EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 

184.0

... innerhalb der WOHNKÜCHE (139) oder jeder anderen" Art von Küche ist es wichtig, den Kochbereich als eine Werkstatt für die Zubereitung von Speisen anzulegen, und nicht als Ausstellungsstück mit eingebauten Arbeitsflächen und Modefarben. Ob eine Küche wirklich handfest und funktionstüchtig ist, hängt zum Großteil von der Anlage des Herds und der Arbeitsflächen ab.

 

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Kochen ist unangenehm, wenn die Arbeitsfläche in der Küche zu kurz ist - oder auch zu lang.

 

Rationelle Küchen werden ihrem Ruf nie gerecht. Sie"..-beruhen auf der Annahme, daß die beste Anordnung die ist; die am wenigsten Schritte erfordert, und das hat zu kleinen,- kompakten Küchen geführt. Diese kompakten Anlagen verkürzen zwar tatsächlich die Wege, haben aber in der Regel nicht genug Arbeitsfläche. Das Abendessen für eine Familie zuzubereiten, ist ein komplexer Vorgang; mehrere Dinge müssen gleichzeitig. geschehen, und das verlangt die gleichzeitige Benutzung der Arbeitsfläche für verschiedene Tätigkeiten. Wenn nicht genug Arbeitsfläche da ist, müssen die Zutaten und das Geschirr für eine Speise weggestellt, abgewaschen oder weggeräumt werden, bevor man mit der nächsten Sache beginnen kann; oder es entsteht ein derartiges Durcheinander, daß zusätzliche Zeit und Mühe beim Suchen verloren geht. Ist die Arbeitsfläche andererseits zu lang oder über einen zu großen Raum verteilt, dann liegen die einzelnen Sachen zu weit voneinander entfernt - und das Kochen wird wiederum mühsam, weil man nur ineffizient und langsam vorankommt.

Empirische Bestätigung dafür, daß viele Küchen unzureichende Arbeitsflächen haben, gibt eine kürzlich fertiggestellte Untersuchung der Beratungsstelle für Kleinwohnungen an de Universität Illinois. Die Beratungsstelle stellte fest, daß in mehr als hundert Wohnbebauungen 67 Prozent der Küchen zu klein waren. Über eine zu große Küche klagte niemand.

In The Owner Built Home (Yellow Springs, Ohio, 1961; Band IV, S. 30) weist Ken Kern darauf hin, daß beim Entwurf der Küche vor allem darauf zu achten ist, daß die wichtigsten Kochbereiche in der Küche mit genügend Abstell- und Arbeitsflächen ausgestattet sind. Ausgehend von einer Untersuchung an der Cornell Universität bezeichnet er als die wichtigsten Kochbereiche das Abwaschbecken, den Herd, den Kühlschrank, den Bereich zum Zubereiten und den Bereich zum Auftragen. Für ausreichende Abstellfläche bei jedem dieser Bereiche braucht man zwischen 3,5 m und 4,5 m freie Arbeitsflächen — Abwaschbecken, Abtropfblech und Herd nicht eingerechnet. (The Cornell Kitchen, Glenn Beyer, Cornell Universität, 1952).

Was die maximalen Entfernungen zwischen diesen wichtigsten Kochbereichen betrifft, gibt es weniger Erfahrungswerte. Die Schätzungen sind unterschiedlich. Als Daumenregel schlagren wir vor, daß keiner mehr als drei oder vier Schritte beziehungsweise 3 m von den anderen entfernt sein sollte.

 184.1

Eine Küche, die wirklich funktioniert: geräumig, aber praktisch.

 

Daraus folgt:

Um den richtigen Mittelweg zwischen einer zu kleinen und einer zu ausgedehnten Küche zu finden, leg den Herd, das Abwaschbecken und die Arbeitsflächen so an daß:

  1. keiner der vier Bereiche mehr als 3 m von den anderen entfernt ist;
  2. die gesamte Länge der Arbeitsfläche - Abwaschbecken, Herd und Kühlschrank nicht eingerechnet - mindestens 3,5 m beträgt;
  3. kein Teil der Arbeitsfläche kürzer ist als 1 m

Es ist nicht notwendig, daß die Arbeitsfläche durchlaufend oder, wie in vielen modernen Küchen, "eingebaut" ist - sie kann sogar aus freistehenden Tischen oder Pultflächen bestehen. Lediglich die drei oben beschriebenen Funktionskriterien sind von entscheidender Bedeutung.

