EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 213.0

... wenn die Eckpfeiler, die die Räume definieren, platziert sind - PFEILER IN DEN ECKEN (212) -, müssen die Abstände zwischen den Pfeilern mit aussteifenden Zwischenpfeilern überbrückt werden, wie in RATIONELLE KONSTRUKTION (206) verlangt. Das folgende Muster ergibt die Abstände dieser Zwischenpfeiler und führt zur Ausbildung jener Art von Wänden, die in RATIONELLE KONSTRUKTION (206) beschrieben sind. Es trägt auch bei zur Entstehung VERSCHIEDENER RAUMHÖHEN (190).

 

❖ ❖ 

 

Wie verhalten sich die Abstände der Nebenpfeiler, die die Wände aussteifen, zur Raumhöhe, zur Anzahl der Geschosse und zur Größe der Räume?

 

Ganz grob können wir diese Frage auf intuitive Weise beantworten. Wenn wir uns ein Gebäude vorstellen, dessen Wände in Abständen verstärkt sind, sehen wir, daß der Maßstab dieser Aussteifungen in der Nähe des Bodens - in der Zone der größten sozialen Räume und der höchsten Lastbeanspruchungen - am größten, dagegen in der Nähe des Daches - der Zone der kleinsten Räume und der geringsten Lasten - am kleinsten sein muß. Auf die gleiche grobe und anschauliche Art laßt uns die Intuition im Gerippe eines Blattes die feinste Textur am zarten Rand, wo alles am kleinsten ist, und die gröbere, rohere Struktur in der Nähe der größeren Teile erwarten.

 213.1

Blatt.

 

Diese Intuition wird durch viele traditionelle Bauformen bestätigt, wo Pfeiler, Rahmen oder Aussteifungen in der Nähe des Bodens größer und weiter voneinander entfernt sind, weiter oben dagegen zarter und näher beisammen. Das Titelbild dieses Musters zeigt ein Beispiel. Aber welche konstruktive Grundlage hat diese Intuition?

Die Theorie elastischer Platten liefert uns eine formale Erklärung.

Betrachten wir eine dünne unausgesteifte Wand, die eine axiale Last aufnimmt. Weil sie dünn ist, wird diese Wand gewöhnlich durch Ausknicken versagen, bevor sie durch reine Druckbeanspruchung versagt. Das bedeutet, daß das Wandmaterial nicht rationell ausgenützt ist. Sie kann die zufolge ihrer Druckfestigkeit mögliche Last nicht tragen, weil sie zu dünn ist.

Es ist deshalb naheliegend, eine Wand so zu bemessen, daß sie entweder genügend dick oder genügend ausgesteift ist, um Lasten bis zu ihrer vollen Druckfestigkeit ohne Ausknicken aufnehmen zu können. Eine solche Wand, die ihr Material bis an die Grenzen seiner Druckfestigkeit ausnützt, entspricht dann auch den Anforderungen einer RATIONELLEN KONSTRUKTION (206).

Die kritische Größe ist die Schlankheit der Wand: das Verhältnis ihrer Höhe zur ihrer Dicke. Für den einfachen Fall einer unverstärkten Betonwand sagen uns die Vorschriften des American Concrete Institute, daß die Wand einen Wirkungsgrad von 93% hat (d. h. 93% ihrer potentiellen Druckbeanspruchung ohne Ausknicken aufnehmen kann), wenn ihr Schlankheitsgrad 10 oder weniger beträgt. Eine 3 m hohe und 30 cm dicke Wand ist also in diesem Sinn rationell.

Gehen wir nun weiter in der Theorie elastischer Platten zum Fall einer Wand mit Verstärkungen. Die Gleichung, die zulässige Spannungen mit dem Abstand der Verstärkungen in Beziehung setzt, liefert ähnliche Zahlen für verschiedene Wände mit Verstärkungen. Diese Zahlen sind in der folgenden Kurve wiedergegeben. Z. B. braucht eine Wand mit einem Schlankheitsgrad 20 Verstärkungen in Abständen von 0,5 H (H bedeutet die Wandhöhe), wodurch eine Plattenteilung in der Breite der halben Höhe entsteht. Ganz allgemein braucht offensichtlich eine Wand, je dünner sie im Verhältnis zu ihrer Höhe ist, desto mehr Verstärkungen in ihrer Länge.

In jedem Fall gibt die Kurve den Abstand der Verstärkungen an, der erforderlich ist, damit die Wand mit 93% ihrer Druckfestigkeit wirkt. Abgekürzt können wir sägen, daß eine Wand, die dem Prinzip der RATIONELLEN KONSTRUKTION (206) folgt, entsprechend dieser Kurve verstärkt werden sollte.

