EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 

188.0

... Bettnischen helfen dabei, GRUPPEN VON BETTEN (143), GEMEINSAMES SCHLAFEN (186) und EHEBETT (187) auszubilden. Für Kinder funktionieren die Nischen auch als DAS EIGENE ZIMMER (141), so daß selbst im kleinsten Haus nicht nur jeder Erwachsene, sondern auch jedes Kind zumindest einen kleinen Raum hat, der ihm gehört

 

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Schlafzimmer ergeben keinen Sinn.

 

Der wertvolle Raum um das Bett herum dient lediglich als Zugang zum Bett. Und all die anderen Funktionen - das Ankleiden, Arbeiten und Aufbewahren persönlicher Gegenstände, die irgendwie in den Ecken des Schlafzimmers verstaut werden - brauchen in Wirklichkeit eigene Räume; die leeren Flächen, die das Bett freiläßt, eignen sich nicht dazu.

In GRUPPE VON BETTEN (143) haben wir uns bereits dafür ausgesprochen, daß jedes Kind in einer Familie eine zum gemeinsamen Spielraum hin offene Bettnische haben sollte. Dieses Bedürfnis basiert rein auf dem ausgewogenen Verhältnis von Gemeinschaft und Privatheit. Nun versuchen wir die Tatsache zu belegen, daß es für jeden im Haus besser ist, wenn einzelne Betten - nicht nur jene in Gruppen - in Nischen stehen statt in Schlafzimmern. Dafür gibt es zwei Gründe.

Erstens bildet das Bett in einem Schlafzimmer unbrauchbare Räume um sich herum: Ankleiden, Arbeiten, Fernsehen und Herumsitzen passen irgendwie nicht in diese Restflächen rund ums Bett. Wir haben festgestellt, daß es den Leuten schwerfällt, den Raum um das Bett herum ihren Raumbedürfnissen im Schlafzimmer anzupassen.

Zweitens wirkt das Bett selbst gemütlicher, wenn es von einem passenden Raum umgeben ist. Bei unseren Entwurfsversuchen, wo Laien diese Muster zum Entwurf ihrer eigenen Häuser verwendet haben, bemerkten wir den stark ausgeprägten Wunsch, das Bett in eine eigene Nische zu stellen und ihm eine Art Umschließung zu geben. Offenbar fühlen sich gerade von diesem Muster viele Menschen angesprochen.

Ist das Bett erst einmal in den dafür passenden Raum eingebaut, kann das übrige Schlafzimmer entsprechend dem Bedarf an Sitz-, Spielbereichen, Ankleide- und Aufbewahrungsorten gestaltet werden.

Welche Punkte müssen beim Anlegen einer guten Bettnische beachtet werden?

Geräumigkeit. Mach sie nicht zu eng. Man muss bequem hinein- und hinausgehen und das Bett machen können. Wenn die Nische als DAS EIGENE ZIMMER (141) für ein Kind funktionieren soll, muss es fast wie ein kleines Zimmer sein, bei dem eine Wand fehlt.

 Eine Muster Sprache 188 BETTNISCHE

Lüftung. Bettnischen brauchen frische Luft; zumindest irgendeine regulierbare Lüftung, besser noch ein Fenster.

Privatsphäre. Die Leute wollen sich in die Nischen zurückziehen und allein sein. Daher braucht die Nische an ihrer Öffnung einen Vorhang oder eine andere Möglichkeit zum Schließen.

Decke. Entsprechend den Überlegungen in VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190) sollte das Bett als intimer sozialer Raum für eine oder zwei Personen eine etwas niedrigere Decke als das angrenzende Zimmer haben.

 188.1

Das Familienzimmer umgebende Bettnische.

 

Daraus folgt:

Stell einzelne Betten nicht in leere, als Schlafzimmer bezeichnete Räume, sondern mach stattdessen zu anderen Räumen mit über das Schlafen hinausgehenden Funktionen offene Bettnischen, sodass das Bett ein kleiner privater Zufluchtsort wird.

Wenn du ein kleines Haus mit nicht mehr als 30 m² bis 40 m² baust — vielleicht mit der Absicht, schrittweise dazuzubauen — spielt dieses Muster eine wichtige Rolle. In diesem Fall ist es wahrscheinlich am besten, wenn die Nischen vom Familienraum wegführen.

