95 GEBÄUDEKOMPLEX **

 

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... dieses Muster, das erste der 130 Muster, die sich speziell mit Gebäuden befassen, ist der Engpaß, durch den alle Sprachen jeweils hindurch müssen, wenn sie von den allgemeinen Lageskizzen der früheren Muster zu den kleineren Mustern, die individuelle Räume definieren, fortschreiten.

Nehmen wir an, man hat sich zum Bau eines bestimmten Gebäudes entschlossen. Die sozialen Gruppen oder Institutionen,die in diesem Gebäude untergebracht werden sollen, sind gegeben - teilweise durch den besonderen Fall, teilweise vielleicht durch frühere Muster. Nun liefern dieses und das nächste Muster - ANZAHL DER STOCKWERKE (96) - die Grundlage für den Zuschnitt des Gebäudes auf dem Grundstück Dieses Muster zeigt in groben Zügen, wie das Gebäude aufzuteilen ist.ANZAHL DER STOCKWERKE (96) hilft bei der Entscheidung über die Höhe der einzelnen Teile. Man sieht, daß diese beiden Muster gemeinsam zu verwenden sind.

 

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Ein Gebäude kann nicht menschen gerecht sein,wenn es nicht ein Gefüge aus kleineren Gebäuden oder kleineren Teilen ist, die seine eigenen, inneren sozialen Wirklichkeiten offenbaren.

Ein Gebäude ist ein sichtbarer, konkreter Ausdruck einer sozialen Gruppe oder Institution. Und da jede soziale Institution kleinere Gruppen und Institutionen enthält, wird ein menschengerechtes Gebäude sich niemals als Monolith, sondern stets als ein komplexes Gefüge aus kleineren, ihrerseits wieder konkret ausgedrückten Institutionen darstellen.

Eine Familie besteht aus Paaren und Gruppen; in einer Fabrik gibt es Arbeitsteams; in einem Rathaus gibt es Ressorts, innerhalb der Ressorts Abteilungen und innerhalb dieser Abteilungen Arbeitsgruppen. Ein Gebäude, das in seinem Gefüge diese Unterteilungen -und Gliederungen zeigt, ist ein menschengerechtes Gebäude - weil es uns erlaubt, entsprechend den Gruppierungen von Menschen zu leben. Im Gegensatz dazu verleugnet jedes monolithische Gebäude die Wirklichkeiten seiner eigenen sozialen Struktur, und indem es sie verleugnet, betont es andere, weniger humane Wirklichkeiten und zwingt die Menschen,ihr Leben diesen anzupassen.

Wir haben versucht, dieses Gefühl durch folgende Vermutung zu präzisieren: je monolithischer und je weniger differenziert ein Gebäude ist, desto mehr wird es zu einer unmenschlichen,mechanischen Fabrik. Und wenn Organisationen in riesigen,undifferenzierten Gebäuden untergebracht sind, identifizieren sich die Leute nicht mehr mit den Mitarbeitern als Personen, sondern denken nur an die Institution als unpersönlichen Monolith,besetzt mit Personal. Kurz, je monolithischer das Gebäude ist,desto mehr hindert es die Leute an persönlichem Verhalten und an Kontakt mit anderen Leuten im Gebäude.

Bis jetzt stammt unser stärkster Beleg für diese Vermutung von einer Umfrage unter Besuchern öffentlicher Amtsgebäude in Vancouver, British Columbia. (Preliminary Program Jor MassingStudies, Document 5: Visitor Survey, Environmental Analysis Group, Vancouver, B. c., August 1970.) Zwei Arten von öffentlichen Amtsgebäuden wurden untersucht - alte, dreistöckige Gebäude und riesige, moderne Bürogebäude. Die Reaktion von Besuchern der kleinen Gebäude und die von Besuchern der großen Gebäude'waren außerordentlich verschieden. Die Leute,die in die kleinen Gebäude gingen, erwähnten zumeist die freundlichen und kompetenten Mitarbeiter als den entscheidenden Faktor ihrer Zufriedenheit mit dem Service. In vielen Fällen konnten die Besucher sogar Namen angeben und die Menschenbeschreiben, mit denen sie zu tun gehabt haben. Besucher der großen Bürogebäude dagegen ,erwähnten die Freundlichkeit und Fachkundigkeit der Belegschaft eher selten. Die große Mehrheit dieser Besucher war vom "angenehmen Äußeren und der guten Ausstattung" angetan.

In den Monolithen ist das Erlebnis der Besucher entpersönlicht.Sie denken nicht mehr in erster Linie an die Leute, die sie aufsuchen und an den guten Kontakt, sondern. stellen sich auf das Gebäude und seine Eigenschaften ein. Die Mitarbeiter werden zum "Personal", austauschbar und indifferent, und die Besucher betrachten sie kaum als Menschen - egal ob sie freundlich oder unfreundlich, kompetent oder inkompetent sind.