 Eine Muster Sprache 213 VERTEILUNG DER PFEILER 1

Das Kleinerwerden der Pfeilerabstände über die verschiedenen Geschosse folgt direkt aus dieser Kurve. Wir können uns das in der folgenden Weise klar machen: die Wände eines viergeschossigen Gebäudes erhalten Lasten, die etwa im Verhältnis 4: 3 : 2 : 1 stehen (wirklich sehr grob gesprochen). Auf jeden Fall werden die von den Wänden aufgenommenen Lasten weniger und weniger, je höher sie im Gebäude liegen. Wenn alle Wände bis zu ihrer vollen Druckfestigkeit ausgenützt sind, bedeutet dies, daß sie auch immer dünner werden müssen, je höher sie im Gebäude liegen. Wenn wir annehmen, daß alle Wände gleich hoch sind, werden die Wände die vier Geschosse fortschreitend immer größere Schlankheitsgrade haben, daher immer weiter in der Kurve nach links wandern und daher in immer kleineren Abständen verstärkt werden müssen.

Nehmen wir z. B. ein viergeschossiges Gebäude an, mit 2,4 m hohen Wänden in allen Geschossen und Wandstärken von 30 cm, 22,5 cm, 15 cm und 7,5 cm in den vier Geschossen. Die Schlankheitsgrade betragen dann 8, 11, 17 und 33. Wenn wir für diesen Fall die Kurve ablesen, ergeben sich für das Erdgeschoß überhaupt keine Verstärkungen (sie sind unendlich weit voneinander entfernt), im 1. Stock ergeben sich Verstärkungen in Abständen von etwa 2,4 m, im 2. Stock in Abständen von etwa 1,5 m und im obersten Geschoß in Entfernungen von etwa 0,6 m.

In einem anderen Fall mit dünneren Wänden (wegen leichterer Baustoffe und kleinerer Lasten) werden die Abstände geringer sein. Nehmen wir an, die erforderlichen Wandstärken wären 20 cm, 15 cm, 10 cm und 5 cm. Dann betragen die Schlankheitsgrade 12, 16, 24 und 48 und die Verstärkungen müssen enger sitzen als im vorigen Beispiel: in Abständen von 2,7 In im Erdgeschoß, 1,5 m im 1. Stock, 0,9 m im 2. Stock und 0,4 m im obersten.

Wie man aus diesen Beispielen ersieht, sind die Unterschiede in den Pfeilerabständen überraschend groß; tatsächlich größer als man intuitiv annehmen würde. Aber die Unterschiede sind so extrem, weil wir in allen Geschossen gleiche Raumhöhen angenommen haben. In Wirklichkeit wird in einem richtig entworfenen Gebäude die Raumhöhe von Geschoß zu Geschoß variierien; und unter dieser Bedingung werden die Unterschiede, wie wir sehen werden, viel vernünftiger. Es gibt zwei Gründe, deretwegen die Raumhöhe von Geschoß zu Geschoß variieren muß: einen sozialen und einen konstruktiven.

In den meisten Gebäuden werden die Räume im Erdgeschoß eher größer sein, weil gemeinschaftliche Räume, Räume in denen man zusammenkommt usw., meist besser in der Nähe des Einganges untergebracht sind, während private und kleinere Räume eher weiter oben, also tiefer im Gebäudeinneren, sein werden. Da die Raumhöhen mit der Größe der sozialen Räume variieren - siehe VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190) -, bedeutet dies, daß die Raumhöhen im Erdgeschoß größer sind und nach oben kleiner werden. Und das Dachgeschoß hät entweder sehr niedrige Wände oder überhaupt keine - siehe SCHÜTZENDES DACH (117).

 Eine Muster Sprache 213 VERTEILUNG DER PFEILER 2

Und dann gibt es eine zweite, rein konstruktive Erklärung dafür, daß die Raumhöhen in den oberen Geschossen niedriger sind. Sie ist in der folgenden Zeichnung eines Kornspeichers enthalten. Nehmen wir an, ein Stützensystem wird rein nach den konstruktiven Anforderungen bemessen. Die Stützen in den höheren Geschossen werden dünner sein, weil sie weniger Läst aufnehmen als die in den unteren Geschossen. Aber weil sie dünner sind, haben sie weniger Knickfestigkeit und müssen daher kürzer sein, wenn kein Material verschwendet werden soll. Als Folge davon ergibt sich sogar in einem Kornspeicher, wo es keine sozialen Gründe für verschiedene Raumhöhen gibt, aus rein konstruktiven Überlegungen die Notwendigkeit dicker Stützen und hoher Räume in den unteren und fortschreitend dünnerer Stützen und niedrigerer Räume, je weiter man hinaufkommt.

 213.2

Zum selben Schluß kommen wir durch Betrachtung unserer Kurve. Wir haben vorher die Kurve verwendet, um festzustellen, daß die Verstärkungen in den oberen Geschossen in kürzeren Abständen stehen müssen, weil die Wände schlanker sind. Wir können die Kurve aber auch benützen, um bei einer gegebenen Belastung den Schlankheitsgrad so niedrig wie möglich zu halten. In den oberen Geschossen, wo die Wände eher dünn sind, sollten wir sie deshalb so niedrig wie möglich machen, um den Schlankheitsgrad niedrig zu halten.

