EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 

221.0

... man kann sich vorstellen, im Skelett eines bereits teilweise errichteten Gebäudes zu stehen, mit den Pfeilern und Balken an den entsprechenden Stellen — KASTENPFEILER (216), RANDBALKEN (217). Aus den Mustern AUSSICHT DES MÖNCHS (134), STRASSENFENSTER (164), PLATZ AM FENSTER (180), FENSTER MIT BLICK AUF DIE AUSSENWELT (192), TÜREN IN DEN ECKEN (196) weiß man ungefähr, wo man Türen und Fenster haben will. Nun kann man die genaue Lage der Rahmen festlegen.

 

❖ ❖ 

 

Die richtige Lage für ein Fenster oder eine Tür zu finden, ist eine subtile Angelegenheit. Nur sehr wenige Bauweisen nehmen darauf Rücksicht.

 

In den heute gängigen Bauweisen gibt es die Feinheiten der Fenster- und Türanordnung fast nicht mehr. Aber gerade diese Feinabstimmung bis auf den letzten halben Meter oder sogar bis auf die letzten paar Zentimeter macht den großen Unterschied aus. Das sieht man an jeder Tür und jedem Fenster, das genau paßt. Man muß sich nur ein schönes Fenster suchen, es genau betrachten und sich vorstellen, wie es aussähe, wenn seine Dimensionen in irgendeiner Richtung um ein paar Zentimeter verändert würden.

Sieh dir die Fenster und Türen in der Mehrzahl der Gebäude aus den vergangenen 20 Jahren än. Geh einmal davon aus, daß sie ungefähr die richtige Lage haben; aber beachte, um wie viel besser sie wären, wenn man sie um ein paar Zentimeter in die eine oder andere Richtung verschieben könnte, sodaß jedes aus den jeweiligen speziellen Umständen — dem unmittelbar dahinter liegenden Innenraum und dem Blick hinaus — größeren Vorteil ziehen könnte.

Meistens ist es ein starres Konstruktionssystem in Verbindung mit einer formalen Ästhetik, die die Fenster so tödlich im Griff haben. Ansonsten hat es mit dieser Ordnung nichts auf sich, da man durchaus ein wenig davon abgehen kann, ohne dadurch die Unversehrtheit der Konstruktion zu zerstören.

Meistens ist es ein starres Konstruktionssystem in Verbindung mit einer formalen Ästhetik, die die Fenster so tödlich im Griff haben. Ansonsten hat es mit dieser Ordnung nichts auf sich, da man durchaus ein wenig davon abgehen kann, ohne dadurch die Unversehrtheit der Konstruktion zu zerstören.

Man muß sich auch darüber klar sein, daß diese letzte Feinanpassung der Fenster und Türen nur vor Ort, wenn das Skelett des Gebäudes steht, vorgenommen werden kann. Auf dem Papier ist sie nicht möglich. Auf der Baupstelle aber ist es ganz einfach und natürlich: Deute mit Hilfe von Holzstücken oder Schnüren Fenster an und verschieb sie so lange, bis sie richtig sind; achte sorgfältig auf die Anordnung der Aussicht und auf den innen entstehenden Raum.

 221.1

Wo es hingehört.

 

Wie wir in einem später folgenden Muster — KLEINE SCHEIBENTEILUNG (239), sehen werden, ist es nicht notwendig, den Fenstern bestimmte Maße zu geben oder sie aus genormten Scheibengrößen zusammenzusetzen. Welche Maße auch jedes Fenster in diesem Muster erhält, es wird später immer noch möglich sein, es in kleingeteilte Scheiben aufzulösen, die sich je nach Fenster in ihrer genauen Form und Größe voneinander unterscheiden.

Obwohl also in Bezug auf die genauen Maße der Fenster keine Einschränkungen notwendig sind, gibt es eine allgemeine Faustregel, nach der die Fenstergröße variieren wird: Je höher man im Gebäude hinaufkommt, desto kleiner sollten die Fenster werden.

  1. Die für Licht und Lüftung erforderliche Fensterfläche hängt von der Größe des Zimmers ab, und Zimmer sind im allgemeinen in den oberen Geschossen kleiner — die Gemeinschaftsräume liegen meist im Erdgeschoß und die privateren Zimmer in den oberen Geschossen.
  2. Die durch ein Fenster hereinkommende Menge an Tageslicht hängt davon ab, wie viel Fläche offenen Himmels vorn Fenster aus zu sehen ist. Je höher das Fenster liegt, desto mehr ist vorn Himmel zu sehen (weil er weniger von umliegenden Bäumen und Gebäuden verdeckt wird) - und desto weniger Fensterfläche ist erforderlich.
  3. Um sich in den oberen Geschossen eines Gebäudes sicher zu fühlen, braucht man mehr Umschließung, kleinere Fenster, höhere Brüstungen - und je mehr män vom Erdboden entfernt ist, desto eher braucht man diesen psychologischen Schutz.