 Eine Muster Sprache 188 BETTNISCHE 1

 

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Bau die Decke niedrig - VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190); füg an den Innenwänden der Nische Abstellflächen hinzu LACKE WÄNDE (197), OFFENE REGALE (200) - und ein Fenster in passender Lage - TÜREN UND FENSTER NACH BEDARF (221). Eine DURCHBROCHENE WAND (193) hilft vielleicht, der Nische die richtige Umschließung zu geben. Wenn Platznot herrscht, verbind die Bettnische mit dem ANKLEIDEZIMMER (189). Und schließlich gib jeder Nische, egal wie klein, die Beschaffenheit eines Innenraums - DIE FORM VON INNENRÄUMEN (191) ...

 

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187.0

... das Muster BEREICH DES PAARS (136) betont die Bedeutung des gemeinsamen Privatlebens für ein Ehepaar in einem Haushalt. Innerhalb des Bereichs des Paars ist natürlich die Lage und Beschaffenheit des Bettes das Wichtigste.

 

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Das Bett ist der Mittelpunkt im Zusammenleben eines Paars: der Ort, wo beide zusammen liegen, sprechen, einander lieben, schlafen, lange liegenbleiben und bei Krankheiten füreinander sorgen. Aber Betten und Schlafzimmer sind oft nicht so gemacht, daß ihre wahre Bedeutung hervortritt, und deshalb können diese Erfahrungen sich nicht verwurzeln.

 

Natürlich gibt es überbreite Betten, spezielle Tagesdecken und Bettrahmen, Wasserbetten, weiche Beleuchtung und alles mögliche Zubehör für den Nachttisch. Aber das ist im wesentlichen alles nur Beiwerk, durch das noch lange kein Bett entsteht, das der Intimität und Liebe dient.

Es gibt drei weitaus grundlegendere Punkte, die ein gutes Ehebett ausmachen.

  1. Der Raum um das Bett ist um das Bett herum geformt. Er hat eine niedrige Decke oder einen Baldachin über dem Bett. Die Wände und Fenster sind so angelegt, daß sie das Bett umschließen. Siehe BETTNISCHE (188).
  2. Es ist überaus wichtig, daß das Paar den richtigen 'Zeitpunkt zum Bau des Bettes abwartet und nicht gleich irgendeines kauft. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß ein Bett das richtige Gefühl vermittelt, wenn ein Paar nicht zuerst gemeinsam ein paar Tiefen durchlaufen hat und über eine Reihe von gemeinsamen Erfahrungen verfügt.
  3. Finde einen Weg, dem Bett und dem Räum rundherum etwas hinzuzufügen, sodaß sie im Laufe der Jahre persönlicher und einzigartiger werden; zum Beispiel ein Betthaupt, das geschnitzt, bemalt und übermalt wird, oder einen Baldachin, der verändert, verziert werden kann.

Die Bedeutung des Bettes als Mittelpunkt im Leben eines Paars kommt in der folgenden Passage von Horner gut heraus.

Odysseus ist nach 20 Jahren Wanderung und Mißgeschick wieder zu. Hause. Seine Frau, Penelope erkennt ihn nicht — es gab zu viele Betrüger, und er war so lange fort. Er fleht sie an, ihm zu glauben, aber sie ist unsicher. Enttäuscht wendet sich Odysseus von ihr ab. Penelope sagt:

Wunderlicher, mich hält so wenig Stolz wie Verachtung/ oder Wunderlicher, mich hält so wenig Stolz wie Verachtung/ oder Befremden zurück; ich weiß recht gut, wie du aussahst,/ als du von Ithaka fuhrst . ./ Aber wohlan, bereite sein Lager ihm, Eurykleia, außerhalb des schönen Gemachs, das er selber Bebauet./ Setzt das zierliche Bett hinaus und leget zum Ruhen/ wollichte Felle hinein und nächtige Decken und Mäntel."/ Also sprach sie zum Schein, den Ciemahl zu versuchen. Doch zürnend/ wandte sich Odysseus zu seiner edlen Gemahlini „Wahrlich, o Frau, dies Wort hat meine Seele verwundet/ Wer hat mein Bette denn anders gesetzt; Das könnte ja schwerlich/ selbst der erfahrenste Mann, wo nicht der Unsterblichen einer/ durch sein allmächtiges Wort es leicht von der Stelle versetzte" doch kein sterblicher Mensch, und trotzt' er in Kräften der Jugend,/ könnt es hinwegarbeiten! Ein wunderbares Geheimnis/ war an dem künstlichen Bett, und ich selber baut' es, kein anderer!! Innerhalb des Gehegs war ein weitumschattender Ölbaum,/ stark und blühenden Wuchses; der Stamm glich Säulen an Dicke./ Rings um diesen erbaut' ich von dichtgeordneten Steinen/ unser Ehegemach und wölbte die obere Decke,/ und verschloß die Pforte mit festeinfugenden Flügeln./ Hierauf kappt' ich die Äste des weitumschattenden Ölbaums/ und :behaute den Stamm an der Wurzel, glättet' ihn ringsum/ künstlich und schön mit dem Erz und nach dem Maße der Richtschnur,/ schnitzt' ihn zum Fuße des Bettes und bohrt' ihn rings mit dem Bohrer,/ fügete Bohlen daran und baute das zierliche Bette,! welches mit Gold und Silber und Elfenbeine geschmückt war,/ und durchzog es mit Riemen und purpurfarbener Stierhaut./ Dies Wahrzeichen sag ich dir also. Aber ich weiß nicht,/ Frau, ob es noch so ist wie vormals, oder ob jemand/ schon den Fuß von der Wurzel gehaun und das Bette versetzt hat."/

Also sprach er. Der Fürstin erzitterten Herz und Kniee,/ als sie die Zeichen erkannte, die ihr Odysseus verkündet./ Weinend lief sie hinzu -und fiel mit offenen Armen/ ihrem Gemahl um den Hals und küßte sein Antlitz und sagte:/ „Sei mir nicht bös, Odysseus! Du warst ja immer ein guter/ und verständiger Mann! Die Götter gaben uns Elendil denn zu groß war das Glück, daß wir beisammen inintracht/ unserer Jugend genössen und sanft dem Alter uns nahten! / Aber du mußt mir jetzo nicht zürnen noch gram sein,/ daß ich, Geliebter, dich nicht beim ersten Blick bewillkommt/ siehe, mein armes Herz war immer in Sorgen, es möchte/ irgendein Sterblicher kommen und mich mit tauschenden Worten/ hintergehn; es gibt ja so viele schlaue Betrüg-er!.../ Jetzo, da du, Geliebter, mir so umständlich die Zeichen/ unserer Kammer nennst, die doch kein Sterblicher sahe,/ sondern nur du und ich und die einzige Kammerbediente,/ Aktorts, welche mein Vater mit mitgab, als ich hierher zog,/ die uns beiden die Pforte bewahrt des festen Gemachs —/ jetzo besiegst du mein Herz, und alle Zweifel verschwinden." (Aus Odyssee, übers. von Johann Heinrich Voß, 1781.)

Der Übersetzer der englischen Ausgabe, W. H. D Rouse, merkt in einer Fußnote dazu an: „Das ist das erste Mal der gesamten ereignisreichen Erzählung, daß Odysseus impulsiv spricht; er wär auf alles vorbereitet, aber diese unerwartete Nebensache öffnet ihm das Herz."

Um ehrlich zu sein: wir sind nicht sicher, ob dieses Muster sinnvoll ist oder nicht. Einerseits ja: Es ist eine schöne) fast idyllische Vorstellung. Aber angesichts der harten Tatsachen, der Ehekämpfe und Trennungen rings um uns kann man sich nur schwer vorstellen, daß es wirklich durchführbar ist. Wir .: haben uns entschlossen, es drinnen zu lassen, weil es eine schöne Vorstellung ist. Man sollte es aber wie Oblomows Traum behandeln, als ein Bild, wirklicher als die Wirklichkeit selbst, einen unmöglichen Traum von perfekten und idyllischen Zuständen, der vielleicht unserem verworrenen Alltag etwas mehr Sinn gibt — aber nur, wenn wir es nicht ganz wörtlich nehmen.

 

Daraus folgt:

Es ist wichtig, daß ein Paar zum richtigen Zeitpunkt für sich selbst ein besonderes Bett baut — einen intimen Mittelpunkt in ihrem Leben; leicht umschlossen, mit einer niedrigen Decke oder einem Baldachin und einem entsprechend geformten Raum; vielleicht ein um das Bett herum gebautes kleines Zimmer mit vielen Fenstern. Gib dem Bett eine eigene Form, vielleicht mit vier Pfosten und einem Haupt, das im Laufe der Jahre handgeschnitzt oder bemalt wird.