 Eine Muster Sprache 184 DER KOCHPLATZ

 

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Leg den wichtigsten Teil der Arbeitsfläche ins Sonnenlicht - SONNIGE ARBEITSFLÄCHE (199); bring alle Küchengeräte,. Teller, Kochtöpfe und nicht verderblichen Esswaren auf schmalen, einreihigen Regalen entlang der Wände unter, so daß alles sichtbar und griffbereit ist — DICKE WÄNDE (197), OFFENE REGALE (200) ...

 

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183.0

... das folgende Muster spielt eine wichtige Rolle bei der Schaffung einer effizienten Arbeitsatmosphäre. Man kann es stückweise anwenden, um die größeren Muster für Arbeitsplätze zu schaffen, wie etwa FLEXIBLE BÜROFLÄCHE (146), HALBPRIVATES BÜRO (152) und HAUSWERKSTATT (157). Es kann aber auch als Ergänzung zu diesen Mustern verwendet werden, wenn man sie bereits in den Entwurf eingearbeitet hat. Selbst bei einer an den Gemeinschaftsraum der Familie anschließenden Nische - NISCHEN (179) - kann es dabei helfen, eine zum Arbeiten besser geeignete Stelle zu schaffen, indem man die unmittelbar rundherum liegende Abgrenzung entsprechend diesem Muster anlegt und gestaltet.

 

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Man kann nicht effektiv arbeiten, wenn der Arbeitsplatz zu stark abgegrenzt oder zu offen ist. Ein guter Arbeitsplatz hat von beidem etwas.

 

In vielen Büros arbeiten die Menschen entweder völlig abgegrenzt voneinander und fühlen sich deshälb isoliert, oder sie arbeiten auf einer völlig offenen Fläche wie dem Großraumbüro und fühlen sich deshalb den Blicken aller ausgesetzt. In jedem dieser Extreme ist das Arbeiten schwierig - das Problem ist, das richtige Gleichgewicht zwischen beiden zu finden.

Um dieses Gleichgewicht auszumachen, führten wir einen einfachen Versuch durch. Wir definierten zuerst 13 Variable, die Einflüsse auf das persönliche Gefühl der Abgegrenztheit an einem Arbeitsplatz haben könnten.

Diese 13 Variablen sind:

  1. Vorhandensein oder Fehlen einer Wand unmittelbar hinter der Person.
  2. Vorhandensein oder Fehlen einer Wand unmittelbar ne-1. Vorhandensein oder Fehlen einer Wand unmittelbar neben der Person.
  3. Größe des offenen Raumes vor der Person.
  4. Fläche des Arbeitsplatzes.
  5. Gesamtausmaß der Umschließung unmittelbar um den Arbeitsplatz herum.
  6. Blick ins Freie.
  7. Entfernung zur nächsten Person.
  8. Anzahl der Leute, von deren Anwesenheit man weiß.
  9. Lärm: Pegel und Art.
  10. Vorhandensein oder Fehlen einer Person direkt gegenüber.
  11. Anzahl der verschiedenen möglichen Sitzpositionen.
  12. Anzahl der Leute, die man vorn Arbeitsplatz aus sehen kann.
  13. Anzahl der Leute, mit denen man in normaler. Lautstärke reden kann.