Nehmen wir nun an, die Wände in einem Gebäude wären entsprechend diesen Gedankengängen verschieden hoch. Ein viergeschossiges Gebäude mit einem zusätzlichen Dachgeschoß könnte dann folgende Wandhöhen haben (man berücksichtige, daß der Gewölbescheitel in einem gewölbten Raum größer ist als die Wandhöhe). 2,7 m im Erdgeschoß, 2,1 m im 1. Stock, 1,8 m im 2. Stock und 1,2 m im obersten, wo das schräge Dach an der Traufkante tief herunterkommt. Und nehmen wir weiter an, daß die Wandstärken jeweils 30 cm, 15 cm, 12,5 cm und 7,5 cm betragen. In diesem Fall betragen die Schlankheitsgrade 9, 14, 14, 15. Das Erdgeschoß braucht überhaupt keine Verstärkungen, der 1. Stock braucht sie in Abständen von 1,8 m, der 2. in Abständen von 1,5 m und der letzte in Abständen von 0,9 m. Die folgende Zeichnung zeigt eine ähnliche Verteilung.

Bei der Anwendung dieses Musters auf den Geschoßgrundriß wird man auf eine gewisse Schwierigkeit stoßen. Da die Raumecken vielleicht durch PFEILER IN DEN ECKEN (212) bereits fixiert sind, ist es nicht immer möglich, die Abstände der Verstärkungen in der Wand jedes einzelnen Raumes genau einzuhalten. Natürlich macht das nicht sehr viel aus; die Verstärkungen müssen nur ungefähr richtig sein; die Abstände dürfen ruhig von Raum zu Raum variieren, um sie den Wandmaßen anzupassen. Im großen und ganzen aber muß man versuchen, in kleinen Räumen die Verstärkungen enger und in großen Räumen weiter zu setzen. Wenn man das nicht macht, sieht das Gebäude vielleicht seltsam aus, weil es der konstruktiven Intuition widerspricht.

Nehmen wir zwei Räume im selben Geschoß, der eine zweimal so groß wie der andere. Der größere Raum hat den doppelten Umfang, seine Decke erzeugt aber die vierfache Last; die Wand trägt also eine größere Last pro Längeneinheit. In einer idealen rationellen Konstruktion bedeutet das, daß die Wand dicker sein muß; also wird sie nach den bisherigen Gedankengängen weiter auseinander liegende Verstärkungen brauchen als der kleinere Raum mit weniger Last und dünneren Wänden.

Es ist verständlich, daß eine Baufirma sich kaum die Mühe machen wird, in einem Geschoß von Raum zu Raum die Wandstärken zu variieren. Aber auch wenn die Wand gleichmäßig dick ist, sollten nach unserer Meinung die Verstärkungen der Regel zumindest nicht widersprechen. Wenn der Abstand zwischen Verstärkungen aus Gründen der Anordnung von Raum zu Raum variieren muß, dann sollten die größeren Abstände auf jene Wände entfallen, die die größeren Räume umschließen. Würden die größeren Abstände mit den kleineren Räumen zusammenfallen, würde das Auge getäuscht, und man würde das Gebäude mißverstehen.

Eine wichtige Bemerkung. Die ganze vorhergehende Analyse beruht auf der Annahme, daß sich Wände und Verstärkungen wie elastische Platten verhalten. Im großen und ganzen stimmt das; und das beschriebene Phänomen ist dadurch leichter zu erklären. Allerdings verhält sich keine Wand als perfekte elastische Platte, am wenigsten die Art von Leichtbetonwänden, die wir in den übrigen Mustern zur Bauweise propagieren. Wir haben deshalb eine modifizierte Theorie elastischer Platten verwendet, unter Berücksichtigung der Vorschriften des American Concrete Institute, sodaß die Zahlen unserer Anälyse auf dem Elastizitätsverhalten des Betons beruhen (und innerhalb seiner zulässigen Zug- und Druckbeanspruchungen bleiben). Allerdings werden ändere Faktoren eintreten, wenn die Platte durch Rißbildung den elastischen Bereich verläßt, was in einer Betonkonstruktion praktisch mit Sicherheit eintritt. Wir weisen den Leser deshalb eindringlich darauf hin, daß die faktischen Zah-Leser deshalb eindringlich darauf hin, daß die faktischen Zahlen unserer Analyse bloß der Illustration dienen. Sie stellen das generelle mathematische Verhalten eines solchen Systemes dar,aber sie sind keine zuverlässigen Eingaben für konstruktive Berechnungen.

 213.3

 

Daraus folgt:

Bau Verstärkungspfeiler im Erdgeschoß in größtenAbständen, jedoch immer enger in den höheren Geschossen. Die genauen Pfeilerabstände für ein bestimmtes Gebäude hängen von den Höhen, den Lasten und den Wandstärken ab. Die Zahlen in der folgenden Tabelle dienen bloß der Illustration; sie zeigen ungefähr die Größenordnungen.

