140 PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE **

 

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... von den Gemeinschafts- und Sitzbereichen — GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129), MEHRERE SITZPLÄTZE (142) — sollte zumindest einer die Leute im Haus mit der Welt auf der Straße vor ihrem Haus in Berührung bringen. folgende Muster hilft bei der Schaffung des HALBVERSTECKTEN GARTENS (111) und belebt die Straße — GRÜNE STRASSE (51) oder; FUSSGÄNGERSTRASSE (100).

 

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Die Beziehung zwischen Haus und Straße ist oft widersprüchlich: Entweder ist das Haus zur Straße hin völlig offen und hat keine Privatsphäre mehr, oder es kehrt der Straße den Rücken und verhindert: so jede Verbindung mit dem Straßenleben.

 

Wir neigen von Natur aus sowohl zur Gemeinschaft.als auch zur Individualität. Ein ordentliches Haus wird beiden Ansprüchen gerecht: der Intimität eines privaten sicheren Hafens und unserer Teilnahme an einer öffentlichen Welt.

Die meisten Wohnhäuser können diese einander ergänzen. den Bedürfnisse jedoch nicht befriedigen. Meist wird eines hervorgehoben, das gleichzeitig das andere ausschließt: So gilt es beispielsweise die „Aquarium"-Lösung, wo die Wohnbereiche mit großen Panoramafenstern an der Straße liegen, und die „geschlossene Anstalt", wo die Wohnbereiche weg von' der Straße und in Privatgärten hinein liegen. 

In der traditionellen amerikanischen Gesellschaft löste die alte Veranda an der Vorderseite des Hauses dieses Problem perfekt. Wenn die Straße ruhig genug ist und das Haus nahe genug an der Straße liegt, kann man sich kaum eine bessere Lösung vorstellen. Handelt es sich aber um eine ändere Straße, muß auch eine etwas andere Lösung gefunden werden: 

Frank Lloyd Wright experimentierte am Beginn seiner Laufbahn mit einer möglichen Lösung. Wenn er Häuser an belebten Straßen baute, legte er zwischen dem Wohnzimmer und der Straße eine breite Terrasse an.

Unseres Wissens wies Grant Hildebrand in seiner Abhandlung „Privacy and Participation: Frank Lloyd Wright and the city Street", School of Architecture, University of Washington, Seattle 1970, als erster auf dieses Muster in Wrights Arbeiten hin.

 Eine Muster Sprache 140 PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE

Hildebrand liefert einen interessanten Bericht über die Art und Weise, wie dieses Muster im Cheneys Haus funktioniert:

Wenn der Fußgänger vom Gehsteig aus zum Haus schaut, liegt die gemauerte Terrassenwand so, daß seine Sichtlinie über den Rand der Mauer hinweg auf die Unterkante der sorgfältig verbleiten oberen Glaszone der Terrassentüren trifft. Auf diese Weise gibt es vom Gehsteig aus nur beschränkte Sicht in das Wohnzimmer. Wenn der Bewohner des Hauses in der Nähe der Türen steht, dann sind durch die streuende Glasfläche nur sein Kopf und seine Schultern undeutlich wahrnehmbar. Wenn der Bewohner sitzt, bleibt er dem Blick des Fußgängers natürlich überhaupt verborgen.

Während der Fußgänger also die Privatsphäre des Hauses nicht wirklich stören kann, stehen dem Hausbewohner je nach Belieben eine Reihe von Möglichkeiten offen. Wenn er auf der einiges über dem Gehsteig liegenden Terrasse sitzt oder steht, hat er einen guten Überblick über die ganze Straße. Die erhöhte Plattform bietet ihm ungehinderte Sicht. Er kann Nachbarn oder Freunden zuwinken, sie grüßen Oder auf einen kleinen Tratsch hereinbitten. So verband und verbindet die zur Straße hinausragende Terrasse des Cheneys Hauses ihre Bewohner nach wie vor mit dem Gemeinschaftsleben in Oak Park. Die Gestaltung war so erfolgreich, daß, wie im Robie-Haus, eigentlich nie an Vorhänge gedacht wurde. Sorgfältig angelegte Brüstungen und verbleites Glas reichen aus. So wurde durch den Entschluß, das Wohn-Zimmer zur Straße hin anzulegen, nicht die Privatsphäre geopfert, sondern den Bewohnern eine viel größere Bandbreite an verschiedenen Erfahrungen geboten.

Wir glauben, daß Wrights Verwendung dieses Musters genauen Einsichten über ein grundlegendes menschliches Bedürfnis beruht. Tatsächlich gibt es empirische Gründe für die Annahme, daß es sich bei der Verbindung eines Hauses mit der Straße um ein grundlegendes psychologisches Bedürfnis handelt und daß das Gegenteil - die Vorliebe mancher Menschen dafür, ihre Häuser weg von der Straße, abgesperrt, verriegelt und ohne Verbindung zur Straße anzulegen - ein Symptom für ernsthafte emotionelle Störungen ist, das Syndrom der Autonomie und Zurückgezogenheit. Siehe Alexander, „The City as a Mechanism for Sustaining Human Contact", W. Ewald, lig., Environment for Man, Indiana University Press, 1967, S. 60-102.

Hier ist ein Beispiel für dieses Muster aus Griechenland: Klarerweise kann das Muster auf verschiedenste Art umgesetzt werden, solange die Beziehung, die Ausgewogenheit von ,Privatsphäre und Kontakt zur Straße, erhalten bleibt.

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Privatterrasse an der Straße.

 

Daraus folgt:

Sorg dafür, daß die Gemeinschaftsräume auf eine breite Terrasse oder eine Veranda hinausgehen, die an der Straße liegt. Leg die Terrasse etwas höher als das Straßenniveau an und schütz sie durch eine niedrige Mauer, über die man schauen kann, wenn man in ihrer Nähe sitzt, die aber verhindert, daß die Leute von der Straße aus in die Gemeinschaftsräume sehen.

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Leg die Terrasse wenn möglich so an, daß sie den natürlichen Geländeverhältnissen entspricht — TERRASSIERTER HANG (169). Ist die Mauer niedrig genug, kann sie eine SITZMAUER (243) sein; wenn jemand mehr Abgeschiedenheit möchte, kann man eine richtige Gartenmauer bauen, mit Öffnungen fast wie Fenster, die die Verbindung zur Straße herstellen — GARTENMAUER (173), DURCHBROCHENE WAND (193). Umgib die Terrasse auf jeden Fall mit genügend Dingen, die zumindest teilweise das Gefühl entstehen lassen, in einem Zimmer zu sein — ZIMMER IM FREIEN (163) ...

 

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