Dann stellten wir 13 Hypothesen auf, die diese Variablen mit der Zufriedenheit am Arbeitsplatz in Zusammenhang bringen. Die Hypothesen werden unten aufgezählt. Wir befragten 17 Männer und Frauen, die alle bereits in verschiedenen Büros gearbeitet hatten. Zuerst fragten wir jeden einzelnen nach dem besten und dem schlechtesten Arbeitsplatz, an dem er oder sie jemals gearbeitet hatte; und dann baten wir sie, eine Skizze dieser beiden Räume anzufertigen. Schließlich stellten wir ihnen noch Fragen, um die Bewertung dieser 13 Variablen beim "besten" und „schlechtesten" Arbeitsplatz herauszuarbeiten. So konnten wir zum Beispiel auf die vorn Befragten angefertigte Skizze zeigen und fragen, „Wie weit war diese Wand entfernt?", um den Wert der dritten Variable festzulegen. Die Werte der Variablen für die 17 besten und schlechtesten Arbeitsplätze sind der weiter unten folgenden Tabelle zu entnehmen.

Auf der Grundlage dieser Tabelle errechneten wir dann entsprechend der Korrelation die wahrscheinliche Bedeutung unserer Hypothesen. Demnach scheinen neun dieser Hypothesen von Bedeutung zu sein, und vier nicht. Wir führen nun die neun „bedeutsamen" Hypothesen an und versuchen, für jede in der Klammer eine Erklärung für ihre Gültigkeit zu geben.

  1. Man fühlt sich an einem Arbeitsplatz wohler, wenn hinter einem eine Wand ist. (Wenn der Rücken ausgesetzt ist, fühlt man sich verwundbar — man weiß nie, ob einen jemand anschaut oder sich von hinten nähert.) Die Angaben stützen diese Hypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 1 Prozent.
  2. Man fühlt sich am Arbeitsplatz wohler, wenn man an einer Seite neben sich eine Wand hat. (Wenn der Arbeitsplatz nach vorne und nach beiden Seiten hin offen ist, fühlt man sich zu sehr ausgesetzt. Das ist wahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen, daß man zwar alles, was in einem Winkel von 180 Grad um einen herum geschieht, vage wahrnehmen kann, aber trotzdem das Gefühl hat, nicht alles unter Kontrolle zu haben, wenn man nicht ständig den Kopf hin- und herdreht. Wenn man auf einer Seite eine Wand hat, muss man nur noch einen Winkel von 90 Grad unter Kontrolle haben. Das ist viel leichter und man fühlt sich sicherer.) Die Angaben unterstützen diese Hypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 Prozent.Eine Muster Sprache 183 ABGRENZUG DES ARBEITSPLATZES
  3. Undurchbrochene Wände vor einem sollten Mindestens 2,5 m entfernt sein. (Beim Arbeiten will man manchmal schauen und den Blick auf etwas richten, das weiter als der Tisch entfernt ist. Ist die Wand weniger als 2,5 m entfernt können sich die Augen nicht auf eine andere Distanz einstellen und entspannen. In diesem Fall fühlt man sich zu eingeschlossen.) Die Angaben stützen diese Hypothese mit einer Irrtums Wahrscheinlichkeit von 5 Prozent.
  4. Arbeitplätze, an denen man den Großteil des Tages verbringt, sollten eine Fläche von mindestens 6 m² haben. (Bei einem kleineren Arbeitsplatz fühlt man sich verkrampft und beengt.) Die Angaben stützen diese Hypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 Prozent.
  5. Jeder Arbeitsplatz sollte zu 50 bis 75 Prozent von Wänden oder Fenstern umschlossen sein. (Wir nehmen an, daß die Umschließung mittels Fenstern weniger das Gefühl von Abgrenzung vermittelt als nicht durchbrochene Wände, so das ein  Arbeitsplatz, der zur Hälfte von Wänden und zur Hälfte von Fenstern umschlossen ist, als zu 75prozentig umschlossen betrachtet wird,) Die Angaben stützen diese Hypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 1Prozent.
  6. Jeder Arbeitsplatz sollte einen Blick nach draußen bieten, (Wenn man nicht nach draußen sieht, empfindet man das Gebäude als einengend und erdrückend, selbst wenn man in einem großen offenen Büro arbeitet. Siehe FENSTER MIT BLICK AUF DIE AUSSENWELT (192). Die Angaben stützen diese Hypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent.
  7. Die Entfernung zum nächsten Arbeitsplatz sollte mindestens 2,5 m betragen. (Man sollte entweder telefonisch oder persönlich mit jemanden sprechen können, ohne das Gefühl, zu haben, daß ein anderer jedes Wort mithören kann. Der Lärmpegel in einem Büro liegt durchschnittlich bei 45 dB. Bei 45 dB sind Leute, die weniger als 2,5 m entfernt sind, praktisch dazu  gezwungen, Gespräche mit anzuhören. Aus dem Handbook of Noise Measurement von Peterson und Gross, Sechste Auflage; West Concord, Mass.: General Radio Company, 1967) Die Angaben unterstützen diese Hypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 Prozent.
  8. Es ist unangenehm, wenn während der Arbeit nicht mindestens noch zwei weitere Personen anwesend sind. Andererseits möchte man keineswegs mehr als acht Personen in der Nähe wissen. (Wenn mehr als acht Personen anwesend sind, verliert man das Gefühl für seinen Platz in der Organisation. Man fühlt sich wie ein Rädchen in einer riesigen Maschine. Man 'ist zu vielen Menschen ausgesetzt. Weiß man jedoch überhaupt niemanden in seiner Nähe, fühlt man sich isoliert, als ob sich niemand um einen und seine Arbeit kümmert. In diesem Fall ist man zu stark abgeschlossen.) Die Angaben stützen diese Hypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 Prozent.
  9. Man sollte vom Arbeitsplatz aus keinen Lärm hören, der sich von dem Lärm, den man selbst erzeugt, sehr unterscheidet. (Der Arbeitsplatz sollte ausreichend umschlossen sein, um Lärm, der sich vom eigenen unterscheidet, abzuhalten. Es gibt einige Hinweise darauf, daß man sich besser auf eine Arbeit konzentrieren kann, wenn die Leute um einen herum das Gleiche tun, nicht etwas anderes.) Die Angaben stützen diese Hypothese mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 Prozent.