Gebäudehöhe in Geschossen  Erdgeschoss  1. Stock 2. Stock   3. Stock
 1  0,6 - 1,5 m      
 2  0,9 - 1,8 m  0,3 - 0,9 m    
 3  1,2 - 2,4 m  0,9 - 1,8 m  0,3 - 0,9 m  
 4  1,5 - ∞  1,2 - 2,4 m  0,9 - 1,8 m  0,3 - 0,9 m

Bezeichne diese zusätzlichen Verstärkungspfeiler in den Zeichnungen der verschiedenen Geschosse mit Punkten zwischen den Eckpfeilern. Teil sie so ein, daß sie zwischen den Eckpfeilern gleiche Abstände haben;aber achte darauf, daß sie im gleichen Geschoß entlang der Wände von kleinen Räumen enger und entlang der Wände von großen Räumen weiter entfernt stehen.

 Eine Muster Sprache 213 VERTEILUNG DER PFEILER 5

 

❖ ❖ 

 

In Übereinstimmung mit VERSCHIEDENEN RAUMHÖHEN (190) mach Wände und Pfeiler zunehmend niedriger, je höher sie im Gebäude liegen, damit die Schlankheitsgrade niedrig bleiben. Variiere Wand- und Pfeilerstärken je nach der Höhenlage — siehe WANDSCHALEN (218). Unsere Berechnungen für ein typisches Leichtbetongebäude, wie wir es erörtert haben, ergeben folgende Größenordnungen für Wandstärken: im obersten Geschoß 5 cm, im Geschoß unter dem obersten 7,5 cm, im dritten von oben 10 cm, im vierten von oben (bei vier Geschossen das Erdgeschoß) 12,5 cm. Natürlich ändern sich diese Zahlen für andere Belastungen oder für andere Baustoffe, aber sie zeigen den Spielraum, der zu erwarten ist.

Pfeilerstärken müssen proportional zu den Wandstärken sein, sodaß die dünnsten Wände auch die dünnsten Pfeiler haben. Wenn sie sehr dünn sind, genügt vielleicht eine zusätzliche Brett- oder Materialstärke zusätzlich auf der Außenhaut, die die Wandmembran bildet — siehe WANDSCHALEN (218). Bei dicken Wänden werden es volle Pfeiler sein müssen, doppelt so stark wie die Wand und etwa quadratisch im Querschnitt, und zwar so ausgebildet, daß sie zusammen mit den Wänden betoniert werden können — KASTENPFEILER (216) ...

 

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212.0

... angenommen, der Plan des Daches ist fertig und die Deckengewölbe für jeden Raum sind in jedem Geschoß festgelegt — ANORDNUNG DER DÄCHER (209), ANLAGE DER GESCHOSSDECKEN (210). Diese Gewölbe sind nicht nur Grundbestandteile der Konstruktion, sondern auch die Definition der darunterliegen-den sozialen Räume. Jetzt geht es darum, die Pfeiler in die Ecken der Gewölbe zu setzen. Dadurch werden die sozialen Räume noch stärker definiert — DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205). In der Entstehung des Gebäudes ist dies der erste bauliche Schritt — ERST LOSE, DANN STARR (208).

 

❖ ❖ 

 

Wir haben bereits den Gedanken dargelegt, daß die konstruktive Gliederung eines Gebäudes mit seinen sozialen Räumen übereinstimmen sollte.

 

In DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205) haben wir dargelegt, daß Pfeiler und Säulen aus psychologischen Gründen in den Ecken von sozialen Räumen stehen sollten. In RATIONELLE KONSTRUKTION (206) haben wir dargelegt, daß Materialverstärkungen in den Ecken eines Raumes aus rein konstruktiven Gründen erforderlich ist.

Jetzt geben wir noch eine dritte Begründung dieses Musters; sie beruht nicht auf psychologischen oder konstruktiven Argumenten, sondern auf dem Kommunikationsvorgang, durch den jemand einem Bauunternehmer einen komplexen Entwurf übermitteln und seine organische Umsetzung sicherstellen kann.

Es fängt mit dem Problem der Maßangaben in Ausführungszeichnungen an. Seit einigen Jahrzehnten ist es allgemein üblich, ein geplantes Gebäude mit Hilfe von Ausführungszeichnungen genau zu beschreiben. Diese Ausführungszeichnungen kommen auf die Baustelle; der Bauunternehmer überträgt die Maße auf die Baustelle, und jede Einzelheit der Zeichnungen wird auf der Baustelle in natura gebaut.

Dieser Vorgang verkrüppelt das Gebäude. Eine solche Zeichnung kann man nicht ohne Reißschiene machen. Die Notwendigkeiten des Zeichnens selbst verändern den Grundriß, machen ihn steifer, verwandeln ihn in die Art Grundriß, die aufgetragen und bemessen werden kann.