 

Daraus folgt:

Verwende unter keinen Umständen genormte Türen oder Fenster. Mach die Fenster je nach ihrer Lage verschieden groß.

Leg die genaue Position oder Größe der Tür- und Fensterrahmen erst dann fest, wenn das Grundskelett des Raums schon gebaut ist und man wirklich im Raum drinnen stehen und mit dem Augenmaß beurteilen kann, wo man sie gern hätte und wie groß sie sein sollen. Wenn du dich entschieden hast, markiere die Öffnungen mit Schnüren.

Mach die Fenster immer kleiner, je weiter du im Gebäude nach oben kommst.

 Eine Muster Sprache 221 TÜREN UND FENSTER NACH BEDARF

 

❖ ❖ 

 

Stimm die genaue Lage jeder Kante, jeder Sprosse und jeder Brüstung auf die Behaglichkeit eines Raums und auf die Aussicht, die ein Fenster bietet, ab - NIEDRIGE FENSTERBRÜSTUNG (222), TIEFE LAIBUNGEN (223). Als Folge davon wird jedes Fenster je nach Lage im Gebäude eine andere Größe und Form haben. Das bedeutet, daß es offensichtlich unmöglich ist, genormte Fenster zu verwenden, und daß man Fenster nicht einmal aus genormten Scheibengrößen zusammensetzen kann. Beim Verglasen ergibt dies trotzdem keinen Materialverlust, da beim Zuschneiden der Scheiben die gesamte Fläche unterteilt wird, statt sie aus mehreren genormten Scheiben zusammenzusetzen - KLEINE SCHEIBENTEILUNG (239) ...

 

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220.0

... wenn das Dach ein flacher DACHGARTEN (118) ist, kann es wie jede andere GEWÖLBTE DECKE (219) gebaut sein. Wenn es aber ein geneigtes Dach ist und dem Charakter eines SCHÜTZENDEN DACHES (117) entspricht, braucht es eine besondere Bauweise, die auf eine raumbildende Form abgestimmt ist.

 

❖ ❖ 

 

Welche Form ist für ein Dach am besten?

 

Aus irgendeinem Grund ist das die am meisten belastete, emotionellste Frage, die man über das Bauen stellen kann. In allen unseren Untersuchungen von Mustern haben wir kein anderes Muster gefunden, das soviel Diskussion, soviel Gegensätze und soviel Erregung hervorgerufen hätte. Frühe Kindheitserinnerungen spielen eine entscheidende Rolle; ebenso kulturelle Vorurteile. Ein arabisches Gebäude kann man sich schwer mit einem geneigten Dach vorstellen; ein Farmhaus in Neu-England nicht mit einem russischen Zwiebeldach auf einem Turm; und ebensowenig, daß jemand der unter steilen Holzdächern aufgewachsen ist, unter den Steinkegeln der Trulli glücklich sein kann.

 

220.1 4

Überall in der Welt.

 

Deshalb sollte unsere Erörterung dieses Musters so weit wie möglich auf den Grund der Sache führen. Unser Ziel muß sein, jene notwendigen Merkmale herauszuarbeiten, die wir — unabhängig von Menschen oder Kulturen — als für alle Dächer unveränderlich betrachten können, die aber tief genug sind, eine breite Vielfalt kultureller Variationen zu ermöglichen.

Wir nehmen zunächst an, daß es keine Einschränkungen durch Herstellungsmethoden oder Verfügbarkeit von Baustoffen gibt. Uns geht es nur um die optimale Form und Verteilung von Material. Nehmen wir einen ungefähr rechteckigen Grundriß oder einen, der aus rechteckigen Teilen zusammengesetzt ist — welche ist die beste Form für die bedeckende Dachschale? Die Form wird durch folgende Anforderungen beeinflußt:

  1. Das Gefühl des Schutzes — SCHÜTZENDES DACH (117). Das erfordert, daß das Dach einen ganzen Flügel bedeckt (d.h. nicht bloß Raum um Raum für sich). Es erfordert, daß man vom Dach etwas sieht — daß es also einigermaßen steil ist —, daß aber Teile des Daches flach und als Gärten oder Terrassen verwendbar sind.
  2. Das Dach muß jedenfalls Aufenthaltsräume enthalten, also nicht bloß oben auf dem Räumen sitzen, die sich alle darunter befinden — siehe SCHÜTZENDES DACH (117). Das bedeutet, daß die Neigung am Rande ziemlich steil sein muß, weil sonst dort keine ausreichende Raumhöhe zustande kommt. Daraus ergibt sich eine Kuppel mit elliptischem Querschnitt oder ein Tonnengewölbe (das am Rand vertikal änsetzt) oder ein Satteldach mit starker Neigung.
  3. Im Grundriß ist jedes einzelne Dach ein ungefähres Rechteck mit gelegentlichen Abweichungen. Das ergibt sich aus der Art, wie die Dächer eines Gebäudes insgesamt der sozialen Anlage des Grundrisses folgen müssen — ANORDNUNG DER DÄCHER (209).
  4. Die Dachform muß locker sein, d. h. für jeden beliebigen Grundriß verwendbar; sie muß sehr einfach aus einigen erzeugenden Linien, die sich automatisch aus dem Grundriß ergeben, konstruierbar sein, d. h. es darf nicht eine verwickelte und künstliche Form sein, bei deren Festlegung man sich den Kopf zerbrechen muß — DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205).Eine Muster Sprache 220 GEWÖLBTE DÄCHER
  5. Konstruktive Überlegungen erfordern eine gekrümmte Schale, eine Kuppel oder ein Gewölbe, um Biegebeanspruchungen möglichst auszuschließen — siehe RATIONELLE KONSTRUKTION (206) und GUTE BAUSTOFFE (207). Natürlich kann von dieser Forderung abgesehen werden, soweit Holz, Stahl oder andere zugfeste Baustoffe verfügbar sind.
  6. Die Neigung des Daches muß Regen und Schnee, soweit das Klima es erfordert, abfließen lassen. Dieser Aspekt des Daches stellt sich je nach Klima unterschiedlich dar.

Diese Anforderungen schließen folgende Arten von Dächern aus:

  1. Flachdächer. Flachdächer — außer DACHGÄRTEN (118) —scheiden schon wegen der psychologischen Argumente in SCHÜTZENDES DACH (117) und natürlich aus konstruktiven Überlegungen aus. Ein Flachdach ist notwendig, wenn man darauf gehen will; aber es ist eine sehr unrationelle konstruktive Form, da es Biegebeanspruchungen erzeugt.
  2. Schrägdächer. Schrägdächer (Pult oder Satteldächer) brauchen immer noch biegesteife Baustoffe. Das gebräuchlichste Material für Schrägdächer — Holz — wird knapp und teuer. Wie schon in GUTE BAUSTOFFE (207) ausgeführt, halten wir es für am vernünftigsten, Holz nur für verkleidende Oberflächen und nicht — außer in holzreichen Gegenden — als Konstruktionsmaterial zu verwenden. Schrägdächer müssen in Wirklichkeit, wenn sie als SCHÜTZENDES DACH (117) Aufenthaltsräume enthalten sollen, sehr steil und damit eher unrationell sein.
  3. Mansarddächer. Diese Dächer können Aufenthaltsräume rationeller aufnehmen als Schrägdächer; sie haben aber dieselben konstruktiven Nachteile.
  4. Geodätische Kuppeln. Diese Kuppeln decken im wesentlichen kreisförmige Flächen und sind deshalb in ihrer gebräuchlichen Form nicht verwendbar — DACHKASKADE (116), DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205). In modifizierter Form, nämlich wenn man aus der Grundfläche ein ungefähres Rechteck macht, werden sie mehr oder weniger mit der in diesem Muster beschriebenen Gewölbeform identisch.
  5. Seilnetze und Zelte. Diese Dächer verwenden zugfeste Baustoffe anstelle von druckfesten — sie entsprechen nicht den Anforderungen von GUTE BAUSTOFFE (207). Sie sind auch sehr unrationell, wäs innere Aufenthaltsräume betrifft, und erfüllen daher nicht die Bedingung: DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205).

Erfüllt werden die Anforderungen von allen Arten rechteckiger Tonnengewölbe oder Schalen mit oder ohne Spitze oder First, mit Giebeln oder Walmen, und mit einer Vielzahl möglicher Querschnitte. Fast jede dieser Schalen kann durch gewellte Ausbildung in der Gewölbelängsrichtung zusätzlich verstärkt werden. Weiter unten sind Beispiele möglicher Querschnitte angegeben. (Wohlgemerkt: das betrifft nicht flache DACHGÄRTEN (118) auf GEWÖLBTE DECKE (219).

Eine Muster Sprache 220 GEWÖLBTE DÄCHER 1

Wir haben eine Reihe von Dachgewölben entwickelt, die einem Satteldach ziemlich ähnlich sind, jedoch mit einer konvexen Kurve, um Biegung auszuschließen. In einigen Fällen kommen sie tatsächlich an Tonnengewölbe heran. Eines zeigt die weiter unten folgende Zeichnung; ein anderes folgende Bilder.

 220.5 6

Eine andere Version eines Dachgewölbes, errichtet von Bob Harris in Oregon.

