EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 

172.0

... sind die Terrassen angelegt und die Bäume gepflanzt — TERRASSIERTER HANG (169), OBSTBÄUME (170), PLÄTZE UNTER BÄUMEN (171) —, kommen wir zum Garten selbst: zum Boden und zu den Pflanzen. Kurz gesagt, müssen wir entscheiden, welche Form von Garten wir haben wollen, welche Pflanzen dort wachsen sollen und welche Art von Garten sowohl einer kunstvollen als auch einer natürlichen Anlage entspricht.

 

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Ein Garten, der seinen eigenen Gesetzen entsprechend wächst, ist keine Wildnis und dennoch keine völlig künstliche Anlage.

 

Viele Gärten sind künstlich und formal. Die Blumenbeete erinnern an ein Tischtuch mit Blumendekor oder an eine Zeichnung. Der Rasen wirkt wie ein perfekt gestutzter Kunststoffpelz. Die Wege sind so makellos wie frisch polierter Asphalt. De Möbel sind sauber und neu, frisch aus dem Kaufhaus.

Diese Gärten besitzen keine der Eigenschaften, die einen Garten zum Leben erwecken — die Eigenschaften der Wildnis, gezähmt zwar, aber noch immer wild, und trotzdem kultiviert genug, um mit den umliegenden Gebäuden und den Menschen, die sich darin bewegen, eine harmonische Einheit zu bilden. Diese Ausgewogenheit von Wildnis und Kultivierung erlebte in den frühen englischen Gärten eine Blütezeit.

Dort ist alles so angeordnet, daß die angestrebte Beschaffenheit des Gartens durch die natürlichen Vorgänge herbeigeführt, nicht aber verschlechtert wird. So wächst zum Beispiel zwischen den Pflastersteinen Moos und Gras. Ein vernünftig und natürlich angelegter Garten ist so angeordnet, daß er durch diese Entfaltung verbessert und nicht bedroht wird. Bei einem künstlichen Garten muss man sich ständig um diese kleinen Dinge „kümmern" — der Gärtner muß ständig aufpassen, daß er die wachsenden Keime, das Unkraut, die wuchernden Wurzeln und das Wachstum des Rasens immer unter Kontrolle hat.

Bei einem wildwachsenden Garten werden die Pflanzen so gewählt und die Begrenzung so gesetzt, daß sich das Wachstum von selbst regelt. Es muss nicht durch ständige Kontrolle im Zaum gehalten werden. Deswegen muß der Garten lange nicht zu stark verwachsen und das System, nach dem er gepflanzt wurde, zunichte machen. Wenn man beispielsweise unter die Blumen und das Gras natürliche, wilde Pflanzen mischt, bleibt für das sogenannte Unkraut, das die leeren Räume füllt und dann gejätet werden muß, kein Platz mehr. Natürliche Steinränder begrenzen das Gras, sodaß es nicht nötig ist, alle paar Wochen den Rasen zu mähen und die Ränder stutzen. In Höhensprünge kommen kleine oder größere Steine. Zwischen den Steinen werden kleine Felspflanzen angesetzt, damit auch hier kein Unkraut wachsen kann.

Ein wildwachsender Garten ist gedeihlicher und hat ein stabileres Wachstum als ein zurechtgestutzter, künstlicher Garten. Er kann sich selbst überlassen werden und verfällt nicht nach ein oder zwei Saisonen.

Auch den Menschen bietet ein wildwachsender Gärten reichere Erfahrungen. Der Gärtner übernimmt die Rolle eines guten Arztes, der die Natur bei ihrer Entfaltung beobachtet; manchmal eingreift, etwas herausschneidet oder gewisse Arten ausmerzt, und all das nur, damit der Garten mehr Platz zum Wachsen hat und sich immer mehr seiner Natur entsprechend' entwickelt. Gärten hingegen, die mit äußerster Sorgfalt gepflegt werden müssen, versklaven einen Menschen; man kann von ihnen bei weitem nicht soviel lernen.

 

Daraus folgt:

Pflanz Gras, Moos, Büsche, Blumen und Bäume so an, wie sie sich in der Natur finden: gemischt, ohne Grenzen dazwischen, ohne kahlen Boden, ohne streng gezogene Blumenbeete und mit solchen Grenzen und Rändern aus unbehauenem Stein, Ziegeln und Holz, die zu einem Teil des natürlichen Wachstums werden.