    Vier der von uns geprüften Hypothesen konnten anhand der Angaben nicht in einem statistisch relevanten Ausmaß bestätigt werden. Es handelt sich um folgende:

  10. Niemand sollte einem direkt gegenübersitzen.
  11. Arbeitsplätze sollten ermöglichen, daß man in verschiedene Richtungen schauen kann.
  12. Vorn Arbeitsplatz aus sollte man mindestens zwei andere -Leute sehen; aber nicht mehr als vier.
  13. Zumindest eine Person sollte nahe genug zum Reden1. Zumindest eine Person sollte nahe genug zum Redensein.

 

Daraus folgt:

Gib jedem Arbeitsplatz eine Fläche von mindestens 6 Quadratmetern. Leg um jeden Arbeitsplatz Wände und Fenster, die in ihrer Gesamtfläche (Fenster zählen nur halb) 50 bis 75 Prozent einer vollen Umschließung ergeben; eine volle Umschließung wäre gegeben, wenn die 6 m² von vier geschlossenen Wänden umgeben wären. Mach den Arbeitsplatz nach vorne hin mindestens 2,5 m offen und in einen größeren Raum hineinschauend. Stell den Schreibtisch so auf, daß die daran arbeitende Person einen Blick nach draußen hat, sei es nach vorn oder zur Seite. Wenn andere in der Nähe arbeiten ordne die Umschließung so an, daß sie das Gefühl einer Verbindung mit den anderen zwei oder drei Leuten vermittelt; aber leg nie mehr als acht Arbeitsplätze in Sicht- oder Hörweite voneinander an.