 

Die Errichtung des Dachgewölbes entspricht weitgehend jener von Deckengewölben:

  1. Überspann zunächst den zu deckenden Flügel mit Lattenpaaren, die an den unteren Enden fest an den Randbalken genagelt und an der Spitze belastet werden, sodaß die beiden Stäbe sich leicht krümmen.
  2. Mach gleichzeitig das Gitterwerk für die Deckenunterssicht, wie in GEWÖLBTE DECKEN (219) ausgeführt.
  3. Setz diese Rahmengestelle im Abstand von 45 cm, bis der ganze Flügel überdeckt ist. Die äußeren Rahmen bleiben gleich, während die inneren für das Deckengewölbe je nach den dar-unterliegenden Räumen wechseln können.
  4. Nun leg Sackleinen über das Deckengitter, dänn Harz und schließlich 4 cm Leichtbeton — entsprechend den GEWÖLBTE DECKEN (219).
  5. Danach leg Sackleinen auf den Dachstuhl und heft es so auf die Latten, daß es zwischen den Rippen jeweils 8 cm durchhängt: so ergibt sich die konstruktive Wellenform der Schale. Auch dieses Sackleinen wird mit Harz eingestrichen; darüber wird Maschendraht gelegt und über das ganze Dach eine Schicht Leichtbeton aufgebracht.

 220.7mit Text

 

Wir haben ein 15 m-Dach dieser Art mit einer computergestützten finiten Element-Analyse ähnlich der in GEWÖLBTE DECKEN (219) berechnet. Die Berechnung zeigt, daß die stärkste Membrandruckspannung in der Dachschale 27 N/cm² beträgt; die größte Membranzugspannung ist 2 N/cm² und die größte schiefe Hauptzugspannung, die sich aus der maximalen Schubbeanspruchung von 29 N/cm² herleitet, beträgt 10 N/cm². Diese Spannungen überschreiten die Festigkeit des Materials nicht (siehe die zulässigen Spannungen in GEWÖLBTE DECKEN (219). Das größte Biegemoment in der Schale ist 5,2 Nm, was zwar die Festigkeit des unbewehrten Querschnitts übersteigt, aber — wie man aus unseren Daten extrapolieren kann — mit ausreichender Sicherheit durch die sowieso erforderliche Schwind-ewehrung aufgenommen werden kann. Dächer mit geringeren Spannweiten, wie sie für einen typischen GEBÄUDEFLÜGEL MIT TAGESLICHT (107) erforderlich sind, sind noch widerstandsfähiger.

Natürlich gibt es dutzende anderer Arten von Dachgewölben. Dazu gehören normale Tonnengewölbe, Lamellenkon-struktionen in der Form von Tonnengewölben, in die Länge gezogene geodätische Kuppeln aus Stäben, Gewölbe aus Kunststoffplatten, Glasfaser oder Wellblech.

In jedem Fall aber bau dein Dach entsprechend den unveränderlichen Merkmalen, wie sie auch der Londoner Kristallpalast, die Steingewölbe von Alberobello, die Lehmhütten im Kongo, die südpazifischen Grasgebäude und die Wellblechhütten unserer Zeit aufweisen. Diese Form ergibt sich immer, wenn man mit rein druckbeanspruchten Baustoffen arbeitet.

220.8

220.9

Experimentelle Dachgewölbe.

 

Wenn natürlich Holz oder Stahl verfügbar ist und verwendet werden soll, kann man diese Form durch Hinzufügen von zugbeanspruchten Bauteilen modifizieren. Wir glauben allerdings, daß diese zugfesten Baustoffe mit der Zeit immer knapper werden und daß die reine Druckkonstruktion schrittweise zur universellen werden wird.

 

Daraus folgt:

Bau das Dachgewölbe entweder als zylindrisches Tonnengewölbe oder wie ein Satteldach, aber mit leichter konvexer Krümmung auf jeder der geneigten Seiten. Bilde die Schale in Längsrichtung gewellt aus, um sie wirksamer zu machen. Die Krümmung der Hauptschale wie die der Wellen kann je nach Spannweite verschieden sein; je größer die Spannweite, desto ausladender die Krümmung.

 Eine Muster Sprache 220 GEWÖLBTE DÄCHER 3

 

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Laß Platz für Gaupen in gewissen Abständen entlang des Gewölbes - DACHGAUPEN (231) -, und bau sie zusammen mit dem Gewölbe. Schließ das Dach durch DACHAUFSÄTZE (232) ab. Sobald das Gewölbe fertig ist, braucht es auf der Außenfläche eine wasserdichte Schicht oder Haut - SCHUPPIGE AUSSENHAUT (234). Der Anstrich kann zum Schutz gegen die Sonne weiß sein; in den Wellenvertiefungen wird das Regenwasser abgeführt...

 

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219.0

... eine Tatsache haben wir bereits erläutert: übliche Balken oder Plattendecken sind unrationell und verschwenderisch, weil die zur Aufnahme der Biegung verwendeten zugfesten Baustoffe weniger häufig sind als solche, die nur Druck aufnehmen können - RATIONELLE KONSTRUKTION (206), GUTE BAUSTOFFE (207) -, und daß es deshalb anzustreben ist, nach Möglichkeit Gewölbe zu verwenden. Das folgende Muster behandelt die Form und den Bau solcher Gewölbe. Die Gewölbe sind eine Weiterführung der ANLAGE DER GESCHOSSDECKEN (210) und der RANDBALKEN (217); vor allem tragen sie dazu bei, VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190) in verschiedenen Räumen entstehen zu lassen.