 Eine Muster Sprache 172 WILDWACHSENDER GARTEN

 

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Füg keine formalen Elemente hinzu, außer dort, wo sie durch ihre Funktion gerechtfertigt sind — wie etwa ein GLASHAUS (175), ein ruhiger Sitzplatz — SITZPLATZ IM GARTEN (176) -, eine Stelle mit Wasser — STEHENDES WASSER (71) — oder Blumen an einer Stelle, wo man sie angreifen und daran riechen kann - ERHÖHTE BLUMENBEETE (245) ...

 

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171.0

... Bäume sind etwas Kostbares. Bewahre sie. Lass sie unversehrt. Wenn nach der VERBESSERUNG DES BAUPLATZES (104) vorgegangen worden ist, ist bereits dafür gesorgt, daß die Bäume intakt und von der neuen Konstruktion unversehrt bleiben; vielleicht sind schon OBSTBÄUME (170) angepflanzt; und vielleicht ist noch an weitere Bäume gedacht. Das folgende Muster betont noch einmal, wie wichtig es ist, Bäume intakt zu lassen, und zeigt, wie man sie pflanzt und pflegt und wie man um sie herum Räume schafft, die als Erweiterungen des Gebäudes dienen.

 

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Wenn Bäume ohne Rücksicht auf die besonderen Orte, die sie schaffen, gepflanzt und beschnitten werden, sind sie für die Leute so gut wie tot.

 

Bäume haben für Menschen eine sehr große und entscheidende Bedeutung. Alte Bäume haben eine archetypische Bedeutung; in unseren Träumen stehen sie oft für die Gesamtheit einer Persönlichkeit: „Da... dieser seelische Wachstumsprozess nicht absichtlich „gemacht" werden kann, sondern etwas Naturgegebenes ist, wird er vom Unbewußten oft durch das Bild des Baumes symbolisiert, dessen langsames Wachstum einem individuellen Muster folgt." (M. L. von Franz, "Der Individuationsprozeß", in C. G. Jung, Der Mensch und, seine Symbole, Olten: Walter, 1991, S. 161.)

Es gibt sogar Hinweise darauf, daß Bäume, zusammen mit Häusern und anderen Menschen, einen der drei grundlegenden Faktoren der menschlichen Umwelt bilden. Bei der von dem Psychologen John Buck entwickelten Haus-Baum-Mensch-Methode werden die von einer Person angefertigten Zeichnungen dieser drei „Ganzheiten" als Grundlage für Projektionstests verwendet. Die Tatsache, daß in Bäume ebensoviele Bedeutungen wie in Menschen oder Häuser hineingesehen werden, ist an sich schon ein sehr starker Hinweis auf ihre Wichtigkeit (V. J. Bieliauskas, The H-T-P Research Review, Ausgabe 1965, Western Psychological Services, Los Angeles, Kalifornien, 1965; und Isaac Tolles, Catalog for the Qualitative Interpretation of the House-Tree-Person, Los Angeles: Western Psychological Services, 1964, S. 75- 97).

Die Bäume, die heutzutage in Städten und Vorstädten gepflanzt und umgepflanzt werden, befriedigen das Verlangen der Menschen nach Bäumen aber zum Großteil nicht. Sie schaffen nie eine schöne, friedvolle Atmosphäre, weil beim Pflanzen und bei den Gebäuden rundherum nicht an die Orte, die dadurch geschaffen werden, gedacht wird.

Die Leute bevorzugen Bäume, die soziale Orte schaffen; Orte, wo man sich aufhalten oder durchgehen kann, von denen man träumt und die man aufzeichnen kann. Mit Bäumen lassen sich verschiedene Arten von sozialen Räumen schaffen: ein Schirm wo ein einzelner Baum mit weit nach unten reichenden Zweigen, wie beispielsweise eine Eiche, einen Außenraum definiert; ein Paar - wo zwei Bäume einen Durchgang bilden; ein Hain - wo mehrere Bäume eine Gruppe bilden; ein Platz - wo sie einen offenen Raum umschließen, und eine Allee - wo eine Doppelreihe von Bäumen, deren Kronen einander berühren, einen Weg oder eine Straße säumen. Nur wenn erkannt wird, welche Möglichkeiten ein Baum zur Bildung eines Ortes bietet, kann seine Gegenwart und seine Bedeutung wirklich empfunden werden.