 Eine Muster Sprache 183 ABGRENZUG DES ARBEITSPLATZES 1

 

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 Was die Aussicht betrifft, gib jedem Arbeitsplatz ein Fenster ins Freie — FENSTER MIT BLICK AUF DIE AUSSENWELT (192); faß den Bereich mit dicken Wänden ein, die Regale und Ablageflächen enthalten — DURCHBROCHENE WAND (193), DICKE WÄNDE (197), OFFENE REGALE (200), BORD IN HÜFTHÖHE (201); sorg für Glühlampenlicht über dem Arbeitstisch, sodaß er durch die Lichtinsel hervorgehoben wird — LICHTINSELN (252); und leg neben dem Arbeitsplatz wenn möglich einen Sitzplatz an, da mit sich neben der Arbeit über den Tag verteilt auch lockere Gesprächsmöglichkeiten ergeben — RUNDER SITZPLATZ (185). Was die Einzelheiten der Form des Arbeitsplatzes betrifft, siehe DIE FORM DES INNENRAUMS (191) ...

 

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... wir haben bereits erläutert, wie sehr alle Formen von gmeinsamen Essen dazu beitragen, den Zusammenhalt einer Gruppe von Menschen aufrechtzuerhalten - GEMEINSAMES SESSEN (147); und wir haben bereits eine Vorstellung davon vermittelt, wie der gemeinsame Essbereich als Teil der Küche angeordnet sein könnte - WOHNKÜCHE (139). Das folgende Muster geht genauer auf die Atmosphäre beim Essen ein.

 

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Wenn Menschen gemeinsam essen, können sie auch gedanklich zusammen sein - oder jeder einzelne ist in Wirklichkeit in Gedanken ganz woanders. In manchen Zimmern können die Leute gemütlich und entspannt gemeinsam essen und zusammen sein; andere dagegen bringen die Leute dazu, so schnell wie möglich zu essen und aufzustehen, um sich woanders zu entspannen.

 

Vor allem, wenn überall um den Tisch gleich viel Licht ist und wenn die Wände ringsherum gleich beleuchtet sind, trägt das Licht nicht dazu bei, die Leute zusammenzuhalten; das Gemeinschaftsgefühl verliert wahrscheinlich an Intensität; man merkt kaum, daß hier eine besondere Art von Zusammenkunft ist. Wenn es hingegen nicht sehr hoch über dem Tisch weiches Licht gibt und um den Tisch herum dunkle Wände, so daß diese Lichtquelle die Gesichter der Leute beleuchtet und für die ganze Gruppe einen Mittelpunkt bildet, dann kann das Essen tatsächlich zu einem besonderen Ereignis, zu einer bindenden Kraft, einem gemeinschaftlichen Erlebnis werden.

 

Daraus folgt:

Stell einen großen Tisch in die Mitte des Essbereichs - groß genug für eine ganze Familie oder Gruppe von Menschen. Bring über dem Tisch ein Licht an das über der Gruppe eine Lichtinsel erzeugt, und umschließ den Bereich mit Wänden oder einem dunklen Kontrast. Leg den Bereich so groß an, daß man die Sessel bequem nach hinten schieben und aufstehen kann, und sorg für Regale und Abstellflächen, damit man die Dinge, die man zum Essen braucht, schnell zur Hand hat.

 Eine Muster Sprache 182 ATMOSPHÄRE BEIM ESSEN

 

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Entnimm die Einzelheiten für das Licht den LICHTINSELN (252); und wähl für den Bereich Farben, die ihn abends warm, dunkel und angenehm erscheinen lassen - WARME FARBEN (250); stell ein paar weiche Sessel in die Nähe - VERSCHIEDENE SESSEL (251); oder bau an eine Wand EINGEBAUTE SITZBÄNKE (202) mit großen Polstern; und für den Abstellbereich OFFENE REGALE (200) und BORDE IN HÜFTHÖHE (201) ...

 

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 181.0

... das folgende Muster trägt dazu bei, den GEMEINSCHAFTSBEREICHEN IN DER MITTE (129) ihre Ausstrahlung zu geben; es hilft auch bei der Bestimmung ihrer Anordnung und Lage, da es die Art, wie die Wege und Räume zueinander in Beziehung stehen, beeinflusst.

 

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Feuer kann durch nichts ersetzt werden.