 Eine Muster Sprache 187 EHEBETT

 

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Leg nahe dem Bett zwei getrennte Ankleidezimmer oder Nischen an — ANKLEIDEZIMMER (189); was die Einzelheiten des Raums um das Bett herum betrifft, siehe BETTNISCHE (188); senk die Decke über dem Bett ab — VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190), und sieh vor, daß ein besonderes Ornament rundherum angebracht werden kann — ORNAMENT (249). Was die genaue Form des Raums um das Bett herum betrifft, siehe DIE FORM DES INNENRAUMS (191) ...

 

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... die Schlafbereiche sind bereits bestimmt worden — BEREICH DES EHEPAARS (136), BEREICH DER KINDER (137), SCHLAFEN NACH OSTEN (138), GRUPPE VON BETTEN (143). Nun muß nur noch der eigentliche Raum, den die Betten bilden, im Detail eingearbeitet werden — EHEBETT (187), BETTNISCHE (188). Bevor wir uns jedoch mit diesen Mustern befassen, möchten wir auf ein etwas allgemeineres Muster aufmerksam machen, das ihre genaue Lage beeinflussen könnte.

 

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in vielen traditionellen und primitiven Kulturen stellt das Schlafen eine gemeinschaftliche Aktivität dar, ohne den sexuellen Beiklang, den es heute im Westen hat. Wir glauben, daß es eine entscheidende soziale Funktion ist, ebenso grundlegend und notwendig wie das gemeinsame Essen.

 

In indischen Dörfern beispielsweise tragen die Männer in der Trockenzeit ihre Betten bei Sonnenuntergang in den Hof und plaudern und rauchen dort, bis sie allmählich in den Schlaf sinken. Das ist ein wesentlicher Teil des sozialen Lebens in der Gemeinde. Im Westen kommt die Erfahrung des Lagerfeuers dem am nächsten: Die Vorliebe der Leute für das Camping weist darauf hin, daß dieses Bedürfnis noch allgemein vorhanden ist.

Möglicherweise ist das Schlafen als eine gemeinschaftliche Aktivität ein wesentlicher Teil eines gesunden Soziallebens, nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen. Wie kann man nun dieses Bedürfnis mit den natürlichen Ansprüchen von Privatsphäre und Sexualität, die mit dem Schlafen verbunden sind, in Einklang bringen?

Natürlich ist Schlafen eine wunderbar intime Sache — der Augenblick am Morgen und am Abend, wenn ein Paar ganz für sich ist und gemeinsam einschläft oder aufwacht. Aber wir glauben, daß man auch eine Situation schaffen kann in der Leute gelegentlich gelegentlich in einer großen Gruppe wie eine Familie zusammen schlafen können.

Wir denken dabei vor allem an eine speziell städtische Version dieser Aktivität, wo Freunde oft so viele Kilometer einander entfernt wohnen. Wie oft hat man nicht schon folgende Situation erlebt: Man ist mit Freunden ausgegangen und endet schließlich in ihrer Wohnung, um noch etwas zu trinken, zu reden, ein Kaminfeuer anzuzünden. Spät in der Nacht ist schließlich Zeit heimzugehen. Oft werden sie sagen: „Bleib doch die Nacht hier" - aber dazu kommt es meist nicht. Man lehnt dankend ab und macht sich müde und halb betrunken auf den Weg nach Hause, ins „eigene Bett".

Vor allem unter diesen Umständen scheint gemeinschaftliches Schlafen sinnvoll zu sein. Es würde jene sozialen Anlässe,/ wenn wir unsere weit entfernt lebenden Freunde sehen, intensivieren.

Aber die bauliche Umwelt muß dazu einladen, sonst'Werden wir unsere Zurückhaltung nicht überwinden. Die Leute fühlen sich unbehaglich, wenn sie die Nacht woanders verbringen, - weil es normalerweise bedeutet, daß das Gästebett gemacht: werden muß oder daß man auf dem Teppich oder beengt, auf dem Sofa schlafen muss. Wie viel einladender wäre es da, wenn die Leute am Ende des Abends allein oder zu zweit in den Nischen einschlafen würden, die um den größeren Schlafbereich oder die Gemeinschaftsbereiche in der Wohnung herum, gruppiert sind und in denen Schlafmatten mit Decken bereitliegen.