Bei den heute gepflanzten Bäumen ist das nicht der Fall - sie stehen in Trögen auf Parkplätzen und entlang von Straßen, in eigens „gärtnerisch gestalteten" Flächen, die man zwar sehen, aber nicht betreten kann. Sie bilden keine Orte im eigentlichen Sinn des Wortes - und deswegen bedeuten sie den Leuten nichts.

Nun besteht die große Gefahr, daß jemand, der unserer Argumentation bis zu dieser Stelle gefolgt ist, sie vielleicht so mißverstehen könnte, daß Bäume von den Menschen als Mittel zum Zweck „benutzt" werden sollten. Und leider herrscht in den Städten tatsächlich genau dieser Trend, Bäume als Zweckmittel zu sehen, als etwas, das rein unserem eigenen Vergnügen dient.

Wir möchten aber genau das Gegenteil ausdrücken. Die Bäume in einer Stadt, um ein Gebäude herum, in einem Park oder einem Garten sind nicht Teil eines Waldes. Sie erfordern spezielle Behandlung. Sobald man beschließt, in einer Stadt Bäume zu haben, muß man sich auch im klaren darüber sein, daß sich der Baum ökologisch gesehen verändert. Im Wald wachsen Bäume beispielsweise an für sie günstigen Stellen: Baumdichte, Sonne, Wind und Feuchtigkeit sind für diesen Selektionsprozeß ausschlaggebend. In der Stadt wächst der Baum aber, wo er gepflanzt wurde, und er wird nur überleben, wenn er äußerst sorgsam gepflegt wird - wenn er beschnitten und beobachtet wird, wenn die verletzte Rinde versorgt wird ...

Das bringt uns nun zu einer äußerst subtilen Wechselwirkung. Die Bäume werden nicht gepflegt, wenn die Stellen, an denen sie wachsen, von den Menschen nicht gern aufgesucht und benutzt werden. Pflanzt man sie aufs Geratewohl in irgendeinen Garten oder zwischen das Strauchwerk in einem Park, so sind sie nicht nah genug, damit die Leute sie bewußt wahrnehmen; und dies macht es wiederum unwahrscheinlich, daß sie die nötige Pflege erhalten.

Für uns stellt sich die komplexe Symbiose zwischen Bäumen und Menschen also folgendermaßen dar:

  1. Die Menschen brauchen Bäume - aus den oben genannten Gründen
  2. Aber wenn die Menschen Bäume pflanzen, brauchen die Bäume auch Pflege (im Gegensatz zu den Waldbäumen).
  3. Die Bäume erhalten nicht die nötige Pflege, solange sie nicht an Stellen stehen, die die Menschen gern aufsuchen.
  4. Das wiederum bedingt, daß die Bäume soziale Räume bilden.
  5. Bilden die Bäume erst einmal soziale Räume, können sie auch ganz natürlich wachsen.

Wir sehen also, daß Bäume - durch eine seltsame Verkettung der Umständen - in Städten nur dann richtig und ihrer Natur entsprechend wachsen können, wenn sie mit den Menschen eng verbunden sind und Räume bilden, die die Menschen in Anspruch nehmen.

 

Daraus folgt:

Pflanz die Bäume entsprechend ihrer Beschaffenheit, so daß sie Umschließungen, Alleen, Plätze und Haine bilden oder sich in Form eines einzelnen Baums nahe

 Eine Muster Sprache 171 PLÄTZE UNTER BÄUMEN

 

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Lass die Bäume „Zimmer" und Räume, Alleen, Plätze und Gruppen bilden, indem du zwischen den Bäumen, Wegen und Sitzgelegenheiten unter den Bäumen Pergolen anlegst - ZiMMER IM FREIEN (163), LAUBENWEG (174), SITZPLATZ IM GARTEN (176), PLÄTZE ZUM SITZEN (241). Eine der schönsten Formen, eine Stelle neben dem Baum anzulegen, besteht darin, eine niedrige Mauer zu bauen, welche die Wurzeln schützt und einen Sitzplatz bildet - SITZMAUER (243) ...

 

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170.0

... sowohl die GEMEINSCHAFTSFLÄCHEN (67) außerhalb von Werkstätten,  Büros und Häusern als auch private Gärtet, die zu einzelnen Gebäuden gehören — HALBVERSTECKTER GARTEN (111) -, können durch das Pflanzen von Obstbäumen bereichert werden. Schließlich ist ein Garten, egal ob öffentlich oder privat, etwas Nützliches. Aber er ist dennoch keine Landwirtschaff. Diese Zwischenform eines Gartens, der einerseits nützlich ist, aber auch im Frühjahr und Herbst seine Reize hat und sich wegen seiner Düfte wunderbar für Spaziergänge eignet, ist der Obstgarten.