Durch den Gebrauch der Muster-Sprache kommt man aber zu einer viel freieren Art von Grundriß - weniger leicht aufzutragen und zu bemessen. Ob man sich nun solche Grundrisse auf der Baustelle ausdenkt - und da mit Stecken, Steinen oder Kreide markiert - oder ob man sie grob auf einem Briefumschlag oder einem Stück Transparentpapier skizziert, in jedem Fall kann der Reichtum, der in den Plan gelegt werden soll, nur erhalten bleiben, wenn der Bauunternehmer imstande ist, ein lebendes Gebäude entstehen zu lassen, mit allen leicht ungeraden Linien und abweichenden Winkeln.

 212.1

212.2

Kreidemarkierungen auf dem Boden.

 

Um das zu erreichen, muß das Gebäude auf ganz andere Weise entstehen. Es kann nicht auf der sklavischen Befolgung von Ausführungszeichnungen beruhen. Was im wesentlichen getan werden muß, ist, jene Punkte festzulegen, durch die die Räume entstehen - sowenig Punkte wie möglich - und dann diese Punkte direkt auf der Baustelle während des Bauvorganges die Wände hervorbringen zu lassen.

Man kann folgendermaßen vorgehen: fixier zuerst die Ecke jedes wichtigen Raumes durch einen Pfahl im Boden. Es gibt nicht mehr als ein paar Dutzend solcher Ecken in einem Gebäude; das ist also auch bei komplizierten und unregelmäßigen Maßen möglich. Leg diese Eckmarkierungen an, wo sie richtig erscheinen, ohne Rücksicht auf die genauen Abmessungen. Es gibt überhaupt keinen Grund, modulare Abmessungen einzuführen oder das auch nur zu versuchen. Bei nicht genau orthogonalen Winkeln, wie sie oft vorkommen werden, sind modulare Abmessungen ohnehin unmöglich.

212.3

Mehr als diese simplen Markierungen braucht man zur Errichtung des Gebäudes nicht. Man beginnt ganz einfach, indem man an jedem dieser Punkte einen Pfeiler errichtet. Durch diese Pfeiler entsteht das übrige Gebäude, durch ihr bloßes Vorhandensein, ohne daß man weitere detaillierte Maße oder Zeichnungen braucht. Die Wände werden einfach entlang der Linien zwischen benachbarten Pfeilern errichtet und alles ändere folgt von selbst.

Für die oberen Geschosse kann man die Pfeilerpositionen zeichnen und sie wiederum während des Bauens auf das wirkliche Bauwerk übertragen. In VERTEILUNG DER PFEILER (213) wird man sehen, daß Pfeiler der Obergeschosse nicht genau mit den unteren Pfeilern übereinstimmen müssen.

Durch dieses Verfahren ist es möglich, ein durchaus komplexes Gebäude aus dem Kopf oder von einer Skizze auf das Grundstück zu übertragen und es so wiederzuerschaffen, daß es dort zum Leben erwacht.

Die Methode beruht darauf, daß man die Ecken der Räume zuerst bestimmt und daß diese Ecken eine entscheidende Rolle im Bauvorgang spielen können. Obwohl die Methode auf ganz anderen Argumenten beruht als DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205), führt sie interessanterweise fast genau zum gleichen Ergebnis.

 

Daraus folgt:

Zeichne auf einem groben Grundriß einen Punkt für jeden Pfeiler, und zwar an den Ecken jedes Raumes und an den Ecken kleinerer Bereiche wie Wandnischen und Erker. Dann übertrag auf der Baustelle diese Punkte mit Pfählen auf den Boden.

 Eine Muster Sprache 212 PFEILER IN DEN ECKEN 1

 

❖ ❖ 

 

Sind die Pfeiler oder Säulen für jedes Geschoß im Grundriß der Deckengewölbe eingezeichnet, bring sie von Geschoß zu Geschoß in Übereinstimmung und füg Zwischenpfeiler ein - VERTEILUNG DER PFEILER (213). Beachte besonders, daß die Pfeiler keineswegs in einem Raster stehen müssen. Die Decken und Dachgewölbe können jeder Anordnung von Pfeilern angepaßt werden und trotzdem eine zusammenhängende Konstruktion ergeben. Die Gebäudeform kann daher ohne unnötigen Zwang durch rein konstruktive Überlegungen den sozialen Räumen entsprechen - GEWÖLBTE DECKEN (219), GEWÖLBTE DÄCHER (220).

Diese Pfeiler bestimmen nicht nur unser inneres Bild des Gebäudes, sondern auch seine Errichtung: zuerst kommen die Pfeiler mit ihren Fundamenten an ihre Stelle; dann werden die Pfeiler rund um jeden Raum durch Randbalken verbunden, um ein vollständiges Rahmenskelett zu bilden - WURZELFUNDAMENTE (214), KASTENPFEILER (216), RANDBALKEN (217). Leg besonderen Wert auf alle freistehenden Pfeiler; denk daran, sie ausreichend dick zu machen - DER PLATZ AM PFEILER (226)...