 

Das Fernsehgerät stellt oft einen Anziehungspunkt in einem Raum dar, aber es ist lediglich ein schwacher Ersatz für etwas tatsächlich Lebendiges und Flackerndes in einem Zimmer. Das Bedürfnis nach Feuer ist fast so elementar wie das nach Wasser. Das. Feuer ist bedeutsam für Gefühle, ähnlich wie ein Baum, andere Menschen, ein Haus, der Himmel. Aber der traditionelle offene Kamin ist fast nirgends mehr zu finden, und die neuen werden oft als „Luxusausstattung" in einem Haus dazugebaut. Vielleicht erklärt das, warum diese Herzeige-Kamine immer eine derart schlechte Lage haben. Aller Zweckgebundenheit beraubt, wirken sie wie eine nachträgliche Ergänzung und nicht wirklich integriert.

Die überzeugendste Darstellung des Bedürfnisses nach Feuer fanden wir in Gaston Bachelards Buch Die Psychoanalyse des Feuers. Im folgenden nun ein langes Zitat von Bachelard, das eine Vorstellung von der Überzeugungskraft seines Gedankengangs geben soll.

Für den Menschen war ohne Zweifel das in einem Herd eingeschlossene Feuer der erste Gegenstand der Träumerei, das Symbol der Ruhe, , die Einladung zur Ruhe. Es gibt kaum eine Philosophie der Ruhe ohne Träumerei vor den flammenden Holzscheiten. Vor dem Feuer nicht der Träumerei verfallen, heißt daher für uns, den wahrhaft menschlichen und ursprünglichen Brauch des Feuers verlieren. Zweifellos wärmt das .Feuer wieder auf und ist belebend. Aber man wird sich dieser Labung erst in einer langen Kontemplation bewusst; man empfängt die Wohltat des Feuers nur, wenn man Cie Arme auf die Knie stützt und den Kopf in die Hände legt. Diese Haltung ist uralt. Das Kind am Feuer nimmt sie ganz selbstverständlich ein. Und nicht umsonst ist sie die Haltung des Denkers. Sie umfasst eine ganz besondere Aufmerksamkeit, die nichts gemein hat mit der Wachsamkeit des Wächters oder des Beobachters. Sie wird nur sehr selten bei einer anderen Kontemplation verwandt. Am Feuer muß man sich setzen, man muß sich ausruhe ohne zu schlafen, man muß die objektiv spezifische Träumerei annehmen.

Natürlich werden die Vertreter der utilitaristischen Geistesbildung' eine so idealisierende Theorie nicht annehmen und uns, um unsere Interesse am Feuer zu bestimmen, die zahlreichen Nützlichkeiten' des;; Feuers entgegenhalten: das Feuer wärmt nicht nur, sondern es macht. auch das Fleisch gar. Als ob der komplexe, der bäuerliche Herd die Träumerei verhindern würde!

Über dem Feuer hing der schwarze Kessel. Der Kochtopf Wurde at..4 seinen drei Füßen in die heiße Asche gestellt. Mit vollen Backen blies meine Großmutter in das Stahlrohr und entflammte wieder die Gut Alles kochte zugleich: die Kartoffeln für die Schweine, die etwas;; feineren Kartoffeln für die Familie. Für mich kochte unter der Asche: ein frisches Ei. . . . Aber wenn ich artig war, wurde das Waffeleisen: hervorgeholt. Es zerdrückte mit seinem Rechteck das Feuer aus kleinerem Holz und wurde rot wie feurige Gladiolen. Und schon war die Waffel in meiner Schürze, sie brannte an den Fingern mehr als an den Lippen; Ich aß also Feuer, ich aß sein Gold, seinen Duft und sogar sein Knistern,: während die heiße Waffel zwischen meinen Zähnen krachte. Und so ist es immer: Das Feuer beweist durch eine Art Freude am Luxus, als Dessert, seine Humanität. Es beschränkt sich nicht darauf, etwas Zum Kochen zu bringen, es macht knusprig. Es vergoldet die Kuchen; Es materialisiert das Fest der Menschen. Soweit man auch immer zurückgehen mag, der gastronomische Wert übertrifft den Ernährungswert, und der Mensch hat in der Freude und nicht in der Not seinen:Geist gefunden. Die Eroberung des Überflusses bietet einen größeren geistigen Reiz als die Eroberung des Notwendigen. Der Mensch ist ein Geschöpf des Begehrens, nicht eins des Bedürfnisses.