 

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In Klimazonen, in denen Obstbäume wachsen, verleihen die Obstgärten dem Land eine nahezu magische Identität: Denken wir nur an die Orangenhaine in Südkalifornien, an die Kirschbäume in Japan, an die Olivenbäume in Griechenland. Durch das Wachstum der Städte werden offensichtlich immer diese Bäume und die ihnen eigenen Qualitäten zerstört.

 

Die Tatsache, daß sich diese Bäume mit den Jahreszeiten verändern und Früchte tragen, hat ganz bestimmte Auswirkungen. Das Vorhandensein von Obstgärten eröffnet Erfahrungen, die in Städten schon beinahe völlig unmöglich sind — die Erfahrung des Wachstums, der Ernte, der Greifbarkeit von frischen Lebensmitteln; die Erfahrung, eine Straße in der Stadt entlangzugehen, einen Apfel vorn Baum zu nehmen und hineinzubeißen.

Obstbäume auf Gemeinschaftsflächen trägen viel mehr zur Gemeinschaft in einer Nachbarschaft bei als die gleichen Bäume in einem privaten Hinterhof: Bäume auf Privatgrund werfen meist viel mehr Obst ab, als von einem Haushalt verzehrt werden kann. Auf öffentlichem Land schaffen die Bäume das Gefühl von gemeinsamem Nutzen und gemeinsamer Verantwortung. Und da sie jedes Jahr gepflegt und beschnitten und die: Früchte geerntet werden müssen, beziehen sie die Leute von selbst in die Nutzung ihrer lokalen Gemeinschaftsfläche mit ein. Es ist ein natürlicher Ort, wo die Leute Verantwortung für ihre Gemeinschaftsflächen übernehmen, auf die Ergebnisse stolz sein und wo sie sich selbst und ihre Kinder zeitweise beschäftigen können.

Stellen wir uns nur vor, eine Gemeinschaft wäre zunehmend in der Lage, einen Teil des eigenen Bedarfs an Obst, Säften und Eingemachtem herzustellen. Anfangs wäre es wirklich nur ein kleiner Teil, aber für den Beginn würde es reichen. Es erfordert nicht viel Arbeit, wenn alle zusammenhelfen, und schafft große Befriedigung.

 

Daraus folgt:

Pflanz kleine Obstgärten bei Häusern und auf Gemeinschaftsflächen entlang der Wege und Straßen, in den Parks, in den Nachbarschaften: überall, wo es eine stabile Gruppe von Menschen gibt, die selbst für die Pflege der Bäume sorgt und die Ernte übernimmt.

 Eine Muster Sprache 170 OBSTBÄUME

 

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Wenn man einen besonders schönen Obstbaum hat, kann man einen PLATZ UNTER DEM BAUM (171) mit einem SITZPLATZ IM GARTEN (176) machen oder einen Weg so anlegen, daß der Baum zu einem natürlichen Ziel dieses Weges wird WEGE UND ZIELE (120) ...

 

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169.0

... das folgende Muster hilft bei der VERBESSERUNG DES BAUPLATZES (104). Wenn Gebäude vorhanden sind, betrifft es die GEBÄUDEKANTE (160) und kann zu deren Ausbildung beitragen; und es hilft dabei, die VERBINDUNG ZUM BODEN (168) herzustellen. Wenn der Boden überhaupt geneigt ist, zeigt dieses Muster, wie man die Neigung für die Menschen innerhalb des Gebäudes und für die Pflanzen und Gräser am Baugrund sinnvoll ausnützen kann.

 

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Bei einer Hanglage kann die durch abfließendes Wasser verursachte Erosion den Boden zerstören. Sie führt auch zu einer ungleichmäßigen Verteilung des Regenwassers, was dem Pflanzenbewuchs naturgemäß weniger entgegenkommt als gleichmäßige Verteilung.