 

❖ ❖ 

 

Gesucht ist eine Gewölbeform, die die Nutzlast des darüber liegenden Geschosses aufnimmt, der Decke des darunter liegenden Raumes eine Form gibt, und sowenig Biege- und Zugspannungen wie möglich erzeugt, sodaß man auf druckfeste Baustoffe zurückgreifen kann.

 

Die Gewölbeform ist durch zwei Einschränkungen bestimmt: die Decke kann an der Außerkante des Raumes nicht niedriger als etwa 1,80 m (äußer gelegentlich in Dachräumen); und die Raumhöhe in der Mitte des Raumes sollte in Beziehung zur Raumgröße stehen (2,40 m bis 3,60 m bei großen Räumen, 2,10 m bis 2,70 rn bei mittleren Räumen und 1,80 m bis 2,20 in in sehr kleinen Nischen und Ecken - siehe VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190).

Aus konstruktiven Überlegungen wissen wir, daß eine Schalenkuppel über einem kreisförmigen Grundriß praktisch keine Biegemomente erzeugen wird, wenn ihre Stichhöhe mindestens 13 - 20% ihres Durchmessers beträgt. (Dies ergibt sich aus Studien und Versuchen mit Schalenkonstruktionen und wird durch eigene Computerstudien bestätigt.) Für einen 2,50 m breiten Raum bedeutet das eine Stichhöhe von etwa 45 cm und eine Raumhöhe von 2,20 m bis 2,50 m in der Mitte; für einen 4,50 m breiten Raum eine Stichhöhe von 60 cm bis 90 cm und eine Raumhöhe von 2,40 m bis 3,00 in in der Mitte.

Glücklicherweise entsprechen diese Gewölbehöhen genau den geforderten Raumhöhen. Wir können also sagen, daß das ideale Gewölbe für einen Aufenthaltsraum in einer Höhe von 1,80 m bis 2,10 m ansetzt und eine Stichhöhe von 13% bis 20% des kleineren Durchmessers aufweist.

Für ein Gewölbe mit kreisförmigem oder elliptischem Querschnitt über einem quadratischen oder rechteckigen Raum gibt es verschiedene Möglichkeiten.

  1. Ein Gewölbetyp entsteht, indem man diagonale Rippen von Ecke zu Ecke errichtet und dann quer zu den Rippen gerade lineare Bauteile auflegt.Eine Muster Sprache 219 GEWÖLBTE DECKEN
  2. Ein anderer Typ ist die reine Kuppelform mit Eckzwickeln.Eine Muster Sprache 219 GEWÖLBTE DECKEN 1

  3. Ein weiterer beruht auf einem rechtwinkeligen Raster von Bogenrippen. Die Randrippen sind völlig flach, die mittleren haben die größte Krümmung. Im Ergebnis ist jeder Teil des Gewölbes in zwei Richtungen gekrümmt und die Ecken sind leicht abgeflacht.Eine Muster Sprache 219 GEWÖLBTE DECKEN 2

 

Jedes dieser drei Gewölbe hat Vorteile bei unterschiedlichen Bedingungen. Das erste ist am leichtesten zu konstruieren, aber es hat einen statischen Nachteil: seine Oberflächen sind nur in einer Richtung gekrümmt - da sie aus geraden linearen Elementen zusammengesetzt sind - und können daher nicht die Tragfähigkeit eines doppelt gekrümmten Gewölbes erreichen. Das zweite ist am schwersten anzulegen; es ergibt sich aber auf natürliche Weise aus der Verschneidung einer Kugelform mit einem rechteckigen Prisma. Wollte man ein Gewölbe auf der Schalungsform eines Ballons machen, der zwischen die Randbalken hinaufgeschoben wird, wäre der zweite Typ am leichtesten anzuwenden. In der speziellen, von uns angewendeten Bautechnik ist der dritte Typ der günstigste, weil es besonders einfach ist, die Bogenrippen anzulegen, die die Schalung bilden. Er ist an den Ecken abgeflacht, sodaß Biegemomente entstehen und zugfeste Materialien erforderlich werden können. Wir haben aber festgestellt, daß bei Leichtbeton eine Bewehrung gegen das Schwinden genügt, die ohnedies notwendig ist.