Die Träumerei am Kamin hat aber noch philosophischere Aspekte. Das Feuer ist für den Menschen, wenn der darüber nachgrübelt; ein Beispiel schnellen Werdens und sogar ein Beispiel bestimmten Werdens. Das Feuer, weniger monoton und weniger abstrakt als das:' fließende Wasser, schneller aber im Wachsen und im Verändern als der Vogel, den man jeden Tag in seinem Nest in der Hecke beobachtet, legt den Wunsch nahe, die Zeit zu verändern und zu beschleunigen, >das ganze Leben zu Ende zu bringen und ins Jenseits zu tragen. Damit wird die Träumerei wirklich ergreifend und dramatisch; sie erweitert das menschliche Schicksal, sie verbindet das Kleine mit dem Großen, den Herd mit dem Vulkan, das Lebens eines Scheites mit dem Leben der Welt. Das faszinierte Lebewesen hört den Ruf des Scheiterhaufens. Die Zerstörung ist dann mehr als eine Veränderung, sie wird zur Erneuerung.

Liebe, Tod und Feuer werden in ein und demselben Augenblick vereint. Das Vorübergehende gibt uns durch sein Opfer im Herzen der Flamme eine Lehre von der Ewigkeit. Der totale und keine Spur hinterlassende Tod ist die Garantie, daß wir ganz und gar in das Jenseits eingehen. Alles verlieren, um alles zu gewinnen. Die Lehre des Feuers ist deutlich: „Nachdem du alles durch Geschicklichkeit, durch Liebe oder durch Gewalttätigkeit erreicht hast, mußt du alles hergeben, mußt du dich vernichten." (Gaston Bachelard, La Psychoanalyse du Feu, Librairie Gallimard, 1938; dt. Psychoanalyse des Feuers, Ullstein, Stuttgart, 1959, S. 30-34; der letzte Satz ein Zitat von D`Annunzio.)

Eine andere, etwas handfestere Ansicht über das Bedürfnis nach Feuer kommt von Mrs. Field, zitiert in Robert Wopds Kennedy, The House and the Art of Its Design, New York: Reinhold, 1953, S. 192-193:

Während der Wintermonate, wenn die Kinder oft nicht zum Spielen ins Freie gehen können, passiert es häufig, daß sie gegen vier Uhr oder etwas später in ihrem Spielzimmer übellaunig und mürrisch oder wild Lind fast schon hysterisch vor Langeweile werden. Dann zünde ich das Holz im Wohnzimmerkamin an und schicke die Kinder zum Zuschauen hinein; ohne Feuer würden sie weiterstreiten und aus dem ruhigen Zimmer vielleicht ein Tollhaus machen, aber die lodernden Flammen im Kamin beruhigen sie und wecken ihr Interesse. Sie sehen Dinge im Feuer, irgend jemand erzählt eine Geschichte, die die ganze Gruppe fesselt, sie werden ruhiger, und ich kann in Ruhe das Abendessen vorbereiten und auftragen. Das Feuer hat ganz eindeutig hypnotische Eigenschaften, die zu guten Zwecken genutzt werden können.

Natürlich müssen wir uns darüber im klaren sein, daß Holz-Und Kohlenfeuer in vielen Teilen der Welt ökologische Nachteile mit sich bringen. Sie verschmutzen die Luft; sie sind kein ,effizientes Heizmaterial; sie brauchen die Holzreserven auf. Wenn wir in unseren Häusern weiterhin Kaminfeuer haben wollen, müssen wir einen Ersatz für das Brennholz finden. Man könnte es sich beispielsweise zur Gewohnheit machen, brennbare Stoffe, die im Haus oder in der Gemeinschaft als Müll anfallen, als Brennmaterial zu verwenden — Papier, Kleidung, nicht-chlorierte Kunststoffe, Holzreste und Sägespäne. Kurz, wenn man die von einem Kamin ausgestrahlte Behaglichkeit haben will, muß man lernen, den Kamin bewusst zu benützen, indem man eigenen Brennstoff aus Materialien produziert, die sonst in unseren Wohngebieten als Müll anfallen würden. Man kann sich leicht eine einfache Handpresse vorstellen, mit der die Leute in ihrer Wohnung diesen Müll zu festen „Klötzen", die besser brennen, zusammenpressen.