 

Entlang der Höhenlinien angelegte Terrassen und Stützmauern dienen seit Jahrtausenden als Lösung dieses Problems. Die Erosion setzt ein, wenn das Wasser entlang bestimmter Linien abfließt; dabei wird entlang dieser Linien die Erde abgetragen, die Pflanzen dort können kaum noch wachsen, und schließlich bilden sich im Schlamm und Stäub Rillen, die den Abfluß noch verstärken und immer mehr erodieren. Die Terrassen verhindern Erosion, indem sie den Abfluß verlangsamen und gleich von vornherein die Bildung von Rillen verhindern.

Noch wichtiger ist, daß die Terrassen das Wasser gleichmäßig auf die gesamte Umgebung verteilen. Auf einer gegebenen Fläche erhält so jeder Quadratmeter Erde die gleiche Niederschlagsmenge, da das Wasser an Ort und Stelle versickert. Unter solchen Voraussetzungen können überall Pflanzen wachsen — auf den steilsten Teilen eines Abhangs ebenso wie in den fruchtbarsten Tälern.

Das Terrassen-Muster ist bei einem kleinen Bauplatz genauso sinnvoll wie bei den Hügeln um ein Tal herum. Richtig angelegte Terrassen auf einem kleinen Grundstück schaffen ein stabiles Mikrosystem zur Entwässerung, das die Bodenkrume der einzelnen Gärten schützt. Das Hauptbild zeigt ein kleines Gebäude auf einem terrassenförmig angelegten Grundstück.

Wenn die Terrassen einmal angelegt sind, kann sich das Gebäude anpassen oder auch quer zu den Terrassenlinien erstrecken.

Für beide Größenordnungen — Hausgrundstück und ganze Hügel — ist das eine sehr alte Methode zur Konservierung und Gesunderhaltung des Bodens. „Erst in jüngster Zeit wurden Anti-Erosions-Techniken, wie zum Beispiel das Pflügen entlang der Höhenlinien entwickelt, deren Effektivität der traditionellen Terrassenbauweise, wie sie in so weit auseinanderliegenden Ländern wie Japan und Peru seit jeher angewandt wurde, gleichkommt." (M. Nicholson, The Environmental Revolution, New York: McGraw Hill, 1970, S.192.)

In der Größenordnung von Abhängen und Tälern werden in China beeindruckende Versuche unternommen, erodierts Land auf diese Weise zurückzugewinnen. Als Beispiel dafür Joseph Alsops „Terraced Fields in China":

In China werden am Land keine Mühen gescheut, um mit den vorhandenen Mitteln bestmögliche Ernten zu erzielen. Trotzdem hatte ich so etwas wie die „Terrassenfelder", die sie mir in den Landwirtschaftskommunen rund um Tschungking zeigten, nicht erwartet.

Das Land dort ist felsig und besteht außerdem zum Großteil aus so, steilen Hügeln, daß selbst die Chinesen nicht daran denken, dort Reis anzubauen. Die alte Methode, die schlimme Erosionen zur Folge hatte, bestand darin, soviel Reis wie möglich in den Tälern anzubauen und dann auch die Hügel, wo noch Erde vorhanden war, zu bepflanzen.

Die neue Methode besteht aus „Terrassenfeldern". Die Felsen. Werden' gesprengt, um das erforderliche Baumaterial zu erhalten. Dann werden entlang der Höhenlinien schwere Trockenmauern mit einer Höhe von' etwa 2 in gebaut. Das Terrain hinter den Steinmauern wird mit herbeigeschaffter Erde aufgefüllt, und damit ist ein Terrassenfeld fertig.

 

Daraus folgt:

Leg auf jedem geneigten Boden - auf Feldern, in Parks, öffentlichen Gärten, sogar in den Privatgärten, um ein Haus herum - ein System von Terrassen und Stützmauern an, die den Höhenlinien entsprechen. Bau" zu diesem Zweck niedrige Mauern längs der Höhenlinien und füll dahinter mit Erde auf, um eine Terrasse zu schaffen.

Das Gebäude selbst muss keineswegs in die Terrassen passen - es kann sich durchaus quer zu den Terrassenlinien erstrecken.

 Eine Muster Sprache 169 TERRASSIERTER HANG

 

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Pflanze Gemüse- und Obstgärten an — GEMÜSEGARTEN (177), OBSTBÄUME (170), pflanz entlang der Mauern, die die Terrassen begrenzen, Blumen an, hoch genug, daß man sie angreifen und daran riechen kann — ERHÖHTE BLUMENBEETE (245). Die Mauern sollten natürlich auch so gemacht sein, daß man darauf sitzen kann — SITZMAUER (243) ...

 

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