 

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211.0

... durch die Dach- und Deckengewölbe entsteht nach außen gerichteter Horizontalschub, der abgestrebt werden muß — DACHKASKADE (116). In einem sinnvoll entworfenen Gebäude kommt es auch vor, daß jedes Geschoß an verschiedenen Stellen von kleinen Alkoven, Fenstersitzen, Nischen und Arbeitsflächen umgeben ist, die „dicke Wände" entlang der Außenkante von Räumen bilden — PLATZ AM FENSTER (180), DICKE WÄNDE (197), SONNIGE ARBEITSFLÄCHE (199), EINGEBAUTE SITZBANK (202), HÖHLEN FÜR KINDER (203), GEHEIMFACH (204). Die Schönheit eines natürlichen Gebäudes besteht darin, daß diese dicken Wände, da ihre Decken immer niedriger sind als die der angrenzenden Räume, als Strebepfeiler dienen können.

Wenn die ANORDNUNG DER DÄCHER (209) und die ANLAGE DER GESCHOSSDECKEN (210) klar sind, können diese dicken Wände so verteilt werden, daß sie wirksame Strebepfeiler gegen den von den Gewölben entwickelten Horizontalschub bilden.

 

❖ ❖ 

 

In DICKE WÄNDE (197) haben wir gezeigt, wie wichtig es ist, daß die Wände eines Gebäudes „Tiefe" und „Körper" haben, sodaß sie im Lauf der Zeit Charakter annehmen können. Aber wenn man wirklich ein Gebäude entwirft und baut, stellt sich das als ziemlich schwierig heraus.

 

Gewöhnlich sind die Wände nicht im buchstäblichen Sinn dick, außer in bestimmten Sonderfällen, wenn sich z.B. Lehm für die Wände anbietet. Zumeist muß die Dicke der Wand aus Schäum, Putz, Pfeilern, Streben oder Membranen gebildet werden. In solchen Fällen spielen vor allem Pfeiler eine wichtige Rolle, weil sie die Leute am ehesten dazu bringen, aus den Wänden etwas zu machen. Wenn z. B. das Traggerüst einer Wand aus vor der Wand stehenden Stützen besteht, dann liegen Modifikationen der Wand nahe — es liegt in der Natur der Sache, Bretter an die Stützen zu nageln und so Sitzbänke und Regale zu bilden und überhaupt Eingriffe zu machen. Eine glatte, flache, leere Wand regt dazu nicht an. Wenn man auch theoretisch immer etwas Hervorstehendes an die Wand setzen kann, macht die glatte Fläche das sehr unwahrscheinlich. Nehmen wir also an, daß eine dicke Wand dann entsteht, wenn durch Stützen oder Säulen ein Volumen definiert wird.

 Eine Muster Sprache 211 VERBREITERN DER AUSSENWÄNDE

Wie kann man die Kosten einer solchen Wand durch einen konstruktiven Vorteil rechtfertigen? Die Tatsache, daß das Gebäude als druckbeanspruchte Konstruktion konzipiert ist, deren Decken und Dächer gewölbt sind - RATIONELLE KONSTRUKTION (206) -, bedeutet, daß an der Außenseite des Gebäudes, wo die Gewölbe einander nicht mehr ausbalancieren, Horizontalschübe entstehen.

Bis zu einem gewissen Grad kann dieser Horizontalschub vermieden werden, wenn die Gesamtform des Gebäudes eine umgekehrte Kettenlinie bildet - siehe DACHKASKADE (116). Bildete es eine perfekte Kettenlinie, gäbe es überhaupt keinen Horizontalschub. Aber selbstverständlich sind die meisten Gebäude schmäler und steiler als die ideale konstruktive Kettenlinie, sodaß Horizontalschübe auftreten. Obwohl diese Schübe durch Zugbewehrungen in den Randbalken aufgenommen werden könnten - siehe RANDBALKEN (217) -, ist es am einfachsten, natürlichsten und dauerhaftesten, das Gebäude selbst zur Abstrebung der Horizontalschübe zu verwenden.

Diese Möglichkeit ergibt sich ganz natürlich, wenn es „dicke Wände" gibt - Nischen, Fenstersitze oder sonstige kleine Räume an der Außenkante von Räumen, die niedrigere Decken als der Raum selbst haben und mit ihrer Überdeckung daher die Form der inneren Deckengewölbe fortsetzen können. Dazu müssen sich die dicken Wände außerhalb der Konstruktion des Häuptraumes befinden, sodaß ihre Überdeckungen und Wände mit dem Hauptgewölbe annähernd eine Kettenlinie bilden.

