Anordnung der Parzellen in Levittown sehr starr ist. Sobald die Situierung der Häuser auf das Gruppenmuster eingeht, ergibt. sich die natürliche Grenze nur noch aus dem Gleichgewicht zwischen Informalität und Zusammenhalt der Gruppe.

Die Gruppen scheinen am besten zu funktionieren, wenn sie zwischen 8 und 12 Häuser umfassen. Mit einem Vertreter aus jeder Familie ist das die Anzahl von Leuten, die rund um einen Besprechungstisch sitzen und direkt miteinander reden können. So können weise Entscheidungen über den gemeinschaftlichen Grund und Boden entstehen. Bei 8 oder 10 Haushalten können die Leute an einem Küchentisch sitzen, Neuigkeiten auf der Straße oder in den Gärten austauschen und überhaupt ohne besondere Verabredungen mit der ganzen Gruppe in Kontakt bleiben. Bei mehr als 10 oder 12 Häusern in der Gruppe ist dieser Austausch erschwert. Deshalb setzen wir eine Obergrenze von rund 12 für die Zahl der Haushalte in einer Gruppe. Natürlich kann die Durchschnittsgröße von Gruppen geringer sein, vielleicht 6 oder 8; auch Gruppen von 3, 4 oder 5 Häusern können tadellos funktionieren.

Angenommen, eine Gruppe von Nachbarn oder eine Vereinigung in einer Nachbarschaft oder ein Planer möchte diesem Muster irgendwie Ausdruck verleihen; worauf kommt es dabei an?

Eine Muster Sprache 37 HAUSGRUPPE 1

Zunächst auf die Geometrie. In einer neuen Nachbarkhaft, wo die Häuser auf der grünen Wiese entstehen, stellen wir uns dürchaus dramatische Gruppierungen vor, mit den Häusern rund um gemeinschaftlichen Boden oder seitlich daran angrenzend. Die Gruppe hat einen Kern mit Ausläufern zu den Rändern hin.

In bestehenden Nachbarschaften mit freistehenden Einzelhäusern muß das Muster allmählich ins Spiel gebracht werden, indem die Bebauungsvorschriften gelockert werden und den Leuten erlaubt wird, ihre Gruppierungen schrittweise aus dem Vorhandenen Raster zu entwickeln - siehe GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN (67) und DIE FAMILIE (75). Man kann das Muster sogar mit REIHENHÄUSERN (38) und WOHNHÜGELN (39) verwirklichen. In diesen Fällen wird das Muster durch die Anordnung der Reihen oder durch die Flügel des Wohngebäudes gebildet.

Andererseits muß man darauf achten, die Hausgruppen nicht so eng oder abgeschlossen zu machen, daß sie die größere Gemeinde ausschließen oder daß sie zu beengend und klaustrophobisch wirken. Zwischen den Hausgruppen muß es einen gewissen offenen Übergang und Überschneidungen geben.

Eine Muster Sprache 37 HAUSGRUPPE 2

Neben der Form der Hausgruppe kommt es auch auf die Eigentumsverhältnisse an. Wenn das Muster des Grundeigentums nicht mit den baulichen Abgrenzungen der Hausgruppen überein stimmt, wird sich das Muster nicht durchsetzen. Die Hausgruppe muß ganz einfach Eigentum der betreffenden Haushalte sein und von ihnen instandgehalten werden. Die Haushalte müssen sich als Gesellschaft organisieren und als Eigentümer des gemeinschaftlich benützten Bodens auftreten können. Es gibt viele Beispiele solcher winziger Wohngenossenschaften im Benutzereigentum. Wir kennen einige Orte in unserer Region, wo solche Experimente im Gange sind, und Orte, wo sie seit vielen Jahren bestehen. Von Besuchern des Centers haben wir von ähnlichen Entwicklungen in verschiedenen Teilen der Welt gehört.

Wir verfechten eine Eigentumsform, in der das Eigentum an einem Haus ein Teileigentum an der Gruppe einschließt, zu der das Haus gehört; im Idealfall schließt dieses wieder ein Teileigentum an der Nachbarschaft ein, die aus mehreren Hausgruppen besteht. Auf diese Weise ist jeder Eigentümer automatisch Teilhaber an den verschiedenen Ebenen des öffentlichen Grundbesitzes. Und jede Ebene, angefangen von den Häusern in der Gruppe, ist eine politische Einheit, die die Macht hat, die Vorgänge ihrer eigenen Entwicklung und Instandhaltung zu kontrollieren.

In einem solchen System kann der Wohnbau, egal ob in Gebieten hoher oder niedriger Dichte, allmählich zu einem bleibenden Ausdruck der Hausgruppe finden. Und die Hausgruppen ihrerseits werden zur Grundlage einer Qualität des Nachbarschaftslebens, wie wir es in unseren bruchstückhaften Nachbarschaften nur erahnen können.

