EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 

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... auch wenn es öffentliche und private Freiflächen bei den einzelnen Gebäuden gibt - GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN (67), DAS EIGENE HEIM (79) -, ist dadurch nicht sichergestellt, daß dort Tiere gedeihen können. Das folgende Muster trägt zur Ausbildung von GRÜNEN STRASSEN (51) und GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN (67) bei. Es verleiht ihnen jene Qualität, die das Leben von Tieren möglich macht.

 

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Tiere sind ein ebenso wichtiger Bestandteil der Natur wie Bäume, Gras und Blumen. Außerdem gibt es Hinweise darauf, daß der Kontakt mit Tieren in der emotionalen Entwicklung eines Kindes eine lebenswichtige Rolle spielen kann.

 

Während nun weithin akzeptiert wird, daß „Parks" notwendig sind - jedenfalls ein Zugang zu irgendeiner Art Freiraum, wo Bäume, Gras und Blumen wachsen -, sind wir in unserer Erkenntnis noch nicht so weit, was Schafe, Pferde, Kühe, gen, Vögel, Schlangen, Hasen, Rehe, Hühner, Wildkatzen, Möven, Ottern, Krebse, Fische, Frösche, Käfer, Schmetterlinge und Ameisen betrifft.

Arm Dreyfus, eine Familientherapeutin in Kalifornien, erzählte uns über die Hilfe, die Tiere wie Ziegen und Hasen in de Kindertherapie darstellen. Sie fand heraus, daß Kinder, die keinen Kontakt mit Menschen finden, trotzdem fähig sind, Kontakt mit diesen Tieren herzustellen. Wenn das einmal geschehen ist und Gefühle wieder zu strömen beginnen, wächst die Fähigkeit der Kinder zum Kontakt wieder und breitet sich schließlich auf Familie und Freunde aus.

In den Städten gibt es aber fast keine Tiere. Grob gesprochen gibt es in einer Stadt nur drei Arten von Tieren: Haustiere Ungeziefer und Tiere im Zoo. Keine dieser drei bietet die. emotionale Nahrung oder die ökologischen Zusammenhänge um die es geht. Haustiere sind zwar nett, aber so vermenschlicht, daß sie kein eigenständiges, freies Wildleben haben. Und sie geben einem menschlichen Wesen wenig Gelegenheit, die Tierhaftigkeit eines Tiers zu erfahren. Ungeziefer - Ratten, Schaben - ist eine Besonderheit von Städten und hängt ökologisch mit elenden und desorganisierten Zuständen zusammen, sodaß sie natürlicherweise als Feinde betrachtet werden. Tiere im Zoo sind für den größten Teil der Bevölkerung unzugänglich - außer als gelegentliche Kuriositäten. Außerdem kann man sagen, daß Tiere, die unter den Bedingungen eines Zoos leben, im wesentlichen psychotisch sind - nämlich in ihrer Lebensweise völlig gestört -, sodaß wahrscheinlich schon die Haltung im Zoo ein Fehler ist - sicher können diese Tiere in keiner Weise die in den Städten fehlende Verbindung zum Leben mit Tieren wiederherstellen.

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 Hineinschauen oder hinausschauen - wo ist da der Unterschied?

 

Es ist durchaus möglich, Tiere in die natürliche Ökologie von Städten nützlich und sinnvoll wieder einzugliedern, wenn man Maßnahmen setzt, die das erlauben, ohne Mißstände zu schaffen.

Beispiele von ökologisch nützlichen Tieren in einer Stadt: Pferde, Ponys, Esel - für lokalen Transport und Sport. Schweine - zur Abfallverwertung und zur Gewinnung von Fleisch. Enten und Hühner - zur Gewinnung von Eiern und Fleisch. Kühe wegen der Milch. Ziegen - Milch. Bienen - Honig und Bestäubung von Obstbäumen. Vögel - um Insekten in Maßen zu halten.

Im wesentlichen sind zwei Schwierigkeiten zu überwinden. (1) Viele dieser Tiere sind durch Gesetze aus den Städten :verbannt, weil sie den Verkehr stören, Mist auf den Straßen lassen und Krankheiten übertragen. (2) Viele der Tiere können ohne Schutz unter den Bedingungen moderner Städte nicht überleben. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, muß man bestimmte Vorkehrungen treffen.

 

Daraus folgt:

Triff gesetzliche Vorkehrungen, die den Leuten er-Triff gesetzliche Vorkehrungen, die den Leuten er-lauben, auf privatem Grund oder in privaten Ställen beliebig Tiere zu halten. Schaff eine eingezäunte und geschützte Gemeinschaftsfläche mit Gras, Bäumen und Wasser darin, wo Tiere frei weiden können. Leg in jeder Nachbarschaft mindestens ein Wegsystem völlig asphaltfrei an - wo frei gefallener Mist nicht beseitigt werden muß.