 Eine Muster Sprache 211 VERBREITERN DER AUSSENWÄNDE 1

Man wird natürlich nur selten Nischen oder dicke Wände im Schnitt annähernd in Form einer Kettenlinie anordnen können, man wird sie kaum je so tief und niedrig brauchen. Aber selbst wenn die dicken Wände und Nischen gegenüber der Kettenlinie zurückbleiben, nehmen sie Schub auf. Und ihr Strebepfeiler-Effekt kann noch verbessert werden, indem sie schwere Dächer erhalten. Das zusätzliche Gewicht lenkt die Kräfte aus dem Hauptgewölbe zum Boden hin um.

 211.1mit Text

Die vorhergehende Zeichnung zeigt, wie dieses Muster funk-Die vorhergehende Zeichnung zeigt, wie dieses Muster funktioniert und wie es sich auf ein Gebäude auswirkt.

 

Daraus folgt:

Markiere alle Stellen im Grundriß, wo Sitzbänkeund Wandschränke sein sollen. Diese Stellen sind im einzelnen in NISCHEN (179), PLATZ AM FENSTER (180), DICKE WÄNDE (197), SONNIGE ARBEITSFLÄCHE (199), ORT IN HÜFTHÖHE (201), EINGEBAUTE SITZBANK (202) usw. behandelt. Leg im Grundriß entsprechend diesen Positionen einen breiten Streifen an. Mach ihn 60 90 cm tief - wohl gemerkt, außerhalb der eigentlichen Raumzone; die Sitzbänke, Nischen, Regale sollen sich nicht in den Räumen selbst befinden, sondern als außen angefügt empfunden werden. Die Pfeiler leg dann so an, daß sie diese dicken Wandkörper einrahmen und definieren, wie wenn sie eigene Räume oder Nischen wären.

Bei weniger als 60 cm tiefen Regalen und Arbeitsflächen muß man nicht so weit gehen. Die Verbreiterung kann dann einfach durch tiefere Pfeiler und dazwischen angeordnete Borde erreicht werden.

 Eine Muster Sprache 211 VERBREITERN DER AUSSENWÄNDE 3

 

❖ ❖ 

 

Damit eine Nische oder dicke Wand als Strebepfeiler wirkt,bau ihr Dach so genau wie möglich als Fortsetzung der Kurve des innen anschließenden Deckengewölbes. Beschwere das Dach des „Strebepfeilers" mit zusätzlichem Material, um die Richtung der Kräfte umzulenken — GEWÖLBTE DÄCHER (220). Bedenke, daß diese dicken Wände außerhalb der eigentlichen Raumzone sein müssen, niedriger als das Hauptgewölbe des Raumes — GEWÖLBTE DECKEN (219) —, sodaß sie die Horizontalkräfte des Hauptdeckengewölbes aufnehmen. Beim Austeilen der Stützen und Nebenstützen leg eine Stütze an die Ecke jeder dicken Wand, sodaß der Wandraum wie andere soziale Räume ein erkennbarer Teil der Konstruktion wird — PFEILER IN DEN ECKEN (212) ...

 

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... RATIONELLE KONSTRUKTION (206) zeigt uns, daß die Räume im Gebäude gewölbt sein sollten, sodaß die Decken fast ausschließlich aus druckbeanspruchtem Material hergestellt sein können. Bei der Austeilung der Deckengewölbe müssen wir sie mit den verschiedenen Höhen der einzelnen Räume abstimmen — VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190) — und, im obersten Geschoß, mit der Austeilung der Dachgewölbe — ANORDNUNG DER DÄCHER (209).

 

❖ ❖ 

 

Auch hier besteht das Grundproblem darin, die Intetgrität der sozialen Räume im Grundriß aufrechtzuerhalten.

 

Aus DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205) wissen wir, daß Deckengewölbe den wichtigen sozialen Räumen im Grundriß entsprechen müssen. Aber es gibt viele soziale Räume; ihre Größe reicht von Räumen wie PLATZ AM FENSTER (180) mit vielleicht 1,5 m Breite über Räume wie WOHNKÜCHE (139), vielleicht 4,5 m breit, bis zu Raumgruppen wie etwa GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129) mit vielleicht 10 m Breite.

Wo Gewölbe verschiedener Spannweite zusammenkommen, muß man die Fußbodenhöhe des oberen Geschosses berücksichtigen. Entweder kann man die Fußbodenhöhe durch höhere Bögen der kleineren Gewölbe ausgleichen oder durch Füllmaterial, wenn die kleinen Gewölbe niedrig bleiben sollen — siehe VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190) —, oder man kann im oberen Geschoß entsprechende Stufen anordnen.

Gewölbe in verschiedenen Geschossen müssen nicht genau übereinander liegen. In dieser Hinsicht sind sie viel flexibler als Stützen-Balken-Konstruktionen und daher auch besser für das Muster DIE KONSTRUKTION FOLGT DEN SOZIALEN RÄUMEN (205) geeignet. Es gibt allerdings Grenzen. Wenn ein Gewölbe so liegt, daß seine Lasten auf den Scheitel des darunterliegenden Gewölbes gebracht werden, wird dieses untere Gewölbe unzulässig beansprucht. Wir können uns aber die Tatsache zunutze machen, daß sich vertikale Kräfte beim Verlauf durch ein kontinuierliches druckfestes Medium in einem Kegel von 45° ausbreiten. Wenn die unteren Pfeiler immer innerhalb dieses Kegels stehen, wird das obere Gewölbe das untere nicht konstruktiv nachteilig belasten.