Wir beschreiben nun eine sehr einfache Weise, ein Gewölbe zu errichten. Wie erinnerlich, war es uns ganz wichtig, daß das Gewölbe schrittweise aufgebaut und jeder Raumform ohne Schwierigkeiten angepaßt werden kann. Unsere Technik ist nicht nur billig und einfach. Sie ist auch eine der wenigen uns bekannten Methoden, ein Gewölbe einer beliebigen Raumform anzupassen. Sie funktioniert für rechteckige Räume, für fast rechteckige Räume und für Räume mit äusgefallenen Formen. Sie ist auf Räume beliebiger Größe anwendbar. Die Höhe des Gewölbes kann je nach seiner Lage im Gesamtzusammenhang der Decken und Raumhöhen variieren - VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190), DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205), ANLAGE DER GESCHOSSDECKEN (210).

Zunächst spannt man Latten im Abstand von 30 cm in einer Richtung von einem Randbalken zum gegenüberliegenden, und biegt jede Latte in der Form des beabsichtigten Gewölbes. Danach flicht man Latten im gleichen Abstand in die andere Richtung, sodaß sich ein Korb ergibt. Die Latten können auf die Randbalken rund um den Raum genagelt werden. Man erhält einen unerhört starken und stabilen Korb.

 219.1

Fertiger Lattenrost.

Dann legt man Sackleinen über den Lattenrost und heftet es an, sodaß es fest spannt. Das Sackleinen streicht man mit einer dicken Schicht Polyesterharz, so daß es steif wird.

 219.2

Sackleinen auf dem Lattenrost.

Die Häut aus Sackleinen und Polyester ist fest genug, 2,5 cm bis 5 cm Leichtbeton zu tragen. Zuvor legt man eine Lage Maschendraht als Schwindbewehrung über das versteifte Sackleinen. Dann trägt man mit der Kelle eine 2,5 cm bis 5 cm starke Schicht Leichtbeton auf. Auch hier ist der in GUTE BAUSTOFFE (207) beschriebene Leichtbeton von 650 — 1000 kg /m³ zu verwenden.

 219.3

Polyesterharz auf Sackleinen.

Die nun gebildete Schale ist fest genug, den Rest des Gewölbes und den Fußboden darüber zu tragen.

 219.4

Leichtbeton drauf.

Das übrige Gewölbe sollte erst gegossen werden, wenn alle Kanten geformt, die Pfeiler des nächsten Geschosses positioniert und alle Leitungen verlegt sind — siehe KASTENPFEILER (216), PLATZ FÜR LEITUNGEN (229). Um das Gewicht des Gewölbes niedrig zu halten, sollte sogar der Leichtbeton noch mit 50 Prozent Hohlräumen und Rohrleitungen versehen werden. Als Hohlräume kann man alles verwenden: leere Bierdosen, Weinkrüge, Rohre, Polyuretan-Klötze. Oder die Hohlräume können auch fast wie die Gewölbe selbst gemacht werden, also mit zusätzlichen Bogen aus Latten zwischen einzelnen Pfeilern, von denen Sackleinen zum Gewölbe gespannt wird. Die Zeichnung zeigt die Vorgangsweise.

Ein Gewölbe von 5 mal 6 Metern ähnlich dem in unseren Bildern, wurde durch eine computergestützte finite Element-Berechnung analysiert. Der Beton wurde mit 650 kg/ m³ Perlit-beton angenommen, mit einer Druckfestigkeit von 400 N/cm². Die Zugfestigkeit ist mit 23 N/cm² und der Biegewiderstand mit 114 Nm angenommen. Diese Ziffern beruhen äuf der Annahme, daß der Beton unbewehrt ist. Das Eigengewicht wurde unter der Annahme von 50 Prozent Hohlräumen mit 2,9 kN/m³ angesetzt, die Nutzlast mit 2,4 kN/m³.

Eine Muster Sprache 219 GEWÖLBTE DECKEN 3

Nach dieser Berechnung tritt unter einer solchen Belastung dieser Kuppel die größte Druckspannung in der Nähe der Grundlinie, mittig an allen vier Seiten auf und beträgt 82 N/cm². Der Horizontalschub ist am stärksten in den Viertelpunkten aller vier Seiten und beträgt 7,88 kN. Die größte Zugspannurig von 22 N/cm² tritt an den Ecken auf. Die größte Biegebeanspruchung ist 44,5 Nm. Alle diese Beanspruchungen liegen unterhalb der Grenzwerte des Gewölbes — durch die Schwindbewehrung wird dieses aber noch zusätzlich verstärkt.

219.5mit Text

Obwohl dieses Gewölbe eine unreine Form ist (es enthält quadratische Flächen zwischen den Latten, die in Wirklichkeit gegenüber der Gesamtform des Gewölbes durchhängen), zeigt die Berechnung also, daß sein konstruktives Verhalten dem eines reinen Gewölbes nahe genug kommt, um im wesentlichen als druckbeanspruchte Konstruktion zu wirken. Es gibt kleine örtliche Biegebeanspruchungen; in den Eckbereichen der Kuppel treten kleine Zugbeanspruchungen auf. Aber der zum Verhindern des Schwindens benötigte Maschendraht kann diese Spannungen aufnehmen.