Das uneingestandene Geheimnis des Menschen ist, daß er in seinem Wesen und seiner Existenz von seinen Mitmenschen bestätigt werden will und daß er wünscht, sie möchten ihm ermöglichen, sie zu bestätigen, und (. .) nicht bloß in der Familie und dazu noch in der Parteiversammlung oder im Wirtshaus, sondern auch im Verlauf der nachbarlichen Begegnungen, etwa wenn er und der andere aus der Tür oder an das Fenster seines Hauses tritt und der Gruß, mit dem sie einander begrüßen, von einem wohlwollenden Blick begleitet wird, einem Blick, in dem die Neugier, das Mißtrauen und die Routine durch eine gegenseitige Teilnahme überwunden worden sind: der eine gibt dem anderen zu verstehen, daß er sein Vorhandensein billigt. Dies ist das unentbehrliche Minimum der Humanität. (Martin Buber: Nachlese, Heidelberg: Lambert Schneider, 1965, S. 84-85)

 

Daraus folgt:

Ordne die Häuser in groben, aber identifizierbaren Gruppen von 8 bis 12 Haushalten an, jeweils um eine Gemeinschaftsfläche oder einen Weg. Leg die Gruppen so an, daß jeder durchgehen kann, ohne sich als Eindringling zu fühlen.

 Eine Muster Sprache 37 HAUSGRUPPE 3

 

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Verwende dieses Muster, wie es ist, für niedrige Dichten bis etwa 35 Häuser pro ha; bei höheren Dichten wird sich die Gruppe durch die zusätzlichen Strukturen modifizieren, die sich aus REIHENHÄUSERN (38) oder WOHNHÜGELN (39) ergeben. Sieh immer Gemeinschaftsflächen zwischen den Häusern vor GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN (67) - und eine gemeinsame Werkstätte - WERKSTATT IM HAUS (157). Leg klare Wege an - ORIENTIERUNG DURCH BEREICHE (98) -, und zwar so, daß auch innerhalb der Hausgruppe belebtere Wege und ruhigeres Hinterland entstehen - ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT (36); beschränk das Parken auf KLEINE PARKPLÄTZE (103) und stimm die einzelnen Häuser in der Gruppe auf die jeweiligen Haushalte ab DIE FAMILIE (75), HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE (76), HAUS FÜR EIN PAAR (77), HAUS FÜR EINE PERSON (78), DAS EIGENE HEIM (79) ...

 

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036.0

... in den Nachbarschaften — IDENTIFIZIERBARE NACHBARSCHAFT (4) — gibt es natürlich Gebiete, wo das Leben eher konzentriert ist — KNOTEN DER AKTIVITÄT (30), andere, wo es ruhiger ist, und solche, die etwas von beidem haben — RINGE VERSCHIEDENE DICHTE (29). Es ist wichtig, Hausgruppen und die Wege, die zu ihnen führen, nach dieser Abstufung zu differenzieren.

 

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Die Menschen sind verschieden; und die Art, wie sie ihre Häuser in eine Nachbarschaft stellen wollen, macht einen der grundlegenden Unterschiede aus.

 

Manche Menschen wollen dort leben, wo etwas los ist. Andere möchten mehr Abgeschiedenheit. Dies entspricht einer grundlegenden Persönlichkeitsdimension, die man als Dimension von „Extrovertiertheit/Introvertiertheit" bezeichnen könnte, oder als Dimension der „Liebe zur Gemeinschaft/Liebe zur Zurückgezogenheit". Die den lauten Betrieb suchen, sind gern in der Nähe von Dienstleistungen, Geschäften, sie mögen eine lebendige Atmosphäre vor ihrem Haus und sind glücklich, wenn dort dauernd Fremde vorbeigehen. Die die Zurückgezogenheit suchen, sind lieber entfernt von den Dienstleistungen lind Geschäften, lieben die Kleinmaßstäblichkeit vor ihren Häusern und wollen nicht, daß Fremde vorbeigehen. (Siehe z. B. Nancy Marshall, „Orientations Toward Privacy: Environmental and Personality Components", James Madison College, Michigan State University, East Lansing, Michigan.)

Die Variationsbreite verschiedener Menschen in der „extrovertiert/introvertiert"-Dimensionsskala wird sehr gut beschrieben von Frank Hendricks und Malcolm MacNair in „Concepts of Environmental Quality Standards Based an Life Styles", Bericht für die American Public Health Association, 12. Februar 1969, 9. 11-45. Die Autoren stellen verschiedene Arten von Personen fest und beschreiben jede in bezug auf den Zeitaufwand für extrovertierte und introvertierte Tätigkeiten. Francis T. Loetterle hat dieses Problem weiter durchleuchtet („Environment Attitudes and Social Life in Santa Clara County", Santa Clara County Planning Department, San Jose, California, 1967).