Aus dieser Untersuchung erfahren :wir auch, daß Besucher großer Gebäude häufig über die "allgemeine Atmosphäre"klagten, ohne bestimmte Probleme anzuführen. Solche Klagen gab es unter den Besuchern der kleineren Gebäude nicht. Es ist,als würden die Monolithe bei den Leuten eine Art freischwebender Angst verursachen: der Ort "hat eine schlechte Ausstrahlung",aber es ist schwer zu sagen warum. Vielleicht ist die Ursache des Unbehagens so einfach - das Haus ist zu groß,es ist schwer zu erfassen, die Leute fühlen sich wie in einem Bienenschwarm -, daß es den Leuten peinlich ist, es gerade heraus zu sagen. C,Wenn es so einfach ist, muß ich unrecht haben schließlich gibt es so viele von diesen Gebäuden.")

Wie dem auch sei, wir verwenden dieses Material, um aufeine tiefe Unzufriedenheit mit der menschlichen Umwelt in den riesigen undifferenzierten Bürogebäuden hinzuweisen. Die Gebäude prägen 'sich uns als Dinge ein: als Objekte, als Gebrauchsgegenstände;sie lassen uns die Menschen darin als Menschen vergessen; wenn wir jedoch diese Gebäude benützen,klagen wir vage über die "allgemeine Atmosphäre".

Es scheint also, daß der Grad, bis zu welchem ein Gebäude in sichtbare Teile gegliedert ist, tatsächlich die menschlichen Beziehungen unter den Leuten innerhalb des Gebäudes beeinflußt. Und wenn' ein Gebäude aus psychologischen Gründen aufgeteilt werden muß, dann scheint es keinen anderen natürlichen Weg zu geben, es zu zerlegen, als den, den wir vorgeschlagen haben: nämlich, daß die verschiedenen Institutionen,Gruppen, Untergruppen, Tätigkeiten in der konkreten Gliederung des physischen Gebäudes sichtbar sind, weil sich die Leute nur dann voll mit den Menschen im Gebäude identifizieren können, weil das Gebäude ein Gebäudekomplex ist.

Eine gotische Kathedrale ~ gewiß ein gewaltiges Gebäude -ist ein Beispiel eines Gebäudekomplexes. Ihre verschiedenen Teile, der Turm, das Seitenschiff, das Hauptschiff, der Chor, das Westtor, sind ein genaues Abbild der sozialen Gruppen - der Gemeinde, des Chors, des Hochamts usw.

Und selbstverständlich ist eine Gruppe von Hütten in Afrika und selbstverständlich ist eine Gruppe von Hütten in Afrika ebenfalls menschengerecht, denn auch sie ist ein Komplex von Gebäuden, nicht ein riesiges Gebäude für sich allein.Bei Gebäudekomplexen in dichter Bebaung besteht der einfachste Weg, ihre menschlichen Teile ablesbar zu machen, darin,sie aus Einzelgebäuden mit schmalen Fronten zusammenzusetzen,jedes mit eigener innerer Stiege. Das ist die Grundstruktur des städtischen Reihenhauses.

 

Daraus folgt:

Bau niemals große, monolithische Gebäude. Wo immer möglich, übersetz dein Raumprogramm in einen Gebäudekomplex, dessen Teile die konkreten sozialen Wirklichkeiten wiedergeben. Bei niedrigen Dichten kann ein Gebäudekomplex die Form einer Ansammlung kleiner Gebäude annehmen, die durch Arkaden,Wege, Brücken, gemeinsame Gärten und Mauern verbunden sind.

Bei höheren Dichten kann ein einzelnes Gebäude als Gebäudekomplex behandelt werden, indem seine wichtigen Teile - obwohl immer noch Teil seines dreidimensionalen Gefüges - herausgelöst und ablesbar gemacht werden.

Selbst ein kleines Gebäude, ein Haus etwa, kann als"Gebäudekomplex" verstanden werden - vielleicht hat es einen höheren Teil, mit Seitenflügeln und einen angebauten Schuppen

 

Eine Muster Sprache   95 GEBÄUDEKOMPLEX

 

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Bei den höchsten Dichten, bei drei oder vier Stockwerken und entlang von Fußgängerstraßen, teil die Gebäude in schmale,hohe Einzelgebäude auf, Wand an Wand, jedes mit eigener innerer (oder äußerer) Stiege. Bestehe soweit wie möglich darauf, daß eines nach dem anderen, gebaut werden, so daß jedes Zeit hat, sich an den Nachbarn anzupassen. Bleib bei geringen Frontlängen von 7-8 m - LANGES, SCHMALES HAUS(109), GEBÄUDEFRONTEN (122); HAUPTEINGANG (110) und vielleicht auch ein Teil einer ARKADE (119) als Verbindung zu Nachbargebäuden.

Ordne die Gebäude im Komplex so an, daß sie aufeinanderfolgende Bereiche bilden - ORIENTIERUNG DURCH BEREICHE (98);mach eines der Gebäude zum Hauptgebäude - die natürliche Mitte des Grundstücks - HAUPTGEBÄUDE (99); leg die einzelnen Gebäude genau dorthin, wo das Grundstück am wenigsten schön und am wenigsten gesund ist - VERBESSERUNG DES BAUPLATZES(104); und ,Stell sie immer in den Norden des jeweiligen Freiraums, damit die Gärten sonnig bleiben - AUSSENRAUM NACH SÜDEN (105); unterteil sie weiter in schmale, höchstens 7-10 m breite Flügel - GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT (107).Was die Konstruktion betrifft, fange an mit DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205) ....

 

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