 Eine Muster Sprache 210 ANLAGE DER

Zur Erzielung eines vernünftigen Konstruktionsprinzips für das ganze Gewölbesysternm schlagen wir vor, jedes Gewölbe so zu legen, daß seine Lasten von den Pfeilern des darunterliegen-den Gewölbes unter Einhaltung eines 45gradigen Versatzes aufgenommen werden können.

 Eine Muster Sprache 210 ANLAGE DER 1

Mit diesen Überlegungen sollten die Gewölbe im Grundriß angeordnet werden. Man sollte versuchen, die Gewölbe jeweils nach den Räumen aufzuteilen, mit gelegentlichen Ausnahmen für sehr große Räume einerseits oder sehr kleine Ecken und Nischen, andererseits. Die folgende Zeichnung zeigt eine Aufteilung der Decken für ein einfaches Gebäude.

 210.1mit Text

Ein Gewölbe über einem Raum kann entweder nach zwei Richtungen gekrümmt (wie eine Kuppel, aber auf rechteckigem Grundriß) oder in einer Richtung gekrümmt sein (ein Tonnengewölbe). Die in zwei Richtungen gekrümmten Gewölbe sind konstruktiv die rationellsten; aber wenn ein Raum lang und schmal ist, beginnt die Kuppelform als Tonnengewölbe zu wirken. Wir schlagen deshalb Kuppelgewölbe für Räume, deren Länge nicht mehr als die doppelte Breite beträgt, und Tonnengewölbe für schmälere Räume vor.

Wir empfehlen Tonnengewölbe auch für die Räume unmittelbar unter dem Dach. Im allgemeinen ist das Dach ja selbst ein Tonnengewölbe — siehe GEWÖLBTE DÄCHER (220) —, daher ist es naheliegend, die Decke unter dem Dachraum ebenfalls als Tonnengewölbe auszubilden.

Die in GEWÖLBTE DECKEN (219) beschriebenen Gewölbe können Spannweiten zwischen 1,5 m bis 10 in haben. Sie brauchen eine Stichhöhe von mindestens 13% der kurzen Spannweite.

 

Daraus folgt:

Zeichne für jedes Geschoß einen Grundriß der Gewölbe. Im allgemeinen verwende doppelt gekrümmte Gewölbe, Tonnengewölbe nur für alle Räume, die mehr als doppelt so lang wie breit sind. Entwirf die Gewölbe im Schnitt und beachte dabei folgendes:

  1. Im allgemeinen sollten die Gewölbe den Räumen. Im allgemeinen sollten die Gewölbe den Raumenentsprechen.
  2. Die Gewölbe müssen an den Seiten unterstützt. Die Gewölbe müssen an den Seiten unterstützt sein: normalerweise durch eine Wand. In Ausnahmefällen kann die Unterstützung ein Balken oder Bogen sein.
  3. Ein Gewölbe kann Spannweiten zwischen 1,5 m. Ein Gewölbe kann Spannweiten zwischen 1,5 und 10 m haben. Seine Sichhöhe muß aber mindestens 13% der kürzeren Spannweite betragen.
  4. Wenn der Außenrand eines Gewölbes im Grund-1. Wenn der Außenrand eines Gewölbes im Grundriß mehr als etwa 1 m vom Rand des darunterliegenden Gewölbes entfernt ist, braucht das untere Gewölbe einen zusätzlichen Gurtbogen, um die Last aufzunehmen.

 Eine Muster Sprache 210 ANLAGE DER 3

 

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Leg einen RANDBALKEN (217) entlang aller vier Seiten jedes Gewölbes, auf die tragende Wand oder über Öffnungen. Entnimm die Form der Gewölbe dem Muster GEWÖLBTE DECKEN (219). Beim Zeichnen der Gewölbeschnitte bedenke, daß die Randbalken in den höheren Geschossen niedriger zu liegen kommen, weil die Pfeiler in den höheren Geschossen kürzer sein müssen (Säulen im obersten Geschoß etwa 1,2 m, im nächsten darunter 1,8 m, im dritten von oben bis über 2 in, im vierten von oben 2,5 m) — VERTEILUNG DER PFEILER (213). Leg Unterschiede im Fußbodenniveau so an, daß sie der Unterscheidung zwischen ruhigen und öffentlicheren Bereichen entsprechen — FUSSBODEN (233). Ergänze die räumliche Definition durch die Gewölbe mit PFEILER IN DEN ECKEN (212). Bring die kleinsten Gewölbe von allen — an der Außenkante des Gebäudes — in VERBREITERN DER AUSSENWÄNDE (211) unter.

 

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