Praktisch gesehen, gibt es zwei mögliche Lagen für. Nischen:

  1. Sie könnten im Gemeinschaftsbereich liegen - nicht in irgend jemandes Privatbereich - an einer Stelle, wo man sich spätabends, nachdem man dort den Abend mit anderen verbracht hat und das Feuer allmählich erlischt, einfach zusammenrollen und schlafen könnte - eine Stelle, wo Eltern und, Kinder in manchen Nächten gemeinsam schlafen könnten. Diese Stelle könnte sehr einfach beschaffen sein: eine große:Schlaf: matte und einige Decken.
  2. Die andere Möglichkeit ist eine ausgefeiltere Version. dieses Musters: Dazu müßte der Bereich des Paars etwas größer sein als normal, mit ein oder zwei Nischen oder Sitzplätzen am Fenster, die auch als Betten verwendet werden können. Eine eingebaute Sitzbank beispielsweise, die breit und lang genug zum Liegen ist, kann, mit einer dünnen Matte darauf, zu einem Bett umfunktioniert werden. Einige wenige Plätze wie diese, und im Nu wird aus dem Schlafzimmer des Paars ein gemeinschaftlicher Schlafbereich.

In beiden Fällen muß es sich um einfache Lösungen handeln, bei denen man nur nach einer Decke und einer Matte zu greifen braucht. Wenn Betten erst hergerichtet werden müssen oder wenn man im Zimmer erst etwas umstellen muß, kommt es nie dazu. Und natürlich muß der Bereich der Gästebetten so angelegt sein, daß er, auch wenn er nicht zum Schlafen benützt wird, nicht tot ist. Er braucht eine Doppelfunktion — als Stelle, wo das Kinderbett steht oder wo man Kleidung ablegt oder ein Sitzplatz — NISCHE (179), PLATZ AM FENSTER (180), ANKLEIDEZIMMER (189).

Dieses Muster wirkt auf den ersten Blick vielleicht ungewöhnlich, aber als unsere Stenotypistin es las, war sie fasziniert davon und beschloß, es am Wochenende mit ihrer Familie auszuprobieren. Sie breiteten eine große Matte im Wohnzimmer aus. Sie standen alle gemeinsam auf und halfen dem jüngsten Sohn, die Zeitungen auszutragen. Danach frühstückten sie gemeinsam. Hrsg. Machen sie das immer noch? Autor: Nein, nach 2 Wochen wurden sie verhaftet.

 

Jetzt aber im Ernst:

Ordne den Schlafbereich so an, daß es für Kinder und Erwachsene möglich ist, im selben Raum zu schlafen, in Sicht- und Hörweite voneinander, zumindest gelegentlich als Alternative zu den gebräuchlicheren Schlafgewohnheiten.

Das kann im Gemeinschaftsbereich beim Kamin sein, wenn die ganze Familie und die Gäste gemeinsam dort schlafen — eine große Matte und einige Decken in einer Nische. Es ist aber auch möglich, Bettnischen für übernachtende Gäste im erweiterten Bereich des Paars zu bauen.

 Eine Muster Sprache 186 GEMEINSAMES SCHLAFEN

 

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Wähl für die NISCHEN (179), das EHEBETT (187), die BETTNISCHEN (188) und das ANKLEIDEZIMMER (189) eine diesem Muster entsprechende Lage. Für Kinder gibt es dieses Muster bereits - wenn ihre Bettnischen in einer Gruppe angeordnet sind GRUPPE VON BETTEN (143) ...

 

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185.0

... entsprechend dem Muster MEHRERE SITZPLÄTZE (142) es in einem Bürogebäude, einem Wohnhaus oder einer Werkstatt eine Vielzahl verschiedener Sitzplätze geben - einige formeller, andere mehr bequem, einige groß, andere klein, und zum Teil gemäß den STUFEN DER INTIMITÄT (127) angelegt. Das folgende Muster beschäftigt sich mit der tatsächlichen räumlichen Anlage dieser einzelnen Sitzplätze. Man kann damit diese verschiedenen Sitzplätze nacheinander - immer nur einen auf einmal - ausarbeiten.

 

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Eine Gruppe von Sesseln, ein Sofa und ein Sessel, ein paar Polster - das sind selbstverständliche Dinge im Leben jedes Menschen; und dennoch bedarf es einiger Subtilität, damit sie funktionieren und Menschen darin aufleben. Die meisten Sitzanordnungen sind steril, die Leute meiden sie, es geschieht  nie etwas dort. Andere scheinen Leben und Energie anzuziehen und zu fördern. Worin unterscheiden sie sich?