 Eine Muster Sprache 74 TIERE

 

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Sorg dafür, daß die Grünbereiche - GRÜNE STRASSEN (51), ERREICHBARE GRÜNFLÄCHEN (60) - untereinander verbunden sind und die ganze Stadt ein kontinuierliches Band für Haus. und wildlebende Tiere bilden. Leg die Freifläche für Tiere. in die Nähe eines Kinderhauses und in die Nähe der örtlichen Schulen, sodaß Kinder die Tiere betreuen können - KINDER HAUS (86); wenn es viel Mist gibt, sorg dafür, daß er ..zum Düngen verwendet wird - KOMPOST (178). ...

 

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... innerhalb der lokalen Nachbarschaft, auch wenn Gerneinschaftsflächen vorhanden sind, auf denen Kinder sich treffen und miteinander spielen können — GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN: (67), SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN (68) —, ist es wesentlich, daß, es zumindest einen kleineren Bereich gibt, der sich unterscheidet — wo das Spiel wilder ist und wo die Kinder allen möglichen Kram finden können.

 

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Eine Burg, die Kinder für sich selbst aus Kartons, Steinen und alten Zweigen gemacht haben, ist mehr wert als tausend detailreiche und perfekt hergestellte Burgen aus einer Fabrik.

 

Spielen hat viele Funktionen: Es gibt Kindern eine Gelegenheit zum Zusammenleben, ihre Körper zu gebrauchen, Muskeln aufzubauen und ihre Geschicklichkeit auszuprobieren. Vor allem aber ist Spielen eine Funktion der Phantasie. Im Spiel bewältigt ein Kind sein Wachstum, baut Spannungen ab und erforscht die Zukunft. Im Spiel reflektiert es unmittelbar die Probleme und Freuden seiner sozialen Wirklichkeit. Durch die Abenteuer der Phantasie, die wir Spiel nennen, kommen Kinder mit der Welt zurecht, ringen mit den Bildern, die sie von, ihr haben, und verändern diese Bilder ständig.

Jede Art Spielplatz, der die Rolle der Phantasie stört und einschränkt und das Kind passiver macht, ihm die Phantasie von jemand anderen aufdrängt, mag sauber, sicher und gesund sein, kann aber gerade das fundamentale Bedürfnis, um das es sich beim Spiel handelt, nicht befriedigen. Das ist schlicht Zeit und Geldverschwendung. Spielparks mit abstrakten Skulpturen sind genauso schlecht wie Asphaltplätze und Klettergerüste. Sie sind nicht bloß steril, sie sind wertlos. Ihre Funktionen haben mit den grundlegendsten Bedürfnissen des Kindes nichts zu tun.

Diesem Bedürfnis nach abenteuerlichem und phantasievollem Spielen kann man in kleinen Städten und am Land geschickt entgegenkommen, wo Kinder eine reichhaltige Umwelt und Zugang zu Rohmaterialien und Leerräumen haben. In Großstädten ist das aber ein dringendes Anliegen geworden. Privates Spielzeug und Asphaltspielplätze schaffen nicht die ;Bedingungen für diese Art von Spiel.

Die grundlegende Arbeit zu diesem Problem stammt von Lady Allen of Hurtwood. In einer Reihe von Projekten und Publikationen hat Lady Allen während der letzten zwanzig Jahre den Begriff des Abenteuerspielplatzes für Städte entwickelt, und wir verweisen den Leser hauptsächlich auf ihre Arbeit ...(siehe z.B. ihr Buch Planning for Play, Cambridge, Mass., MIT Press, 1968). Wir halten ihr Werk für so substanziell, daß es in sich das wesentliche Muster für Nachbarschaftsspielplätze darstellt.

 

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"Spielen verboten"

Colin Ward hat eine ausgezeichnete Rezension geschrieben: „Adventure Playgrounds: A Parable of Anarchy", Anarchy 7, :September 1961. Hier ist die Beschreibung des Grimsby-Spielrplatzes aus dieser Rezension:

Am Ende jedes Sommers sägen die Kinder ihre Hütten und Buden zu Brennholz, das sie in sagenhaften Mengen alten Pensionisten ins Haus bringen. Im Frühling, wenn sie anfangen zu bauen, „gibt es nur "ein Loch im Boden — da kriechen sie hinein". Allmählich entstehen statt der Löcher zweistöckige Hütten. Ähnlich geht es mit den Aufschriften an ihren Hütten. Zuerst werden Schilder mit „Kein Zutritt" angenagelt. Dann kommen mehr persönliche Namen wie „Wahnsinnshöhle" und „Totenhöhle", am Ende des Sommers haben sie aber gemeinschaftliche Namen wie „Krankenhaus" oder „Grundstücksverwalter". Es gibt ständig, wechselnde Tätigkeiten, die allesamt der Phantasie und der Unternehmungslust der Kinder entstammen...

