225 GERAHMTE ÖFFNUNGEN **
... nehmen wir an, daß die Pfeiler und Balken stehen und die genaue Position der Türen und Fenster mit Schnüren oder Bleistiftstrichen markiert ist - TÜREN UND FENSTER NACH BEDARF (221). Nun können die Rahmen gebaut werden. Dabei sollte nicht vergessen werden, daß ein richtig gemachter Rahmen mit der umgebenden Wand ein Kontinuum bilden muß, so daß er die Konstruktion des Gebäudes unterstützt - RATIONELLE KONSTRUKTION (206), ERST LOSE, DANN STARR (208).
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Jede homogene Schale, die Öffnungen hat, neigt dazu, an diesen Öffnungen zu brechen, wenn die Ränder der Öffnungen nicht durch Verdickungen verstärkt werden.
Das beste Beispiel für dieses Prinzip ist das Gesicht des Menschen selbst. Sowohl die Augen als auch der Mund sind von zusätzlichem Fleisch und von Knochen umgeben. Genau diese Verstärkung um Augen und Mund herum verleiht ihnen ihren speziellen Charakter und trägt dazu bei, daß sie so wichtige Teile der menschlichen Physiognomie werden.
Auch Gebäude haben Augen und Mund: in Form von Fenstern und Türen. Und ganz nach dem Prinzip der Natur werden die Fenster und Türen fast jedes Gebäudes durch die gleiche Art von Verstärkung, die wir bei Augen und Mündern finden, sorgfältig herausgearbeitet und zu etwas Besonderem gemacht.
Die Tatsache, daß Öffnungen in natürlich vorkommenden Schalen immer verstärkt sind, läßt sich leicht erklären, wenn man bedenkt, wie die Kraftlinien in der Schale um das Loch herum verlaufen müssen.
Die zunehmende Dichte der Kraftlinien um den Rand des Lochs erfordert den Einsatz von zusätzlichem Material, damit die Schale nicht reißt.
Stellen wir uns eine Seifenblase vor. Sticht man sie an, wird sie durch die Spannung zerrissen und löst sich auf. Hängt man sie jedoch an einem ringförmigen Faden auf, dann hält das Loch, weil die um die Öffnung herum konzentrierten Zugkräfte durch den dickeren Ring aufgenommen werden. Hier sind es Zugkräfte; das gleiche gilt aber auch für Druck und Knickung. Wenn in eine dünne, druckbeanspruchte Platte ein Loch gebohrt wird, braucht dieses Loch eine Versteifung. Man muß verstehen, daß diese Versteifung nicht nur die Öffnung selbst vor Zerstörung bewahrt, sondern jene Spannungen aufnimmt, die sich normalerweise in dem Teil der Schale, der jetzt fehlt, verteilen würden. Bekannte Beispiele solcher Versteifungen in Platten sind die um die Luken eines Schiffes oder einer Lokomotive herum liegenden Stahlränder.
Eine Türumrahmung als Verstärkung.
Das gleiche gilt für Türen und Fenster in einem Gebäude. Werden die Wände aus Holzplanken und Leichtbeton gemacht — siehe WANDSCHALEN (218) —, können die verstärkten Rahmen aus denselben Holzplanken, die so angebracht sind, daß sie eine Ausbuchtung bilden, hergestellt und dann gefüllt werden, sodaß sie mit der Wand eine Einheit bilden.
Verwendet man in der Wandschale eine andere Art von Außenfläche, wird auch die Verstärkung anders sein: Kanten aus Maschendraht, Jute und Kunstharz, die mit Beton gefüllt werden; Kanten aus Maschendraht, die mit Schutt gefüllt und mit Mörtel und Verputz nach bearbeitet werden; Kanten aus Ziegeln, die gefüllt und dann verputzt werden.
Allgemeinere Beispiele für gerahmte Öffnungen gibt es überall in der Welt: die Verdickung des Lehms rund um die Fenster einer Lehmhütte, die Verwendung von Steinumrahmungen für die Öffnungen in einer Ziegelmauer, weil der Stein fester ist, die Verwendung von Doppelstehern um eine Öffnung in einer Riegelkonstruktion, die zusätzlichen Steine rund um die Fenster einer gotischen Kirche oder das zusätzliche Flechtwerk rund um das Loch in einer Basthütte.
Daraus folgt:
Betrachte Tür- und Fensterumrahmungen nicht als separate, starre Konstruktionen, die in Wandöffnungen eingefügt werden. Behandle sie stattdessen als Verstärkungen des Wandgefüges selbst, die dazu dienen, die Wand vor den Spannungen, die um Öffnungen herum entstehen, zu schützen.
Bau die Rahmen entsprechend dieser Überlegung als Verstärkung des Wandmaterials, sodaß sie mit der Wand eine Einheit bilden; mach sie aus dem gleichen Material und gieß oder bau sie so, daß sie mit der Wand konstruktiv zusammenwirken.
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Bei Fenstern schräg die Verstärkung ab, um TIEFE LAIBUNGEN (223) zu schäffen; die Form der Türen und Fenster, die in die Rahmen kommen, ist in den nachfolgenden Mustern angegeben — WEIT AUFGEHENDE FENSTER (236), SOLIDE TÜREN MIT GLAS (237), KLEINE SCHEIBENTEILUNG (239) ....
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