Nehmen wir an, daß wir irgendeine Art von offenem Kamin haben wollen — vielleicht etwas ganz Einfaches, aber doch eine offene Feuerstelle. Wo soll sie liegen? Vier Punkte sind dabei zu beachten:

  1. Der größte Kamin sollte sicherlich im Gemeinschaftsbereich des Hauses sein. Er wird dazu beitragen, die Leute in diesem Bereich zusammenzubringen, und wenn er brennt, bietet er eine Art Ausgleich zu den Gesprächen.
  2. Das Feuer sollte jedoch auch von Leuten zu sehen sein, die durch das Zimmer gehen oder sich in angrenzenden Räumen insbesondere in der Küche, aufhalten. Es wird die Leute anziehen, und die Familie wird sich dadurch eher in dem Raum zusammenfinden. Es ist auch gut, wenn das Feuer beim Vorbeigehen zu sehen ist. Eine günstige Zeit für ein Karninfeuer ist der Abend, wenn sich die Familie zum Abendessen einfindet; und die Aktivität ist eher zwischen Küche und Kamin verteilt.
  3. Sorg auch dafür, daß es vor dem Kamin eine Stelle zum Sitzen gibt; und daß diese Stelle nicht von Wegen zwischen Türen oder angrenzenden Zimmern durchkreuzt ist.
  4. Und sorg auch dafür, daß der Kamin keine tote teile ist, wenn das Feuer nicht brennt. Ein Kamin ohne Feuer, dunkel und voller Asche, führt dazu, daß die Sessel weggedreht werden, wenn sie für die Zeit, wo kein Feuer im Kamin ist, nicht auch noch den Blick auf etwas anderes - ein Fenster, eine Aktivität oder eine Aussicht - bieten. Nur dann wird der um das Feuer herum gebildete Kreis von Sesseln stehen bleiben und die Stelle lebendig erhalten, ob das Feuer brennt oder nicht.

 Eine Muster Sprache 181 DAS FEUER

Daraus folgt:

Bau den offenen Kamin in einem Gemeinschaftsbereich - vielleicht in der Küche -, wo er als natürlicher Anziehungspunkt für Gespräche, Träume und Gedanken dient. Wähl seine Lage so, daß er die um ihn liegenden sozialen Räume und Zimmer miteinander verbindet und das Feuer von jedem Raum aus zu sehen ist; und bau ein Fenster oder einen anderen Anziehungspunkt ein, damit die Stelle in den Zeiten ohne Feuer erhalten bleibt.

 Eine Muster Sprache 181 DAS FEUER 1

 

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Versuch selbst dort, wo der offene Kamin nicht mehr zum Heizen gebraucht wird oder wo Brennstoffe knapp sind, einen Weg zu finden, um Abfälle, Papier, Holzreste und Kartons zu brennbaren und wohlriechenden Klötzen zusammenzupressen - vielleicht mit Hilfe von natürlichen Harz in einer selbstgemachten Presse. Verbrenn alle trockenen organischen Stoffe, die nicht auf den KOMPOST (178) kommen, damit die Überreste der Sachen, die ins Haus kommen, alle verwertet werden, entweder als Dünger oder als Brennstoff; die Asche des Kaminfeuers kann man wiederum zum Kompost geben. Stell einen Kreis von Sesseln um das Feuer auf - RUNDER SITZPLATZ (185); unter Umständen bilden diese Sessel auch einen PLATZ AM FENSTER (180) ...

 

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