 

Daraus folgt:

Errichte in jeder Nachbarschaft einen Kinderspielplatz. Keinen fertigen Spielplatz mit Asphalt und Schaukeln, sondern einen Ort mit allen Arten von Rohmaterialien - Netzen, Kisten, Fässern, Bäumen Seilen, einfachen Werkzeugen, Gestellen, Gras und Wasser -, wo Kinder auf eigene Faust Spielplätze schaffen und wieder neu schaffen können.

 Eine Muster Sprache 73 ABENTEUERSPIELPLATZ 1

 

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Sorg dafür, daß der Abenteuerspielplatz in der Sonne liegt SONNIGE STELLE (161); mach harte Oberflächen für Fahrräder Karren, Spielzeuglastwagen und Handwagen, aber auch weiche Oberflächen für das Spielen mit Schlamm und für da§ Bauen von irgend etwas - RADWEGE UND STÄNDER (56), WILD WACHSENDER GARTEN (172), HÖHLEN FÜR KINDER (203) und mach eine deutliche und feste Grenze mit einer GARTENMAUER (173) oder einer SITZMAUER (243) ...

 

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072.0

... alle Orte, wo Menschen leben und arbeiten — besondere die GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN (41) und die Orte, die durch Vorsorgeprogramme von GESUNDHEITSZENTREN (47) betreut sind — müssen durch Einrichtungen für Sport und Training ergänzt werden. Das folgende Muster beschreibt Art und Verteilung dieser Einrichtungen. 

 

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Der menschliche Körper nutzt sich durch Gebrauch nicht ab. Im Gegenteil, er nutzt sich ab, wenn er nicht gebraucht wird.

 

In einer bäuerlichen Gesellschaft gebrauchen die Menschen ihren Körper täglich auf die verschiedenste Art. In einer städtischen Gesellschaft gebrauchen die meisten Leute ihren Geist nicht aber ihren Körper; oder sie gebrauchen ihren Körper nur, in einer bestimmten Routine. Das ist verheerend. Es gibt breites empirisches Beweismaterial dafür, daß physische Gesundheit von täglicher physischer Aktivität abhängt.

Der wahrscheinlich eindrucksvollste Beweis für die Unausgeglichenheit unserer Lebensweise ist der Vergleich der Todesra-ten von Gruppen, deren Leben tägliche physische Aktivität einschloß, mit solchen, wo das nicht der Fall war. Beispielsweise starben in der Altersgruppe 60 bis 64 1% der Männer in der Kategorie schwerer körperlicher Tätigkeit während des folgenden Jahres, dagegen 5% aus der Gruppe ohne körperliche Tätigkeit. (Siehe P. B. Johnson u. a., Physical Education, A Problem Solving Approach to Health and Fitness, University of Toledo, Holt, Rinehart and Winston, 1966.)

Nur in wenigen modernen Gesellschaften werden diese Tatsachen ernst genommen. Man denkt an China und Kuba. In diesen Gesellschaften arbeiten die Leute sowohl mit ihren Händen als auch mit ihrem Kopf. Der Arbeitstag umfaßt beide Arten von Fähigkeiten. Ärzte können sowohl Häuser bauen wie ordinieren; Bauarbeiter nehmen oft an administrativen Sitzungen teil.

Wenn eine Gesellschaft diese Stufe erreicht hat, tritt die generelle Atrophie des menschlichen Körpers nicht ein. Aber in jeder Gesellschaft, die das nicht erkannt hat, müssen als Zwischenlösung Gelegenheiten zur physischen Aktivität so verteilt sein, daß sie bei der Hand sind, nämlich um die Ecke, beiledern Haus und jedem Arbeitsplatz. Kleine offene Flächen, Schwimmbecken, Turnhallen, Spielfelder müssen so oft anzutreffen sein wie Lebensmittelgeschäfte und Gasthäuser.

Eine Muster Sprache 72 LOKALER SPORT

Man lebt wahrscheinlich länger, wenn man regelmäßig Bewegung macht (Graphik frei nach E. G. Hammond, „Some Preliminary Findings an Physical Complaints from a Prospective Study of 1,064.000 Men and Women",Anierican Journal of Public Health, 54 : 11, 1964).