 

Das Wichtigste ist wahrscheinlich ihre Läge. Ein runder Sitzplatz braucht im wesentlichen die gleiche Lage wie ein GEMEINSCHAFTSBEREICH IN DER MITTE (129), aber im kleinen eine klar abgegrenzte Fläche, an der Wege vorbei-, aber nicht mitten-, durchführen, und so angelegt, daß die Leute ganz natürlich  daran vorbeikommen, stehenbleiben, plaudern, sich an die Sesselrücken lehnen, allmählich Platz nehmen, die Position. wechseln und wieder aufstehen. Diese Eigenschaften sind entscheidend. Die Gründe dafür sind genau die gleichen wie die bei den GEMEINSCHAFTSBEREICHEN IN DER MITTE (129) angeführten; nur der Maßstab ist anders.

An zweiter Stelle kommt die annähernde Kreisform. Wenn sich Leute niedersetzen, um miteinander zu reden, versuchen  sie meist, ungefähr einen Kreis zu bilden. Empirische Nachweise dafür gibt es von Margaret Mead („Conference Behavior„, Columbia University Forum, Sommer 1967, S. 20 - 25): Ein: Grund für den Kreis - im Gegensatz zu anderen Formen ist vielleicht vielleicht die Tatsache, daß Leute gern im Winkel zueinander sitzen, und nicht Seite an Seite (Robert Sommer, Studies in Personal Space", Socionietry, 22. September 1959, S. 247-260). In einem Kreis sitzen sogar die Nebeneinander sitzenden in einem leichten Winkel zueinander. Wie der erste Punkt weist das daraufhin, daß die ungefähre Kreisform am besten funktioniert.

Aber es reicht noch nicht, daß die Sessel einen Kreis bilden. Die Sessel werden nur dann in dieser Position bleiben, wenn die vorhandene Architektur — die Pfeiler, die Wände, das Kaminfeuer, die Fenster — nahezu unmerklich einen teilweise in sich geschlossenen, begrenzten Bereich andeuten, der annähernd kreisförmig ist. Vor allem das Kaminfeuer kann zur Verankerung eines runden Sitzplatzes beitragen. Aber auch mit anderen Dingen ist das ebenso gut möglich.

Drittens haben wir die Beobachtung gemacht, daß die Sitzanordnung locker — nicht zu formell — sein sollte. Relativ lockere Anordnungen mit verschiedenen Sofas, Polstern und Sesseln, deren Lage nach Belieben verändert werden kann, können einen runden Sitzplatz mit Leben erfüllen. Die Sessel können leicht verrückt oder verdreht werden; und wenn zwei oder drei zuviel da sind, umso besser: das belebt die Gruppe. Die Leute stehen auf, gehen herum und setzen sich manchmal in einem anderen Sessel wieder hin.

 

Daraus folgt:

Gib jedem Sitzplatz eine geschützte Lage, in der er nicht von Durchgängen und Verkehrswegen durchkreuzt wird; leg ihn ungefähr kreisförmig an, indem der Raum selbst an dieser Stelle eine Kreisform andeutet — allerdings nicht zu stark —, rundherum Wege und Aktivitäten, sodaß die Leute, wenn sie sich niedersetzen wollen, ganz von allein diese Sessel ansteuern, Ordne Sessel und Polster locker in diesem Kreis an und stell ein paar zuviel auf.

 Eine Muster Sprache 185 RUNDER SITZPLATZ

 

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Verwende Kaminfeuer, Pfeiler und durchbrochende Wände, um die Form des Kreises zu schaffen — DAS FEUER (181), DIE FORM DES INNENRAUMS (191), DURCHBROCHENE WAND (193), aber mach die Stelle nicht zu formell oder zu stark abgegrenzt GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129), MEHRERE SITZPLÄTZE (142). Verwend VERSCHIEDENE SESSEL (251), große, kleine, Polster, und ein paar Sessel zuviel, damit sie nie zu perfekt angeordnet sind, sondern immer ein wenig durcheinander. Mach eine LICHTINSEL (252), um den runden Sitzplatz zu kennzeichnen, und vielleicht einen PLATZ AM FENSTER (180) ...

 

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