Noch einige andere Arten, ein solches Gewölbe zu bauen:

Zunächst einmal können statt des Lattenrostes aus Holz viele andere Materialien verwendet werden: Plastikstreifen, dünne Metallrohre, Bambus. Zum Versteifen des Sackleinens können außer Polyester auch andere Harze verwendet werden. Ist kein Harz verfügbar, dann kann die Form für das Gewölbe wie beschrieben aus Latten gemacht werden, die aber dann mit Maschendraht überspannt und mit in Mörtel getränktem Sackleinen belegt werden, auf das nach dem Erhärten der Beton aufgebracht wird. Man könnte auch mit Leim versteifte Matten, vielleicht sogar Papiermaschee verwenden.

Es ist auch denkbar, ähnliche Gewölbe mit völlig anderen Mitteln zu erzeugen: etwa mit pneumatischen Membranen oder Ballons. Und natürlich sind auch Gewölbe nach ganz traditionellen Methoden denkbar: aus Ziegeln oder Steinen, wie die schönen Gewölbe in Renaissancekirchen, gotischen Kathedralen etc.

 

Daraus folgt:

Bau Geschoßdecken in der Form elliptischer Gewölbe mit einer Stichhöhe zwischen 13 und 20 Prozent der kürzeren Spannweite. Verwende eine Bauweise, die es ermöglicht, das Gewölbe jeder beliebigen Raumform anzupassen, nachdem die Wände und Pfeiler errichtet sind; verwende unter keinen Umständen vorgefertigte Gewölbe.

 Eine Muster Sprache 219 GEWÖLBTE DECKEN 5

 

❖ ❖ 

 

Wenn das Gewölbe in der Hauptsache steht, markiere die Lage aller Pfeiler des darüberliegenden Geschosses - VERTEILUNG DER PFEILER (213). Wo Pfeiler mehr als einen halben Meter vorn Randbalken entfernt zu stehen kommen, verstärk das Gewölbe mit Rippen und zusätzlicher Bewehrung, um die Vertikalkräfte aufzunehmen.

Bring alle oberen Pfeiler in Position, bevor das Gewölbe gegossen wird, sodaß beim Gießen der Beton die Pfeiler unten umfaßt und sie fest verankert, ähnlich wie sie in den Fundamenten verankert sind - WURZELFUNDAMENTE (214).

Die Unterseite des Gewölbes wird gemalt oder verputzt WEICHE INNENWÄNDE (235). Der Fußboden an der Oberseite wird entweder gewachst oder poliert oder mit weichen Materialien belegt - FUSSBODEN (233) ...

 

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... wenn wir der RATIONELLEN KONSTRUKTION (206) und der VERTEILUNG DER PFEILER (213) folgen, so ist die Wand eine druckbeanspruchte lasttragende Schale, zwischen benachbarten Pfeilern „gespannt" und mit ihnen kontinuierlich verbunden, wobei die Pfeiler selbst mit ihren kurzen Abständen als Verstärkungen dienen. Die Abstände sind je nach Pfeilerhöhe von Geschoß zu Geschoß verschieden; die Wandstärke (Schalendicke) variiert in ähnlicher Weise. Wenn die Pfeilerverstärkungen entsprechend dem Muster KASTENPFEILER (216) bereits gesetzt sind, beschreibt das folgende Muster, wie die Schale von Pfeiler zu Pfeiler gespannt wird, um die Wände zu bilden.

 

❖ ❖ 

 

In einer organischen Bauweise müssen die Wände mithelfen, die Lasten zu tragen. Sie müssen an allen vier Kanten kontinuierlich mit der Konstruktion zusammenwirken; sie müssen Schubt und Biegebeanspruchungen aufnehmen und Lasten durch Druck abtragen.

 

Wände, die so funktionieren, sind im wesentlichen tragende Schalen. Als flächige Elemente sind sie in zwei Richtungen durchgehend; zusammen mit Verstärkungen und Pfeilern nehmen sie durch Druckbeanspruchung Lasten auf; und sie schaffen sowohl oben wie unten eine durchgehende feste Verbindung zwischen Pfeilern, Balken und Decken zur Aufnahme von Schub- und Biegekräften.

Im Gegensatz dazu wirken Vorhangfassaden und nichttragende Wände nicht als Schalen. Sie mögen in anderer Hinsicht als Wände wirken - sie dämmen, schließen ab, sie definieren Raum -, aber sie tragen nichts zur gesamten konstruktiven Festigkeit des Gebäudes bei. Sie überlassen dem Skelett die Arbeit; konstruktiv sind sie nutzlos. [Für die ausführliche Darlegung des Gedankengangs, daß jeder Teil der Konstruktion bei der Lastaufnahme mitwirken muß, siehe RATIONELLE KONSTRUKTION (206).