 

Im Idealfall würde der lokale Sport natürlicher Bestandteil .jeder Nachbarschaft und jeder Gemeinschaft von Arbeitsstätten sein. Wir stellen uns diese Einrichtungen als nicht gewinnorientierte Zentren vor, die von den Benutzern unterhalten werden,1.incl vielleicht mit einem Gesundheitsvorsorgeprogramm verbunden sind, wie das Schwimmen und Tanzen im Pioneer Health Center in Peckham — siehe GESUNDHEITSZENTRUM (47).

Der Sport hat auch ein besonders Eigenleben, das nicht durch andere Tätigkeiten ersetzt werden kann. Einen Ball hin und her werfen, schreien, einen haushohen Sieg erringen, ein lang hingezogenes Spiel verlieren, einen scharfen Ball irgendwie am Netz zurückschlagen oder was immer — das sind Momente, die eine Arbeit nicht bieten kann. Sport ist ganz anders; vielleicht befriedigt er das, was E. Hart die psychoemotionelle Komponente der Muskeltätigkeit nennt („The Need for Physical Activity" in S. Maltz, Hrsg., Health Keadings, Wm. Brown Book Company, Iowa, 1968, S. 240). In jedem Fall handelt es sich um eine Art Vitalität, die nicht ersetzt werden kann.

 

Daraus folgt:

Verteil Plätze für Gruppen- und Einzelsport in jeder Verteil Plätze für Gruppen- und Einzelsport in jeder Gemeinschaft von Arbeitsstätten und jeder Nachbar-schaft: Tennis, Squash, Tischtennis, Schwimmen, Biltlard, Basketball, Tanzen, Turnen ...  und mach die Vorgänge für die Vorbeigehenden sichtbar, als Einladung zur Teilnahme.

 Eine Muster Sprache 72 LOKALER SPORT 1

 

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Behandle die Sportplätze als besondere Klasse leicht erkennbarer, einfacher Gebäude, offen, einfach zu betreten, mit Umkleideräumen und Duschen - GEBÄUDEKOMPLEX (95), BADERAUM (144); verbind sie mit öffentlichen Schwimmbädein, wenn solche vorhanden sind - STEHENDES WASSER (71); halt sie für Vorbeigehende offen - PASSAGE DURCHS GEBÄUDE (101), ÖFFNUNG ZUR STRASSE (165) -, und sieh Plätze vor, wo die Leute: stehenbleiben und zuschauen können - PLÄTZE ZUM SITZEN (241), SITZMAUER (243) ...

 

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... die Muster ZUGANG ZUM WASSER (25) und TEICHE UND BÄCHE (64) sehen vielfältige Formen von Wasser in der ganzen Gemeinde vor. Das folgende Muster trägt zur Verschönerunger stehenden Gewässer bei — der Tümpel, Teiche und Schwimmplätze — und versieht sie mit einer kindersicheren Uferausbildung. Es hilft auch bei der Differenzierung des öffentlichen Raums in HAUSGRUPPE (37), GEMEINSCHAFT VON ARBEITSSTÄTTEN (41), GESUNDHEITSZENTRUM (47), GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN (67), LOKALER SPORT (72)

 

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Um mit dem Wasser in Berührung zu kommen, müssen wir vor allem Gelegenheit zum Schwimmen haben; um täglich Schwimmen zu können, müssen Teiche und Wasserlöcher so in der ganzen Stadt verstreut sein, daß jede Person eine Schwimmgelegenheit binnen Minuten erreichen kann.

 

In TEICHE UND BÄCHE (64) wurde bereits erklärt, wie wichtig der Kontakt mit Wasser ist — und wie das in einem Gebiet vorhandene Wasser, wenn es offen belassen wird, einen natürlichen Bestandteil der alltäglichen Ökologie einer Gemeinde bilden kann.

In diesem Muster gehen wir einen Schritt weiter und legen das Hauptgewicht auf das Schwimmen. Einerseits können Erwachsene nur wirklichen Kontakt mit Wasser haben, wenn sie darin schwimmen. Deshalb muß das Wasservolumen groß und tief genug zum Schwimmen sein. Andererseits wirken die stark gechlorten privaten, mit Mauern oder Zäunen umschlossenen Schwimmbecken, die sich in reichen Vorstädten eingebürgert haben, genau gegen jene Kräfte, die wir in TEICHE UND BÄCHE (64) beschrieben haben. Sie sind so privat und so antiseptisch, daß sie die Berührung des Wassers fast bedeutungslos machen. Das bedeutet, daß sozusagen in jedem Block eine Schwimmgerlegenheit sein muß, in jeder Hausgruppe, in jeder Nachbarschaft.