Er befragte 3300 Haushalte, wie groß die Entfernung von verschiedenen Gemeinschaftseinrichtungen sein sollte. Das Ergebnis war: 20% der interviewten Haushalte wollten ihren Standort weniger als drei Blocks von Geschäften entfernt, 60% zwischen vier und sechs Blocks, 20% wollten weiter als sechs Blocks entfernt sein (ein durchschnittlicher Block im Bezirk Santa Clara ist 150 m lang). Die genauen Entfernungen gelten nur für Santa Clara. Im ganzen bestätigt jedoch dieses Ergebnis eindeutig unsere Behauptung, daß die Leute in dieser Hinsicht verschieden sind und ganz verschiedene Bedürfnisse haben, was den Standort und den Charakter der Wohnungen betrifft.

Um sicherzustellen, daß diese verschiedenen Arten von Leuten Wohnhäuser nach ihren besonderen Wünschen finden, empfehlen wir für jede Hausgruppe und für jede Nachbarschaft drei Wohntypen in ungefähr gleicher Anzahl: Die am nächsten zum Geschehen sind, die auf halbem Wege dazwischen und die fast ganz abgeschieden sind. Zur Unterstützung dieses Musters brauchen wir auch drei verschiedene Arten von Wegen:

  1. Wege entlang der Einrichtungen, breit und geeignet für Aktivitäten und Menschenmengen, Wege, die Aktivitäten verbinden und lebhaften Durchgangsverkehr fördern.

  2. Wege abseits der Einrichtungen, eng und kurvenreich, um den Durchgangsverkehr abzuhalten, mit vielen T-Anschlüssen und Sackgassen.

  3. Einen Wegtyp dazwischen, der die entferntesten und ruhigsten Wege mit den zentralsten und lebhaftesten verbindet.

Dieses Muster ist ebenso wichtig beim Entwurf einer kleinen Hausgruppe wie bei dem einer Nachbarschaft. Als wir einer Gruppe von Leuten beim Entwurf ihrer eigenen Hausgruppe halfen, baten wir zuerst jeden, sich seine Standortvorlieben auf der Basis von „Extrovertiertheit/Introvertiertheit" zu überlegen. Es kamen drei Gruppen heraus: vier „Extrovertierte", die so nah wie möglich am Fußgänger- und Gemeinschaftsgeschehen sein wollten, vier „Introvertierte", die möglichst viel Zurückgezogenheit und Privatheit wünschten, und die übrigen vier, die ein bißchen von beidem wollten. Im folgenden ist der Lageplan abgebildet, zu dem sie unter Verwendung dieses Musters kamen, mit den von den drei verschiedenen Gruppen gewählten Positionen.

 Eine Muster Sprache 36 ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT

Daraus folgt:

Unterscheide klar drei Arten von Wohnformen - die ruhigen abgelegenen, die an lebhaften Straßen und die sozusagen in Zwischenlage. Die ruhigen sollten an gewundenen Wegen und in natürlicher Abgeschiedenheit liegen; die mehr öffentlichkeitsorientierten sollten an lebhaften Straßen mit vielen Passanten liegen und relativ ausgesetzt sein. Die „dazwischen" in mittlerer Lage an den Verbindungswegen liegen. Gib jeder Nachbarschaft etwa gleichviel von diesen drei Wohntypen.

Eine Muster Sprache 36 ABSTUFUNGEN DER ÖFFENTLICHKEIT 1

 

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Zieh dieses Muster zur Unterscheidung der Häuser sowohl in Nachbarschaften wie in Hausgruppen heran. Innerhalb einer Nachbarschaft leg die dichteren Hausgruppen an die lebhafteren Straßen - WOHNHÜGEL (39), REIHENHÄUSER (38) -, die -weniger dichten Gruppen dagegen in das Hinterland - HAUSGRUPPE (37), REIHENHÄUSER (38). Die lebhaften Straßen selbst sollten entweder FUSSGÄNGERSTRASSEN (100) oder ERHÖHTE GEHWEGE (55) entlang Hauptstraßen sein; im Hinterland GRÜNE STRASSEN (51) oder schmale Wege mit deutlicher FORM VON WEGEN (121). Wo lebhafte Straßen erwünscht sind, vergewissere dich, daß die Wohndichte hoch genug ist, damit die Lebhaftigkeit entsteht - FUSSGÄNGERDICHTE (123) ...

 

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035.0

... die Mischung der Haushalte in einem Gebiet ist fast wichtiger als alles andere bei der Entstehung oder beim Mißlingen der IDENTIFIZIERBAREN NACHBARSCHAFT (14), der HAUSGRUPPE (37), der GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN (41) oder ganz allgemein des LEBENSZYKLUS (26). Die Frage ist, welche Art der Mischung sollte eine gut ausgeglichene Nachbarschaft enthalten?