Die Schale dagegen macht aus der Wand einen integralen Teil, der an der umgebenden Konstruktion mitwirkt. Wie muß eine solche Wandschale gebaut sein?

 218.1mit Text

Das Muster GUTE BAUSTOFFE (207) besagt, daß wir händisch schneidbare und nagelbare, ökologisch einwandfreie Baustoffe-benutzen sollen, die man mit Haushaltswerkzeugen bearbeiten kann; mit einem gewissen Schwergewicht auf Plattenbaustoffen und irdenen Füllstoffen.

Das Muster ERST LOSE, DANN STARR (208) besagt, daß der Bauvorgang so angelegt sein sollte, daß man mit einer schwachen, lockeren Konstruktion anfangen und sie beim Weiterbauen verstärken und aussteifen kann, indem weitere Baustoffe nach und nach eingebracht werden, sodaß dieser Vorgang glatt und kontinuierlich vor sich geht.

Ein von uns gebautes und getestetes Beispiel einer solchen Wand verwendet Gipskartonplatten für innere Schalen, gespundete Holzbretter für Außenflächen und Leichtbeton als Füllung. An den Seiten der Pfeiler werden Nagelblöcke befestigt, an die die Außenhaut genagelt wird; danach kommt Maschendraht in den Hohlraum, um den Beton gegen Schwinden zu armieren, dann wird mit Leichtbeton ausgegossen. Die Wand muß während des Gießens ausgesteift werden, und man kann nicht mehr als 60 —100 cm auf einmal betonieren: der Druck wird sonst zu groß. Der letzte Arbeitsgang füllt den Randbalken und den obersten Streifen der Wand und erzeugt dadurch die Verbindung. Die Zeichnung weiter oben zeigt eine von uns angewandte Methode, diese besondere Art einer Wandschale herzustellen.

Diese Wand ist massiv, mit etwa der Dichte von Holz, hat gute akustische und thermische Eigenschaften, kann leicht freien und unregelmäßigen Grundrissen angepaßt werden und ist nagelbar. Und wegen ihrer Verstärkungen ist sie im Verhältnis zu ihrer geringen Dicke sehr widerstandsfähig.

Andere Versionen dieses Musters: (1) Die Außenhaut kann aus konstruktiven Hohlziegeln oder Betonhohlblöcken bestehen, mit einer Beton- oder Erdfüllung. (2) Die Außenhaut kann aus Ziegeln sein, die Innenhaut aus Sperrholz oder Gipskarton-platten. In beiden Fällen müßten die Pfeiler aus Hohlziegeln, Betonrohren oder auch gemauert sein. (3) Die Außenhaut könnte aus Maschendraht geformt sein, schichtweise mit Beton und Schutt gefüllt, außen und innen verputzt. Die Pfeiler können in diesem Fall auf die gleiche Weise gebaut werden — aus einer Maschendrahtröhre, die mit Schutt und Beton gefüllt wird. (4) Es müßte auch möglich sein, Gipskarton für beide Seiten, innen und außen, zu verwenden. Der Gipskarton auf der Außenseite könnte dann mit Dachpappe, Leisten und Putz verkleidet werden.

 

Daraus folgt:

Bau die Wand als Schale, die Pfeiler, Tür und Fensterumrahmungen verbindet und - zumindest teilweise - mit diesen eine konstruktive Einheit bildet. Zum Errichten der Wand stell zuerst eine innere und äußer€ Schale auf, die die fertige Oberfläche bilden kann, dann gieß das Füllmaterial in die Wand.

 Eine Muster Sprache 218 WANDSCHALEN 1

 

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Bedenk, daß in einer pfeilerverstärkten Wand die Schalen viel dünner sein können als man erwarten würde, weil die Pfeiler das Knicken der Wand verhindern. In bestimmten Fällen können sie in einem eingeschossigen Gebäude 5 cm dünn sein, in einem zweigeschossigen Gebäude 7,5 usw. — siehe VERTEILUNG DER PFEILER (213).

Schalen können aus Hohlziegeln, Leichtbetonhohlsteinen, Sperrholz, Gipskarton, Holzplanken oder jedem anderen plattenförmigen Baustoff sein, der eine schöne Oberfläche abgibt, leicht zu nageln ist, angenehm anzugreifen usw. Wenn die Innenplatte aus Gipskarton ist, kann sie mit Feinputz überzogen werden — WEICHE INNENWÄNDE (235). Die äußere Platte kann aus 2,5 cm dicken gespundeten Platten gemacht werden, oder aus witterungsbeständigem Sperrholz; oder aus Außenbrettern, die mit Ziegeln, Schindeln oder Putz verkleidet sind SCHUPPIGE AUSSENHAUT (234). Man kann die Außenhaut auch aus Ziegeln oder Fliesen machen: in diesem Fall müssen die Pfeiler aus dem gleichen Material sein — WEICHGEBRANNTE FLIESEN UND ZIEGEL (248).

 

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