In diesem Muster werden wir deshalb versuchen, ein Beispiel für eine Art „Wasserloch" zu erstellen: öffentlich, sodaß es eine Einrichtung der Gemeinde wird und nicht eine private; sicher, sodaß dieses öffentliche Gewässer zum Schwimmen tief genug sein kann, ohne für kleine Kinder, die am Ufer spielen, gefährlich zu sein.

Durch Millionen von Jahren sind Kinder an den Ufern von Meeren, Flüssen und Seen völlig sicher aufgewachsen. Warum ist ein Schwimmbecken so gefährlich? Die Antwort liegt in der Randausbildung.

  

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 ... der Rand ...

 

In der Regel ist die natürliche Kante zwischen Wasser und Ufer durch einen langsamen, laufenden Übergang gekennzeichnet. Im Wasser gibt es eine charakteristische Abfolge von Änderungen in Materialien, Oberflächen - überhaupt im Lebensraum. Die Folgen dieses Übergangs für den Menschen sind bedeutsam: Er kann das Ufer unbekümmert entlanggehen, ohne auf seine Sicherheit zu achten; er kann man Rand sitzen und die Füße ins Wasser halten oder knöcheltief entlangwaten.

Spielen im Wasser ist für Kinder ungefährlich, wenn der; Rand verlaufend ist. Und ein Kind, das in einen See kriecht, erlebt keine plötzlichen Überraschungen; es hält inne, wenn das-Wasser zu tief wird und kriecht wieder zurück. Man hat sogar herausgefunden, daß Kinder einander das Schwimmen lehren, wenn sie ungehindert rund um einen tiefen Teich mit stark, abgeflachtem Ufer spielen können. An solchen Teichen lernen manche Kinder sogar früher schwimmen als gehen. Selbst die Felsen eines Steilrandes an einem See mit Felsufer sind nicht: sehr überraschend - weil der Sandboden am Ufer erst weiter im Wasser von Felsen abgelöst wird, die nicht mehr flach sind und eine andere Textur aufweisen, bevor man an die steile Kante kommt.

Ein Schwimmbecken dagegen, wie jede Art von Wasser mit einem harten und künstlichen Rand, hat keine solchen Übergänge. Ein Kind kann am Rand mit voller Geschwindigkeit laufen und — platsch — sich plötzlich in zwei Meter tiefem Wasser finden.

Der abrupte Rand, für Kinder äußerst gefährlich, hat auch seine psychologischen Wirkungen auf Erwachsene. Obwohl sie nicht tatsächlich durchs Ufer gefährdet sind — da sie dessen Gefahren kennen —, ist das Vorhandensein einer ökologisch falschen Abruptheit beunruhigend. Sie zerstört den Frieden und die Ruhe, die Wasser oft ausstrahlt.

Es ist daher entscheidend, daß jedes Ufer, ob an einem Teich, .einem See, einem Schwimmbecken, einem Fluß oder einem ::Kanal so gemacht wird, daß es eine natürliche Neigung hat, die Wechselt, wenn man zum Ufer kommt, und weiter zunächst ins Seichte und dann ins allmählich tiefer werdende Wasser führt. Natürlich braucht man auch tiefes Wasser zum Schwimmen; aber der Rand des tiefen Wassers darf nicht direkt zugänglich sein. Stattdessen sollte der Rand um das tiefe Ende durch eine Mauer oder einen Zaun geschützt sein; man könnte dort Inseln bauen, zu denen man schwimmen und von denen aus man tauchen kann.

 

Daraus folgt:

Sorg in jeder Nachbarschaft dafür, daß es stehendes Wasser zum Schwimmen gibt — einen Teich, ein Schwimmbecken. Mach das Becken zu allen Zeiten öffentlich zugänglich, leg den Zugang aber nur auf die seichte Seite des Beckens und laß es von dort allmählich tiefer werden — beginnend bei einer Tiefe von einigen Zentimetern.

 Eine Muster Sprache 71 STEHENDES WASSER

 

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Richte womöglich das Becken als Teil eines natürlichen Fließsystems ein, so daß es sich selbst reinigt und nicht mit Chlor behandelt werden muß — TEICHE UND BÄCHE (64). Setz das Becken der Südsonne aus — AUSSENRAUM NACH SÜDEN (105), Bereichere das Ufer womöglich durch einen kleinen Außenraum oder eine Pergola, wo man sitzen und zuschauen kann — ÖFFENTLICHES ZIMMER IM FREIEN (69), LAUBENWEG (174), SITZMAUER (243) ...

 

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