 

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Keine Stufe im Lebenszyklus genügt sich selbst.

 

Menschen brauchen Unterstützung und Bestätigung von Menschen, die eine andere Stufe im Lebenszyklus erreicht haben. Gleichzeitig brauchen sie Unterstützung von Menschen, die auf derselben Stufe stehen wie sie selbst.

Die Bedürfnisse, die zur Trennung führen, überwiegen jedoch die Bedürfnisse nach Mischung. Gegenwärtige Wohnmuster neigen dazu, verschiedene Haushaltstypen voneinander abzusondern. Da gibt es weite Gebiete von Häusern mit zwei Schlafzimmern, andere Gebiete mit Atelierwohnungen mit einem. Schlafzimmer, wieder andere mit Häusern mit drei oder Vier Schlafzimmern. Das bedeutet entsprechende, nach Typen getrennte Gebiete von Alleinstehenden, Paaren und Familien mit Kindern.

Die Auswirkungen dieser Haushaltssegregation sind tiefgehend. Im Muster LEBENSZYKLUS (26) haben wir dargelegt, daß die normale Entwicklung durch die verschiedenen Lebensstufen auf jeder Stufe den Kontakt mit Menschen und Institutionen aus allen anderen menschlichen Lebensaltern braucht. Solcher Kontakt wird völlig vereitelt, wenn die Mischung der Wohungstypen in der Nachbarschaft einseitig in Richtung auf eine oder zwei Lebensstufen verschoben ist. Wenn dagegen die Ausgewogenheit der Lebenszyklen sich auf verschiedene, in der Nachbarschaft verfügbare Haustypen stützen kann, entstehen ganz konkrete Kontaktmöglichkeiten. Jede Person kann im täglichen Leben der Nachbarschaft zumindest eine vorübergehende Beziehung zu Menschen aller Lebensstufen finden. Teenager sehen junge Paare, alte Leute beobachten die ganz Jungen,

Alleinstehende finden eine Stütze in großen Familien, Junge suchen ihre Vorbilder unter Menschen mittleren Alters usw.: das alles zusammen ist ein Medium, durch das Menschen ihren Weg durchs Leben erfühlen.

Dieses Bedürfnis nach einer Mischung der Haushalte muß dem anderen Bedürfnis entgegengestellt werden: mit Leuten zusammen zu sein, die einem in Alter und Lebensart ähnlich sind. Diese beiden Bedürfnisse zusammengenommen, welche Mischung der Haushalte ergibt das richtige Gleichgewicht?

Das richtige Gleichgewicht kann direkt aus der Statistik der Region abgeleitet werden. Zunächst bestimm den Prozentsatz jeder Haushaltstype für die ganze Region; sodann nimm dieselben Prozentsätze als Richtmaß für die allmähliche Entstehung der Mischung der Wohnbautypen in der Nachbarschaft. Wenn z. B. 40% der Haushalte in einer Großstadtregion Familien sind, 25% Paare, 20% Alleinstehende und 10% Gruppenhaushalte, dann sollte man für jede Nachbarschaft erwarten, daß sie ungefähr die entsprechende Verteilung von Haustypen aufweist.

Fragen wir uns schließlich, wie groß die Gruppe sein soll, auf die die Mischung angewandt wird. Man könnte versuchen, die Mischung in jedem Wohnhaus herzustellen (das ist offensichtlich absurd), oder in jeder Gruppe von einem Dutzend Häusern, oder in jeder Nachbarschaft, oder bloß in jeder Stadt (letzteres hat wohl keine merkbare Wirkung). Wir glauben, daß die Mischung nur funktionieren wird, wenn die betreffende Gruppe klein genug ist, um inneren politischen und menschlichen Austausch zu haben — das könnte eine Gruppe von einem Dutzend Familien sein oder eine Nachbarschaft von 500 Einwohnern.

 

Daraus folgt:

Fördere die Entwicklung zu einer Mischung von Haushaltstypen, und zwar in jeder Nachbarschaft und jeder Hausgruppe, sodaß Ein-Personen-Haushalte, Paare, Familien mit Kindern und Gruppenhaushalte nebeneinander leben.

Eine Muster Sprache 34 UMSTEIGESTELLE

 

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Sorg besonders für Vorkehrungen für alte Leute in jeder Nachbarschaft - ÜBERALL ALTE MENSCHEN (40). Aber kleine Kinder müssen auch in dieser Mischung genügend Spielgefährten haben - SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN (68). Um die Mischung zu festigen, richte die Bauformen nach den einzelnen Arten der Haushalte, entsprechend den betreffenden genaueren Mustern - DIE FAMILIE (75), HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE (76), HAUS FÜR EIN PAAR (77), HAUS FÜR EINE PERSON (78) ....

 

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